Warenverkaufskunde Craft-Bier - WVK Craft-Bier: Teil 2

Ob Indian Pale Ale, Stout oder American Lager: Die Craft-Bier-Bewegung sorgt für eine neue Vielfalt und Komplexität in den Getränkeregalen. Doch man sollte wissen, wovon man spricht: Die wichtigsten Fakten für das Verkaufsgespräch im Überblick.

Donnerstag, 23. Juni 2016 - Warenkunden
Tobias Dünnebacke
Artikelbild Craft-Bier - WVK Craft-Bier: Teil 2
Craft-Bier weckt Interesse durch geschmackliche Vielfalt.
Bildquelle: Braufactum, Shutterstock, Thomas Ruhl
Tradition und Moderne

Die Bedeutung des deutschen Reinheitsgebotes sollte nicht unterschätzt werden. Craft-Biere jedoch stehen nicht für starre Regeln, sondern für Experimente und Weiterentwicklung.

Wir Deutschen sind stolz auf unser Reinheitsgebot. Gerade in diesem Jahr, wo das 500-jährige Jubiläum gefeiert wird. Die Losung „Hopfen, Malz, Hefe und Wasser“ ist bis heute eines der ältesten Lebensmittelgesetze der Welt. Doch wenn man ehrlich ist, wird der Biermarkt heute von Stilen geprägt, die weitaus komplexer sind, denn Craft-Biere sind gerade deshalb interessant, weil sie geschmacklich über das Bekannte hinausgehen. Craf-Bier-Brauer nutzen den Spielraum des Brauprozesses für ständig neue Kreationen. Sie erzeugen überraschende Aromen, zum Beispiel mit besonderen Hopfensorten oder der Zugabe von frischen Früchten. Sie nutzen aber auch natürliche Hefen aus der Luft oder probieren neue Methoden, Zeiträume und Gefäße aus, um Bier zur vollendeten Reife auszubauen. Beispielsweise in Holzfässern, eine der ältesten Methoden, die von Braumeistern wiederbelebt wurde.

Von der Auswahl der Zutaten über das Mälzen, Maischen, Läutern, Würzekochen, die Hefegabe und das Gären bis hin zum Lagern und Abfüllen umfasst der Brauprozess zwölf Schritte – ein Dutzend Stellschrauben für kreative Ansätze und Experimentierfreude. Bei der Gärung kann etwa auf Edelstahl, Schiefer oder Holz zurückgegriffen werden. Die Art der Gefäße, die Temperaturführung und Belüftung sind neben der Hefesorte entscheidend für die Entstehung der Gäraromen. Während im industriellen Braugewerbe vornehmlich auf Edelstahltanks zurückgegriffen wird, entdecken Craft-Brauer immer häufiger das Gären und Lagern im Holzfass. Dies erfordert viel Handarbeit und Fingerspitzengefühl. Durch den höheren Sauerstoffeintrag entstehen intensive Gäraromen beziehungsweise wird eine Mikrooxidation bei der Lagerung induziert. Die Biere werden dazu aus mikrobiologischen Gründen stärker gebraut (über 10 Vol-%. Alkohol). Ebenfalls charakteristisch für einige Craft-Biere ist die Flaschengärung. Dabei wird dem vorvergorenen Bier Hefe zugesetzt. In der Flasche entsteht bei der Nachgärung CO2, das nicht entweichen kann und sich im Bier bindet. Wer jetzt allerdings sofort an Sekt oder Champagner denkt, liegt nicht ganz richtig. Beim Bier hat die Flaschengärung den Vorteil, dass anders als bei der Méthode Champenoise die Hefe in der Flasche bleibt und daher kein Sauerstoff beim Entfernen der Hefe eintritt. Oft werden diese Biere jedoch irrtümlich als Champagnerbiere bezeichnet.

Geschmackvoll

Aroma-Lieferanten

  • Hopfen hat über 1.000 verschiedene Aromastoffe, wobei jede Hopfensorte anders zusammengesetzt ist. Die vielfältigen Hopfenöle können beispielsweise nach Früchten, roten Beeren, Kräutern, Blüten, Harz oder Tee riechen und schmecken.
  • Malz ist schon wegen des Zuckers ein Geschmacksträger. Aber auch beim Darren (Trocknen des gekeimten Getreides) können besondere Aromen entstehen. Je nach Verfahren kommen so Noten von Karamell, Nuss, Rauch, Kaffee oder Schokolade in das Bier. Ein besonderes Malz ist das Rauchmalz, welches beim Darren direkte Verbrennungsluft erhält. Ein berühmtes Rauchbier aus Deutschland ist das Schlenkerla, das in Bamberg hergestellt wird.
  • Jedes Wasser schmeckt anders und beeinflusst so auch den Geschmack des Biers. Unterschiedliche Wässer enthalten verschiedene Salze, die auf das Malz in Maische und Bierwürze einwirken. Auch Wasser trägt so zur Geschmacksvielfalt bei.

Craft-Bier: Vier Stile

Indian Pale Ale
Einer der momentan wichtigsten Stile der Craft-Bier-Bewegung. Beim Indian Pale Ale (oder kurz: IPA) handelt es sich um ein Bier, das seinen Ursprung im England des 19. Jahrhunderts hat. Um den Gerstensaft nach Amerika verschiffen zu können, ohne dass dieser schlecht wurde, setzte man dem Getränk mehr Alkohol und Hopfen zu. Dadurch konnte man das Bier lange genug konservieren. Die Farbe des IPAs liegt häufig zwischen Bernstein und Kupfer.

Imperial Stout
Beim Stout handelt es sich um ein schwarzes, obergäriges Bier mit einem Alkoholgehalt von bis zu 10 Prozent (bekannteste Marke: Guinness). Das Imperial Stout stammt aus dem England des 18. Jahrhunderts und hatte seine Bedeutung fast komplett verloren, bis es von amerikanischen Craft-Brauern wiederentdeckt wurde. Diese Stout-Variante zeichnet sich durch den hohen Anteil an Röstmalzen aus, der dem Bier Kaffee- und Schokoladennoten verleiht.

Brooklyn Lager
Ende des 19. Jahrhunderts war Brooklyn eine der Haupt-Braumetropolen der USA. Eines der beliebtesten Biere war ein Lagerbier nach Wiener Art. Heute ist Brooklyn Lager eines der populärsten Biere New Yorks. Seine aromatischen Qualitäten sind auf die Kalthopfung mit einer besonderen Mischung verschiedener Aromahopfen zurückzuführen. Der Name kommt tatsächlich von dem Umstand, dass diese Biere für einige Wochen gelagert werden.

Lambic
Die belgischen Lambic-Biere werden nicht ober- oder untergärig gebraut, sondern mit einer spontanen Gärung hergestellt. Dies geschieht, wenn die Würze über Nacht kühlt und mit besonderen wilden Hefen, die es nur in der Gegend um Lembeek nahe Brüssel gibt, in Kontakt kommt. Lambic-Biere reifen mehrere Jahre in Holzfässern und werden nur in Lembeek im Sennetal hergestellt. Das Bier Boon Framboise wird mit 250 g Himbeeren pro l im Fass nachvergoren.

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Bild öffnen Die drei wichtigsten Prozesse: In der Maischpfanne kommen Darrmalz und Brauwasser zusammen. Im Läuterbottich werden die festen Bestandteile von der Flüssigkeit getrennt. Die Sudpfanne dient zum Kochen der Würze, u. a. zur Sterilisation und Einstellung der gewollten Konzentration der Stammwürze. (Darstellung: Braufactum)
Bild öffnen Ähnlich den Winzern können sich Braumeister mit ihrem Stil einen Namen machen (im Bild: Markus Becke von Braufactum).
Bild öffnen Bis zu 1.000 verschiedene Aromen können beim Brauen entstehen.
Bild öffnen Traditionell: Auch Bier wird in Fässern gelagert.
Bild öffnen Braufactum-Geschäftsführer Dr. Marc Rauschmann
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