Problemlöser für immer mehr Konsumenten : Laktosefreie Milchprodukte

So lecker und gesund Kuhmilch auch ist: Manche Menschen vertragen sie einfach nicht, genauer gesagt, den darin enthaltenen Milchzucker. Diese
Konsumenten können alternativ laktosefreie Erzeugnisse verzehren.

Freitag, 10. September 2010 - Warenkunden
Heidrun Mittler

Frische Kuhmilch ist ein köstliches Lebensmittel, dazu noch ein gesundes. Milch enthält fast alle Nährstoffe, die wir zum Leben brauchen. Aber: Ein Inhaltsstoff macht vielen Menschen Probleme: der Milchzucker, auch Laktose genannt.
Schätzungen gehen davon aus, dass allein in Deutschland rund 12 Mio. Menschen keine Milch vertragen, weil sie den Bestandteil Laktose nicht richtig verdauen können. Aus medizinischer Sicht spricht man von einer Laktose-Intoleranz. Diese Unverträglichkeit gegen Laktose kennt man weltweit: Besonders ausgeprägt ist das Phänomen bei der farbigen Bevölkerung Afrikas, außerdem bei Asiaten. In Skandinavien hingegen leiden lediglich 10 Prozent der Bewohner an der Intoleranz. Mit seinen 15 bis 20 Prozent Betroffenen liegt Deutschland weltweit gesehen im Mittelfeld.
Für die Verbraucher, die es betrifft, stellt die Unverträglichkeit ein gravierendes Problem dar – vor allem, weil das Thema selbst von manchen Ärzten nicht immer ernst genommen wird.

Laktose ist ein natürlicher Bestandteil der Milch. Deshalb ist Laktose auch in allen Lebensmitteln enthalten, die aus Milch hergestellt werden oder Milch enthalten. Der menschliche Körper kann Laktose mithilfe des Enzyms Laktase aufspalten (siehe dazu auch den untenstehenden Kasten). Wenn dieses Enzym fehlt oder in zu geringer Mengen bereit steht, kann Laktose jedoch Beschwerden wie Blähungen und Durchfall verursachen. Dieser Enzymmangel (oder -defekt) fällt im Rahmen der normalen Blut- und Stuhluntersuchungen nicht auf. Aber es gibt Diagnose-Möglichkeiten wie ein Atemtest, um zweifelsfrei festzustellen, ob eine Laktose-Intoleranz die Ursache für die Beschwerden ist. Wenn medizinisch bestätigt ist, dass es sich um eine Milchzucker-Unverträglichkeit handelt, hilft dem Betroffenen nur eines: Milchzucker meiden. Das heißt aber nicht, dass er oder sie auf jegliche Milchprodukte verzichten muss. Das wäre auch nicht gesundheitsförderlich, weil die wertvollen Inhaltsstoffe der Kuhmilch nur schlecht zu ersetzen sind. Außerdem ist es im Alltag schwierig, alle Lebensmittel zu meiden, die Milchzucker enthalten, er steckt in vielen Fertigprodukten. Eine Alternative bieten Milchprodukte, in denen die Laktose bereits bei der Verarbeitung entfernt wurde, man spricht von laktosefreien Milchprodukten. Eine weitere Möglichkeit ist die Einnahme von Laktase-Tabletten aus der Apotheke, allerdings wirkt das Medikament nicht bei jedem Betroffenen gleich gut.

So kann man Laktose aufspalten

Werfen wir einen Blick auf die Herstellung laktosefreier Milchprodukte: Dazu muss man wissen, dass Kuhmilch von Natur aus knapp 5 Prozent Milchzucker enthält. Bei diesem Bestandteil handelt es sich um einen Zweifachzucker, der aus der Verbindung zweier Einfachzucker besteht. Im Darm wird der Milchzucker mithilfe eines Enzyms, der Laktase, in die beiden Einfachzucker gespalten.
Bei der Herstellung in der Molkerei wird die Laktose entweder durch die Zugabe von Laktase gespalten oder aber durch Mikrofiltration entfernt. So entsteht Milch , die auch bei einer Laktose-Intoleranz gut verträglich ist. Diese kann wie sonst üblich in der Molkerei weiter behandelt und verarbeitet werden. Im Angebot sind frische oder ultrahocherhitzte Milch in mehreren Fettstufen.
Interessant ist ein Nebeneffekt der Laktose-Spaltung: Die Süßkraft der beiden Einfachzucker ist größer als die Süßkraft des Zweifachzuckers, das hat zur Folge, dass laktosefreie Milch leicht süß schmeckt. Ansonsten schmeckt die so behandelte Milch wie herkömmliche Milch, sie enthält alle übrigen Inhaltsstoffe, die Milch vom Grundsatz her so gesund machen (wie Eiweiß; Mineralstoffe, darunter Kalzium; Vitamine, und zwar in unveränderter Menge). Auch der Energiegehalt bleibt unverändert.
Menschen, die Milchzucker problemlos aufspalten können, können laktosefreie Milchprodukte ohne Einschränkungen verzehren. Das hat den Vorteil, dass die ganze Familie laktosefreie Milchprodukte essen oder trinken kann, auch wenn nur ein Mitglied betroffen ist.

Immer breiteres Sortiment verfügbar

Die laktosefreie Milch wird zu vielen Milchprodukten verarbeitet, das Sortiment wächst immer weiter. Hier einige Beispiele aus der Weißen Linie:
Milch in unterschiedlichen Fettstufen, Kaffeesahne, Schokomilch,
Sahne und Sprühsahne, Schmand, Eiskaffee, Eiskreme, Pudding, Joghurt (mit und ohne Frucht) sowie Butter. Durch die Spaltung der Laktose Milch in unterschiedlichen Fettstufen, Kaffeesahne, Schokomilch, Sahne und Sprühsahne, Schmand, Eiskaffee, Eiskreme, Pudding, Joghurt (mit und ohne Frucht) sowie Butter. Durch die Spaltung der Laktose ist der Milchschaum übrigens besonders stabil – ein Vorteil für Cappuccino oder Latte Macchiato.

Außerdem schmeckt laktosefreie Milch wie schon erwähnt etwas süßer, deshalb kann bei der Weiterverarbeitung zu Desserts oder Milchgetränken der Zuckerzusatz reduziert werden.
Daneben gibt es zahlreiche Produkte aus der Gelben Linie, die aus laktosefreier Milch hergestellt werden: Mozzarella, Frischkäse, Weichkäse (wie Camembert) und Schnittkäse (wie Gouda)
Zum Thema Käse sollte man wissen, dass länger gereifte Sorten ohnehin einen deutlich geringeren Laktoseanteil als Milch enthalten: Bei der Reifung des Käses wird der Milchzucker nach und nach abgebaut: Je länger gereift, desto weniger Laktose befindet sich im Käse. Hartkäse wie Parmeggiano Reggiano oder lange gereifter Emmentaler enthalten deshalb wenig oder kaum Laktose.
Wichtig für Betroffene: In vielen Produkten ist Laktose „versteckt“, der Verzehr kann zu Beschwerden führen. Ein Blick aufs Zutatenverzeichnis zeigt, ob Lebensmittel Laktose enthalten, allerdings ohne Angabe der Menge. Schwierig wird es bei unverpackten Produkten, dann hilft nur nachfragen.

 Hier einige Beispiele, die Laktose enthalten:

Tipps für den Handel

Das Sortiment der laktosefreien Milchprodukte umfasst kühlbedürftige und nicht kühlbedürftige Erzeugnisse. Milch und Schlagsahne sind in der Regel die umsatzstärksten Artikel. Um dem Verbraucher die Orientierung zu erleichtern, empfiehlt es sich, alle geführten Artikel im Block zu platzieren – und zwar in der Kühlung (auch wenn nicht alle Produkte zwingend gekühlt werden müssen). Über das Einsteigerprodukt Milch gelangt der Kunde so zu den restlichen laktosefreien Milchprodukten.

Oftmals stehen die laktosefreien Produkte heute bei den entsprechenden herkömmlichen Produkten. Alternativ kann man die nicht kühlpflichtigen Artikel in ein eigenes Regal stellen, etwa ins Umfeld von glutenfreien Erzeugnissen (eine Zöliakie tritt oft in Kombination mit einer Laktose-Intoleranz auf).
Mit einem breiten Sortiment hat der Händler die Möglichkeit, betroffene Kunden an die Einkaufsstätte zu binden. Der Umsatz mit laktosefreien Milchprodukten geht „on top“, ersetzt also kaum andere Milchprodukte. Unter dem Aspekt der Rentabilität sind die Laktosefreien ohnehin eine interessante Range.


Aufruhr im Darm

Normalerweise wird Milchzucker (die fachliche Bezeichnung lautet Laktose) im Dünndarm vom Enzym Laktase aufgespalten, und zwar in seine Bestandteile, die dann vom Körper problemlos weiterverarbeitet werden. Liegt aber ein Laktase-Mangel vor, kann die Laktose nicht oder nur unzureichend verstoffwechselt werden. Dann gelangt der Milchzucker ungespalten in den Dickdarm, wo er verschiedene unerwünschte Reaktionen hervorruft: Die Laktose wird zu kurzkettigen Fettsäuren und blähenden Gasen (Kohlendioxid, Methan, Wasserstoff) abgebaut, die Gase stauen sich im Darm. Außerdem wird Wasser aus den Zellen in den Darm eingesogen, man spricht vom „osmotischen Effekt“. Die häufigsten Folgen dieser Prozesse: Blähungen, Durchfall, Magenkrämpfe und teilweise sogar Erbrechen.

Schuld an der Unverträglichkeit ist also ein Mangel oder das komplette Fehlen des Enzyms Laktase. Wie kommt es aber dazu? Man unterscheidet zwischen dem primären und sekundären Laktase-Mangel. Der primäre Mangel ist angeboren und führt zu einer unaufhaltsamen Verringerung der Laktase-Produktion. Der Defekt kann bereits im Kindesalter auftreten, zeigt sich aber häufig erst mit zunehmendem Alter. Hingegen ist beim sekundären Laktase-Mangel meist eine schwere Darmentzündung die Ursache. Doch auch die Einnahme von Antibiotika, häufige Röntgenbestrahlungen oder anhaltender Missbrauch von Alkohol können zu diesem Mangel führen.

Wenn die Betroffenen Kuhmilch trinken, kann es schon nach 15 bis 20 Minuten zu den oben geschilderten, unangenehmen Folgen kommen. Manchmal treten die Symptome aber auch erst innerhalb der nächsten 24 Stunden auf. Je nach Menge der eingenommenen Laktose können die Beschwerden mehrere Tage anhalten.

Die Schlussfolgerung, komplett auf Milch zu verzichten, hat ihre Tücken. Denn dadurch gefährden die Menschen ihre Versorgung mit wichtigen Nährstoffen, die in der Milch enthalten sind. So ist es schwierig, ohne Milch den Kalziumbedarf zu decken. Zu wenig Kalzium aber schwächt den Knochenaufbau, im schlimmsten Fall wird dadurch die Entstehung von Osteoporose begünstigt.

{tab=Bildergalerie}

Erzeugung: Kuhmilch wird in der Molkerei behandelt und verarbeitet.
 

Labor: Der Gehalt an Milchzucker wird überprüft.

Laktase-Mangel macht zu schaffen. Milch, Joghurt, Dessert und Käse sind im Angebot.

{tab=Fragen}

1. Warum können manche Menschen Laktose nur schlecht vertragen?
2. Welche Symptome treten bei einer Laktose-Intoleranz auf?
3. Welche Lebensmittel könen problemlos bei einer Laktose-Intoleranz gegessen werden?

{tab=Antworten}
1. Diesen Menschen fehlt das Enzym Laktase, das zur Verdauung von Laktose gebraucht wird.
2. Häufige Symptome sind: Blähungen, Durchfall, Magenkrämpfe, teilweise Erbrechen.
3. Laktosefreie Milchprodukte, Obst und Gemüse, Getreide, Fisch, Fleisch, Sojaprodukte, Teigwaren, Reis, Hülsenfrüchte und Kartoffeln.

{tab=Impressum}

Die Warenverkaufskunde erscheint regelmäßig als Sonderteil im Magazin Lebensmittel Praxis
Wir danken der Omira GmbH, Ravensburg, für den fachlichen Rat und das zur Verfügung gestellte Bildmaterial. Titelfoto: fotolia, Foto S.4: Hoppen