Weisswein-Experte Deutscher Wein Teil 1

Deutschland gilt in der Welt nach wie vor als klassisches Weißweinland. Und das aus gutem Grund: Zwei Drittel der Anbaufläche zwischen Baden und Sachsen sind mit weißen Rebsorten wie Riesling oder Silvaner bestockt.

Donnerstag, 05. Mai 2011 - Warenkunden
Tobias Dünnebacke
Artikelbild Deutscher Wein Teil 1
Bildquelle: Deutsches Weininstitut

Schon einer der berühmtesten Deutschen wusste: „Das Leben ist zu kurz, um schlechten Wein zu trinken", war schon Johann Wolfgang von Goethe überzeugt. Ebenso überliefert ist die Präferenz des Dichterfürsten für heimische Gewächse, beispielsweise aus Franken.

Gemessen an der Anbaufläche gehört Deutschland jedoch nicht zu den großen Weinnationen in der Welt. Mit rund 102.000 ha liegen wir auf Platz 14 hinter den Spitzenreitern Italien, Frankreich und Spanien. Auch kann Deutschland international nicht mit solch schillernden Namen wie Piemont, Bordeaux oder Rioja glänzen, die von den Winzern und Winzervereinigungen gezielt vermarktet werden und beim Gros der Verbraucher als Synonym für hohe Qualität stehen. Aber auch Deutschland mit seiner 2.000 Jahre alten Weinkultur hat eine Vielfalt an hochqualitativen Erzeugnissen zu bieten und gewinnt auch international an Reputation. Die Vielfalt der deutschen Weine ist auf die sehr unterschiedlichen Bodenarten und das unterschiedliche Klima zurückzuführen. Von einigen wenigen Ausnahmen in Skandinavien abgesehen (es gibt ein Weingut auf der schwedischen Insel Gotland), zählt Deutschland zu den nördlichsten Weinbauländern der Welt. Dass hier hochqualitative Weine ausgebaut werden können, liegt am warmen Golfstrom, ohne den es das Jahr über deutlich kälter wäre.

Deutschland ist, trotz eines stetig steigenden Konsums an Rot- und Rosé-Weinen, nach wie vor ein Weißweinland. Die am häufigsten angebaute Weißwein-Traube ist der Riesling mit 20 Prozent der gesamten Weinanbaufläche in Deutschland. Auf Platz zwei und drei liegen Müller-Thurgau und die Silvaner-Traube: Sie wachsen auf rund zwei Drittel der Anbaufläche.

Zu den wichtigsten Weißwein-Regionen zählt Rheinhessen, mit rund 26.000 ha bestockter Rebfläche das größte Anbaugebiet in Deutschland. Obwohl der Rotweinboom in den vergangenen Jahren sich auch hier bemerkbar gemacht hat, sind weiße Trauben wie Riesling, Müller-Thurgau und Burgunder nach wie vor dominierend. In Rheinhessen befindet sich außerdem die größte Silvaner-Anbaufläche der Welt. Eine Spezialität aus der Region ist der Winzersekt, der nach dem Vorbild des französischen Champagners hergestellt wird.

Die Pfalz steht, gemessen an der Fläche von 23.000 ha, an zweiter Stelle. Die Winzer aus dieser Region legen den Fokus auf klassische Rebsorten wie Riesling. Ebenso zum Weißwein-Angebot gehören Müller-Thurgau, Scheurebe, Gewürztraminer, Kerner und Morio-Muskat. Mit 40 Prozent Anteil ist die Pfalz aber gleichzeitig das größte deutsche Rotweingebiet.

Mosel (früher: Mosel-Saar-Ruwer), die älteste deutsche Weinregion zwischen Koblenz und Trier, ist bekannt für seine steilen Schieferhänge, welche die Sonnenwärme speichern und nachts wieder abgeben. Die Täler an der Mosel zählen zu den wärmsten Klimaregionen in Deutschland. Ideale Voraussetzung für den Anbau von Riesling, der die 9.000 ha Weinbergsfläche zusammen mit dem Rivaner dominiert. Neben dem Rheingau wird auch an der Mosel eine Reihe hochwertiger edelsüßer Weine hergestellt. Das sind sehr süße Weine aus reifen, mit dem Schimmelpilz Botrytis cinerea befallenen Trauben, die meist zu hohen Preisen verkauft werden. An der Obermosel ist mit dem Elbling eine Rebsorte heimisch, die möglicherweise schon vor 2.000 Jahren hier angebaut wurde und somit zu den Anfängen des deutschen Weinbaus zählt. Weißer und Grauer Burgunder, Auxerrois und die international sehr gefragte Sorte Chardonnay werden ebenfalls gepflanzt.

Das Markenzeichen der Franken ist der Boxbeutel, eine niedrige, flache Glas-Flasche. Der Weißweinanteil beträgt rund 80 Prozent. Besonders der Silvaner lässt sich gut auf den Muschelkalk- und Keuperböden anbauen. Meistangebaute Sorte ist der Müller-Thurgau (Rivaner), der von jungen Winzern modern ausgebaut wird und gerade eine Renaissance erlebt. Die fränkischen Winzer bepflanzten rund 6.000 ha Rebland.

An der Nahe, einem Nebenfluss des Rheins, werden ebenfalls hauptsächlich weiße Reben angebaut. Milde Temperaturen und viel Sonnenschein schaffen gute Voraussetzungen für den Weinanbau auf rund 4.000 ha. Wichtige Rebsorten sind Riesling, Rivaner, und Silvaner. In jüngerer Vergangenheit hat hier Rotwein an Bedeutung gewonnen.

Der Rheingau ist mit 3.100 ha Anbaufläche eine eher kleine aber sehr feine Region, die neben dem Assmanshäuser Spätburgunder auch für Rieslinge mit langer Reifeperiode bekannt ist.

Wichtige Anlaufstelle für Wein-Fans ist das ehemalige Zisterzienserabtei Kloster Eberbach. Von hier stammt der bekannte Steinberger Riesling. Der Johannisberg gilt als der Ort, an dem die Spätlese ihren Ursprung hat. Goethes Dichterkollege Heinrich Heine hat über diese Lage einmal geschrieben: „Wenn ich doch soviel glauben hätte, dass ich Berge versetzen könnte, der Johannisberg wäre der Berg, den ich mir überall nachkommen ließe."


{tab=INFO}

{tab=Kleine Farbenlehre}

Weißwein kann nur aus weißen Trauben entstehen? Falsch. Auch aus roten Sorten kann man einen weißen Wein machen. Die Farbe kommt nämlich vor allem durch Pigmente, die in hoher Konzentration in den Schalen stecken. Bei der Rotwein-Erzeugung gärt der Saft zusammen mit dieser Schale und den Kernen. Beim Weißwein wird der Saft unmittelbar nach der Ernte gekeltert. Dadurch wird die dunkle Farbe vermieden und es können auch aus roten Trauben blasse, stroh- bis goldgelbe Weine erzeugt werden. Die Farbe eines Weines gibt vor allem Aufschluss über Rebsorte, Ausbau, Qualität und Alter des Weins. Beim Weißwein sind beispielsweise grüne Farbtöne häufig ein Zeichen für einen jungen Traubensaft.

{tab=Schon gewusst?}

1863 wurde die Reblaus, ein Insekt, das die Wurzeln der Weinrebe abtötet, aus Amerika nach Europa importiert und vernichtete einen Großteil der Anbaufläche. Besonders schlimm war Frankreich betroffen. Hier wurden 2,5 Mio. ha Rebfläche zerstört. Aber auch in Deutschland wütete der Schädling. Aus diesem Grund gibt es nur noch einen sehr geringen Teil wurzelechter Reben in Deutschland und Europa. Als einzig wirksames Mittel hat sich nämlich das Aufpfropfen der Reben auf Wurzeln reblausresistenter (amerikanischer) Reben herausgestellt.

{tab=Buchtipp:}

Service. Die Getränke. 4., völlig überarbeitete Auflage. Trauner Verlag + Buchservice GmbH: Linz

{tab=Frage:}

  1. Welche ist die am häufigsten angebaute Weißwein-Traube in Deutschland?
  2. Warum können auch aus roten Trauben weiße Weine gemacht werden?
  3. Welches ist die nach der Anbaufläche größte Weinregion in Deutschland?

{tab=Antwort}

  1. Riesling.
  2. Der Saft wird unmittelbar nach der Ernte gekeltert. Dadurch gelangen die Farb-Pigmente aus der Schale nicht in den Wein.
  3. Rheinhessen.

{tab=Impressum}

Die Warenverkaufskunde erscheint regelmäßig als Sonderteil im Magazin Lebensmittel Praxis
Redaktion: Tobias Dünnebacke
Wir danken dem Deutschen Weininstitut für den fachlichen Rat und das zur Verfügung gestellte Bildmaterial.

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