Ecocare 2013 Nachhaltigkeits-Engagement geehrt

Mit dem Nachhaltigkeitspreis ECOCARE 2013 wurden acht Unternehmen aus dem Lebensmittel-Einzelhandel, der Food- und Nonfood-Industrie sowie Dienstleister und gemeinnützige Vereine ausgezeichnet.

Sonntag, 06. Oktober 2013 - Rückblick
Bettina Röttig
Artikelbild Nachhaltigkeits-Engagement geehrt
Die Jury 2013
Bildquelle: Carsten Hoppen

Es gibt Auszeichnungen, bei denen vor allem Zahlen und vergleichbare Fakten den Ausschlag geben, bei denen einzig das zählt, was im vorgegebenen Umfang schwarz auf weiß zu Papier gebracht wurde. Und es gibt Auszeichnungen, bei denen die Jury den Unterschied macht, indem sie tiefer und tiefer nachbohrt, um jedes relevante Detail, alle „weichen Faktoren“ herauszukitzeln. Der Nachhaltigkeitspreis ECOCARE von LEBENSMITTEL PRAXIS und InterMopro/InterCool/InterMeat zählt zur letzten Kategorie.

Die Auszeichnung basiert auf den drei Säulen der Nachhaltigkeit: Ökologie, Ökonomie und Soziales. Voraussetzung für eine Bewerbung: Das Konzept muss einen bedeutenden Beitrag zum Kerngeschäft des Unternehmens leisten.

Gute drei Monate lang wälzt die Experten-Jury Bewerbungsunterlagen, hakt meist mehrmals bei den Unternehmen nach, um noch besser verstehen zu können, welche Leistungen der jeweilige Bewerber über die Branchenstandards hinaus erbringt. Denn das Engagement in den Bereichen der Nachhaltigkeit ist nicht immer quantifizierbar, die Konzepte noch dazu ganz unterschiedlich. So wird sich in dem mehrstufigen Auswahlverfahren nach und nach vorgetastet. Im Zweifelsfall werden vom Gremium sogar externe Experten hinzugezogen, z. B. wenn es allzu technisch wird. Schließlich geht es darum, die überzeugendsten Beiträge in Sachen Nachhaltigkeit in den Kategorien Produkt, Projekt sowie Technik/Prozess zu finden.

Doch auch nach der Nominierung können sich die Kandidaten noch keineswegs entspannt zurücklehnen. Am Tag der Preisverleihung geht es noch einmal so richtig zur Sache. Dann gilt es, das Gremium noch einmal davon zu überzeugen, dass der eigene Beitrag es verdient hat, in der jeweiligen Kategorie auf den ersten Rang gewählt zu werden. Zehn Minuten hat jeder Nominierte Zeit, die finalen Fragen der Jury zu beantworten, zehn Minuten, die maßgeblich entscheiden (s. Fotos rechts).

Zittern mussten in diesem Jahr folgende Unternehmen: Frosta Tiefkühlkost, Ecover sowie GEPA – The Fair Trade Company in der Kategorie Produkt; Agrarfrost, die Real SB-Warenhaus GmbH sowie TransFair – Verein zur Förderung des Fairen Handels mit der „Dritten Welt“ – e. V. in der Kategorie Projekt; Johnson & Johnson sowie Bodan Großhandel für Naturkost in der Kategorie Technik / Prozess.

Lesen Sie auf den nächsten Seiten, was die prämierten Konzepte und Unternehmen auszeichnet.

Die Jury 2013
  • Dr. Daniela Büchel, Leitung Corporate Responsibility, REWE Group
  • Ulla Hüppe, Senior Sustainability Manager, Henkel, Düsseldorf
  • Dr. Axel Kölle, ZNU – Zentrum für nachhaltige Unternehmensführung, Uni Witten/Herdecke
  • Dr. Michael Raß, Geschäftsführender GesellschafterTeutoburger Ölmühle
  • Marion Sollbach, Leiterin Nachhaltigkeit bei Galeria Kaufhof
  • Oliver Leheis, Referent/Project Manager Marketing Services, Messe Düsseldorf
  • Bettina Röttig, Redakteurin LEBENSMITTEL PRAXIS
Bildquellen: Carsten Hoppen

Kategorie Produkt

{tab=Gepa}

Mehr als 35 Jahre steht Gepa für Fairen Handel. Gepa-Produkte werden heute in Weltläden, aber auch in Supermärkten, Bio- und Naturkostläden sowie online angeboten. Überzeugt hat Gepa – The Fair Trade Company die Jury vor allem durch die unermüdliche Weiterentwicklung des Produktportfolios, um dieses noch fairer und nachhaltiger zu machen. Beispiel hierfür ist das Schoko-Riegel-Sortiment, das exemplarisch zum Wettbewerb eingereicht wurde. Seit der Überarbeitung 2011 enthalten die Schoko-Riegel neben fair gehandeltem Bio-Kakao und Bio-Zucker in den Vollmilchrezepturen zudem Milchpulver aus fair gehandelter Bio-Milch der Genossenschaft Milchwerke Berchtesgadener Land. Neu ist auch der Einsatz von fair gehandeltem Bio-Palmfett aus nachhaltigem Anbau für die Füllungen, das Gepa von dem Kleinbauernprojekt Serendipalm Farmer Association in Ghana bezieht. Unterm Strich erreicht Gepa nach eigenen Angaben so einen Fair-Handelsanteil von 80 bis 100 Prozent je nach Sorte (nach den internationalen Standards für Mischprodukte ist ein Mindestanteil von 20 Prozent fair gehandelten Rohzutaten vorgeschrieben).

{tab=Frosta}

Die Produktneuheit Frosta Gemüse Pfanne Asia Curry, die stellvertretend zum Wettbewerb eingereicht wurde, vereint die wichtigsten Aspekte des Nachhaltigkeits-Engagements der Frosta AG: Sie ist, dem Frosta-Reinheitsgebot entsprechend, zu 100 Prozent frei von Zusatzstoffen und Aromen, sämtliche Zutaten werden auf der Verpackung deklariert. Insgesamt spielt die Minimierung des CO2-Fußabdrucks in der Produktentwicklung eine große Rolle. Seit 2008 berechnet und veröffentlicht das Unternehmen die produktbezogenen CO2-Fußabdrücke aller Produkte. Durch die möglichst geringe Verarbeitung der Zutaten kann Frosta Energie einsparen. Frische Milch hat z. B. einen um 25 Prozent niedrigeren CO2-Fußabdruck als Milchpulver, weil der Trocknungsprozess sehr energieaufwendig ist. Dasselbe gilt für frische Eier versus Eipulver, frische Nudeln versus Trockennudeln. Das neueste Tool, der Frosta-Zutatentracker, ermöglicht es dem Verbraucher, chargengenau die Herkunft jeder einzelnen Zutat des Gerichtes abzurufen – per Smartphone oder per Internet. Hintergrundinformationen gibt es zudem zum Herstellungsprozess.

{tab=Ecover}
Seit 1979 entwickelt und produziert Ecover ökologische Produkte und setzt nur naturbekannte Inhaltstoffe ein, die nach der Anwendung in kürzester Zeit und zu 100 Prozent in Wasser, Kohlenstoff und Mineralien und somit natürliche Rohstoffe verwandelt werden. Während konventionelle Produkte meist mit Tensiden auf Basis nicht-erneuerbarer Rohstoffe wie Erdöl hergestellt werden, setzt Ecover sogenannten Bio-Tenside ein, so auch in dem zum Wettbewerb eingereichten Allzweck-Reiniger Zitrone. Diese werden in einem von der Natur inspirierten, bio-chemischen Fermentationsprozess gewonnen. Dabei wird ein natürlich in der Umwelt vorkommender Hefepilz einer Mixtur aus Rapsöl und Glukose zugegeben. Die Hefe verbindet den wasserlöslichen Zucker mit dem nicht-wasserlöslichen Rapsöl. Nach einem etwa zweiwöchigen Fermentationsprozess können kraftvolle Bio-Tenside „geerntet“ werden. Bereits im Produktionsprozess wird wertvolle Energie eingespart: Bei der Herstellung werden nur 30 bis 37°C benötigt, um den Fermentationsprozess in Gang zu halten, während bei petrochemischen Tensiden im Durchschnitt 100°C und 2 bis 5 bar benötigt werden.


Kategorie Technik/Prozess

{tab=Johnson & Johnson}

Tagtäglich arbeitet Johnson & Johnson an der Optimierung des Produktionsprozesses, um die o.b.-Produkte nachhaltiger zu machen. Maßnahmen wurden in den Bereichen Rohstoffe, Energiemanagement bis zur Verpackung umgesetzt. Rund 2 Mrd. Tampons werden allein im Wuppertaler Werk jährlich produziert. Heute bestehen o.b.- Tampons zu 90 Prozent aus FSC-zertifizierter Viskose aus Österreich und Deutschland. Durch Absaugung von losen Fasern an der gesamten Produktionslinie zur Tamponherstellung und deren Rückführung in den Produktionsprozess gelang es, seit Komplettierung des Systems 2009 ca. 82,4 t gute Fasern pro Jahr in den Prozess zurückzuführen, ca. 1,7 Prozent des gesamten Faserverbrauchs pro Jahr. Seit Fertigstellung sind damit ca. 320 t Fasern im Prozess geblieben. Seit Mai 2012 arbeitet das Unternehmen daran, neue Möglichkeiten der Energieoptimierung sukzessive umzusetzten, die im Rahmen eines Energie-Audits erarbeitet wurden (z. B. bei der Pressluftgewinnung, Warmwasseraufbereitung, Beleuchtung). Insgesamt reduzierte das Werk in Wuppertal sei ne CO2-Emission in den letzten zehn Jahren um rund ein Drittel.

{tab=Bodan Großhandel}Naturkostgroßhändler Bodan arbeitet seit 2010 im Rahmen eines sogenannten Roadmap-Prozesses zur umweltfreundlichen, decarbonisierten Logistik im Jahr 2020 daran, das selbst gesteckte Ziel, eine CO2-neutrale Logistik innerhalb von zehn Jahren zu erreichen. Gleichzeitig will das Unternehmen die eigenen Geräusch-Emissionen so stark wie möglich reduzieren, um das Gehör der eigenen Mitarbeiter und Anwohner zu schonen. Hierfür setzt das Unternehmen auf die Optimierung der logistischen Abläufe sowie innovative Techniken wie Lkw-Kühlauflieger nach niederländischer PIEK-Norm, einer strengen Lärmemissionsvorschrift, die es vergleichbar in Deutschland noch nicht gibt. Ökologische Verbesserungen werden u. a. durch den Ersatz von Dieselkraftstoff für die Transportkühlung durch CO2 aus einer natürlichen Quelle erreicht. Das Ergebnis: eine Reduzierung des Ressourcenverbrauchs und der Abgase um bis zu 75 Prozent sowie eine Reduzierung der Geräuschemission deutlich unter den in der PIEK-Norm vorgegebenen Wert von 60 dB(A). Viel Eigenrecherche und die Kombination von Teillösungen waren nötig, um dies zu erreichen.


Kategorie Projekt

{tab=Agrarfrost}

Mit dem ersten Platz in der Kategorie Projekt ehrte die Jury das Unternehmen Agrarfrost TK-Kartoffelprodukte für die „Nachhaltige Rohstoffversorgung durch integrierten Vertragsanbau von Kartoffeln“. Die integrierte Prozesskette reicht von der gezielten Auswahl und Züchtung speziell auf den Boden abgestimmter Kartoffelsorten über die Ernte bis hin zur Herstellung der Erzeugnisse in eigenen, deutschen Werken. Die Entscheidung zu 80 Prozent eigenem Vertragsanbau sichere Agrarfrost zum einen den Zugang zum Rohstoff Kartoffel und biete zum anderen die Möglichkeit, direkt Einfluss auf die Praktiken beim Anbau und damit auf Qualität und Geschmack der Kartoffelprodukte zu nehmen. So stieß Agrarfrost eine Vielzahl an Maßnahmen für den nachhaltigen Kartoffelanbau an, vom Pflanzenschutz und Bodenmanagement über die Bewässerungstechnik bis zur Wildtier- und Landschaftspflege. Allein durch die Verwendung der Tropfbewässerung konnte der Wasserverbrauch um 25 Prozent verringert werden. Auch Maßnahmen zur Renaturierung durch die Schaffung von Randstreifen als Ausgleichsfläche und Rückzugsgebiet für Tiere zählen dazu.

{tab=Real SB-Warenhaus}

Täglich werden Real-Mitarbeiter in Kundengesprächen mit der Thematik „Nachhaltigkeit“ konfrontiert. Die Real SB-Warenhaus GmbH sah sich in der Pflicht, die eigene Haltung zu diesem Thema stärker nach außen zu tragen. Mit dem bundesweiten Projekt „Handeln aus Verantwortung – Azubis zeigen wie!“ entstand ein Projekt, mit dem praxisnah und mit vielen Beispielen das Thema Nachhaltigkeit dargestellt und näher gebracht werden kann. Der Startschuss fiel im August 2012. Die Handelsassistenten sowie die dualen Studenten von Real waren aufgerufen, als Projektleiter mit einer Gruppe von Auszubildenden Ideen zum Themenfeld der Nachhaltigkeit zu entwickeln und gemeinsam im Team einen Aktionstag sowie Event für Kunden und Mitarbeiter im eigenen Real-Markt zu initiieren. Vorgegeben wurden die vier bei Real gesetzten Handlungsfelder zur Nachhaltigkeit: Wertschöpfungskette, Umwelt & Energie, Mitarbeiter & Unternehmenskultur sowie Kunden & Gesellschaft. Insgesamt setzten 38 Handelsassistenten und duale Studenten gemeinsam mit 161 Real-Auszubildenden in 40 verschiedenen Real-Märkten Nachhaltigkeitsaktionen um.

{tab=TransFair e.V.}

Fairtrade-Produkte sind heute in 42.000 Verkaufsstellen erhältlich. Trotzdem werden die Produkte im Laden oft nicht erkannt oder nur nach langem Suchen gefunden, so die Erfahrung des Vereins Transfair. Dies soll sich ändern. 2012 rief der Verein den Nachwuchs im LEH erstmalig dazu auf, sich am Wettbewerb „FABI – Deutschlands fairste Azubis gesucht“ zu beteiligen und Konzepte für den Point of Sale zu entwickeln. Ziel war es, den Handels-Nachwuchs so für Nachhaltigkeitsthemen zu sensibilisieren und begeistern und den Fairen Handel im Handel sichtbarer und erlebbarer zu machen. Die Konzepte wurden im Rahmen von Verkaufsförderungs-Aktionen rund um die TransFair-Kampagnen „Fairtrade-Frühstück“ und „Faire Woche“ auf ihre Praxistauglichkeit überprüft. Zwei TransFair-Mitarbeiterinnen begleiteten und unterstützen die Bewerber, u.a. durch Schulungen zum Fairen Handel. Die Beteiligung ließ sich sehen: insgesamt 200 Azubis von verschiedenen Handelsunternehmen engagierten sich mit vielfältigen Aktionen von Werksbesichtigungen bis Flashmobs, die aufwändige und kreative PoS-Aktionen begleiteten.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen ECOCARE: Ausgezeichnete nachhaltige Konzepte.
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Bild öffnen Der Nachhaltigkeitspreis ECOCARE wird in den Kategorien Produkt, Projekt sowie Technik / Prozess verliehen.
Bild öffnen Der Nachhaltigkeitspreis ECOCARE wird in den Kategorien Produkt, Projekt sowie Technik / Prozess verliehen.
Bild öffnen Stolz: Robin Roth, Brigitte Frommeyer und Stephan Geißler, Gepa - The Fair Trade Company.
Bild öffnen Torsten Matthias, Frosta Tiefkühlkost, nimmt den zweite Platz mit nach Hamburg.
Bild öffnen Punkteten mit grüner WPR: Sarah Bell und Dirk Seifert, Ecover.
Bild öffnen Wolfgang Klehr und Dr. Matthias Hauser, Johnson & Johnson mit Moderatorin Bettina Röttig (LP).
Bild öffnen Grüne Logistiker: Sascha Damaschun und Dieter Hallerbach, Bodan Großhandel für Naturkost.
Bild öffnen Haben die Jury live überzeugt: Peter Hesse und Manfred Wulf, Agarfrost.
Bild öffnen Für ihr Azubi-Projekt geehrt: Melanie Tegas und Stefan Noppenberger, Real.
Bild öffnen Sensibilisieren den Handels-Nachwuchs: Carsten Lorenz und Claudia Brück, TransFair.