Molkereiprodukte Le Gruyère AOC

Ein Schweizer Original: Le Gruyère AOC, ein fruchtig-kräftiger Hartkäse aus Rohmilch. Alles Wissenswerte auf einen Blick.

Donnerstag, 06. September 2012 - Warenkunden
Heidrun Mittler
Artikelbild Le Gruyère AOC
Typische Landschaft in der Westschweiz.
Bildquelle: Switzerland Cheese GmbH

Üppige Weiden, saftige Wiesen – so sieht es in der Westschweiz aus. Hier in den Voralpen ist Le Gruyère beheimatet. Bereits 1655 ist dieser Käse erstmals urkundlich erwähnt, benannt ist er nach dem mittelalterlichen Städtchen Gruyères, im Kanton Freiburg.

In Deutschland ist vielerorts noch der Schweizer Name Greyerzer bekannt. Doch seit der Käse im Jahr 2001 das Siegel AOC erhalten hat, wird er an deutschen Käse-Bedienungstheken ausschließlich unter der Bezeichnung Le Gruyère AOC gehandelt. Der Zusatz steht für „Appellation d’ Origine Contrôlée“, das bedeutet „geschützte Ursprungsbezeichnung“.

AOC – geschützter Urpsrung
AOC – dieser Zusatz kennzeichnet Produkte mit Herkunft und Qualität.

Erstmals wird die Produktion des Käses im Jahre 1115 in der Umgebung des Städtchens Gruyères erwähnt. Heute noch wird er in Dorfkäsereien der Westschweiz nach dem überlieferten Rezept produziert.

Sein Herkunftsgebiet, das durch die Ursprungsbezeichnung anerkannt wird, setzt sich zusammen aus den Kantonen Freiburg, Waadt, Neuenburg, Jura und aus einigen Gemeinden des Kantons Bern.

Insgesamt gibt es: 172 Käsereien, 2300 Milchproduzenten, 52 Alpkäsereien und 9 Exporteure.


Der Zusatz kennzeichnet offiziell und staatlich geschützt traditionelle Produkte. In einem speziellen Pflichtenheft sind Herkunfts-, Herstellungs- und Qualitätsanforderungen für den Käse definiert.

Mehrere Käse aus der Schweiz sind Stammgäste in gut sortierten Theken. Nach Emmentaler AOC und Appenzeller steht Le Gruyère auf Platz drei der beliebtesten Sorten. Laut Auskunft der Treuhandstelle Milch ist der Export nach Deutschland in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, 2011 wurden rund 2.600 t verkauft.

Was das Besondere an diesem Produkt ist? Der Käse wird ausschließlich aus Rohmilch gekäst. Dabei stammt die Milch von Kühen aus der Region, die im Sommer nur mit Gras, im Winter mit Heu (also ohne Silofutter) gefüttert werden und viel Auslauf haben. Sie bleibt naturbelassen, ohne jeglichen Zusatz von Farbstoffen oder ähnlichen Hilfsstoffe.

Bildquelle: Switzerland Cheese GmbH

Ein kurzer Blick auf die Produktion: Zweimal am Tag wird die Milch in die kleinen Käsereien geliefert. Nach dem Wiegen und der ersten Qualitätskontrolle gelangt die Milch in den so genannten Kupferkessi, aus jeder Partie werden später zehn bis zwölf Laibe geschöpft. Falls die Milch vom Melken des Vorabends stammt, hat sie während der Nacht bei 15 bis 18 ° C gelagert.

Im ersten Schritt versetzt der Käser seine Milch mit Milchsäurebakterien. Außerdem kommt Lab (aus Kälbermagen) hinzu, wodurch die Milch gerinnt. Innerhalb kurzer Zeit ändert sich das Aussehen der Milch, zudem verströmt sie einen angenehmen Geruch. Es kommt auf die Erfahrung und das Auge des Käses an, den richtigen Zeitpunkt zu treffen, wann er die Käseharfe einsetzt. Diese schneidet die dickflüssige Masse in Stücke, etwa so groß wie Getreidekörner.

Dieses „Bruchmachen“ dauert etwa sieben Minuten. Dann wird die Masse aus Körnern und Molke auf 56 bis 57°C aufgewärmt, nach rund 45 Minuten kann die Käsemasse mittels einer Pumpe in die Formen gebracht werden. Nun wird der Bruch gepresst, die Flüssigkeit läuft ab, die Erkennungsmarke wird aufgebracht – so kann jeder einzelne Laib rückverfolgt werden.

Die frisch geformten Laibe kommen für 24 Stunden in ein Salzbad, anschließend in den Reifekeller. Während der ersten zehn Tage muss man die Laibe täglich wenden und mit einer Mischung aus Salz und Wasser abwaschen. In der späteren Phase der Reifung erfolgt das erst zweimal, dann einmal pro Woche. Dank dieser Pflege entsteht die Käseschmiere, also die äußere Rinde, die den Teig schützt. Das langsame Reifen im Keller führt zu chemischen Veränderungen, der Teig wird geschmeidig und aromatisch.

Nach etwa drei Monaten werden die Laibe von einer speziellen Firma übernommen, welche die Käse noch mehrere Monate zu Ende reift. Insgesamt dauert die Reifung mindestens fünf, maximal aber 18 Monate. Nach vier Monaten werden die Laibe zum ersten Mal gestochen (siehe Titelbild), die Qualität wird kontrolliert. Dann wird der Laib wieder mit dem Bohrkern aufgefüllt und die Öffnung verschlossen (glatt gestrichen).

Nur Laibe, die alle Qualitätsanforderungen erfüllen, werden als Le Gruyère AOC in den Handel gebracht. Kontrolliert werden unter anderem: Teigbeschaffenheit, die Lochbildung – der Käse weist keine Löcher auf! – , Geschmack und das Äußere.

Bildquelle: Switzerland Cheese GmbH

Im Lauf der Lagerung und Reifung verändert sich der Geschmack des Käses: Nach fünf Monaten schmeckt er fruchtig-kräftig. Nach zehn Monaten weist er ein würzigeres Aroma auf, jetzt darf er sich „réserve“ nennen. Neben dem leicht salzigen Grundton dominieren fruchtige Aromen. Der Teig ist geschmeidig, leicht feucht und wenig rissig, meist elfenbeinfarben. Der Geschmack wird bei weiterer Reifung noch intensiver, der Teig hingegen trockener, mürber.

Le Gruyère wird in Deutschland in erster Linie an der Bedienungstheke verkauft, teilweise aber auch vorverpackt und geschnitten als SB-Ware und in der Cabrio-Theke. Zu den Besonderheiten im Sortiment zählen „alpage“ (Käse, der direkt auf der Alp und nur im Sommer gekäst wird), eine Bio-Variante sowie höhlengereifter Gruyère. Letzterer wird mindestens zwölf Monate lang in der Kaltbach-Höhle veredelt, danach ist sein Teig mürbe und würzig, ohne jegliche Schärfe.

Le Gruyère AOC passt in Scheiben geschnitten nicht nur aufs Butterbrot und ist ein idealer Bestandteil einer Käseplatte, sondern hat auch einen festen Platz in der kalten und warmen Küche. Der Käse bildet die Grundlage für den Schweizer Klassiker „Fondue Riche“ (oder „Frühlings-Fondue“), bei dem blanchierte Gemüse wie Blumenkohl, Paprika, Karotten oder Spargel statt des Brotes in die schmelzende Käsemasse getaucht werden.

Wissenscheck

Wer diese Warenverkaufskunde aufmerksam gelesen hat, kann die folgenden Fragen leicht beantworten. Die Antworten stehen daneben. {tab=Fragen:}

  1. Kann Le Gruyère AOC auch in Deutschland produziert werden?
  2. Wie lange ist Le Gruyère mindestens gereift, bevor er in den Handel kommt?
  3. Wird die Milch grundsätzlich vor der Käseherstellung gekocht?

{tab=Antworten:}

  1. Nein. Dieser Käse stammt ausschließlich aus wenigen Regionen in der Westschweiz.
  2. Er reift mindestens fünf Monate lang. Allerdings ist eine längere Reifung durchaus üblich.
  3. Nein, dann wäre es ja kein Käse aus Rohmilch. Die Milch wird beim Käse maximal auf 57 ° C erwärmt.
Die Warenverkaufskunde erscheint regelmäßig als Sonderteil im Magazin Lebensmittel Praxis.
Wir danken der Switzerland Cheese GmbH, Baldham, für den fachlichen Rat und das zur Verfügung gestellte Bildmaterial

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Diese Warenkunde beschäftigt sich mit dem Le Gruyère AOC.
Bild öffnen Typische Landschaft in der Westschweiz.
Bild öffnen Der Käser prüft die Qualität der Milch, nicht nur vor dem Start der Produktion, sondern auch während des Vorgangs.
Bild öffnen Zugabe von Milchsäurebakterien und Lab aus Kälbermagen, dadurch gerinnt die Milch.
Bild öffnen 2.600 Tonnen Le Gruyère AOC essen deutsche Kunden pro Jahr. (Quelle: SCM, 2011)
Bild öffnen Durch das Rühren mit der Käseharfe werden die festen von den flüssigen Bestandteilen getrennt, es entstehen die Käsekörner.
Bild öffnen Mit der Hand prüft der Käser, ob der Bruch bereits die gewünschte Konsistenz hat.
Bild öffnen Sobald der Bruch in die Formen geschöpft ist, wird obenauf eine Erkennungsmarke aus Kasein gelegt. So kann man den Käse jederzeit identifizieren. Danach kommt der Käse ins Salzbad.
Bild öffnen AOC – geschützter Ursprung.
Bild öffnen Gelungene Präsentation am PoS.
Bild öffnen Le Gruyère AOC.