Süßwaren Die Nervennahrung gerät unter Druck

Trotz stabiler Absätze hat die Süßwarenbranche zu kämpfen. Die Produktion ist teurer geworden, der Export wird schwächer, der Kunde wird einerseits anspruchsvoller, andererseits preisorientierter.

Freitag, 12. Februar 2021 - Süßwaren
Andrea Kurtz
Artikelbild Die Nervennahrung gerät unter Druck
Bildquelle: Koelnmesse GmbH

„Die pandemiebedingten Entwicklungen haben eine repräsentative Erhebung im Süßwaren-Einzelhandel erschwert“, bedauert Dr. Ludwig Veltmann, der Chef des Mittelstandsverbunds, bei der Vorstellung der traditionellen Umfrage bei Handelsunternehmen im Vorfeld der Süßwarenmesse ISM. Detaillierte Trendaussagen über die verschiedenen Sortimente oder gar einzelne Artikel seien nicht möglich; die punktuelle Analyse mache aber die außergewöhnlichen Umstände deutlich, so Veltmann. „Extrem differenziert“ nennt der Mittelstandsverbund das Bild. So sind die vom Lockdown direkt und indirekt betroffenen Vertriebsschienen im Handel allesamt eingebrochen. Der nicht vom Lockdown betroffene Einzelhandel hat dagegen deutlich im einstelligen Bereich gestiegene Absatzzahlen zu vermelden.

Bei längerem Lockdown schließt der Verbandschef in der Tendenz eine weitere Verschiebung in den Online-Bereich nicht aus, „auch wenn derzeit die Bedeutung des Kanals noch recht gering ist“.

Begehrt: Knabber und Schoko
Auch beim Blick auf die einzelnen Segmente bleibt dieses differenzierte Bild bestehen. „So sind Schokolade und Knabberartikel, induziert durch vermehrtes Homeoffice und vor allem auch Homeschooling, im Lebensmittelhandel zusätzlich nachgefragt worden“, berichtet Dr. Veltmann. „Allerdings hat der Ausfall von Sport- und Freizeitveranstaltungen der Absatzentwicklung bei Knabberartikeln einen Dämpfer gegeben.“ Ausgefallene Urlaube und Fernreisen hätten dagegen dem heimischen Süßwarenkonsum genutzt.

Fair und gesund soll es sein
In Analogie zum wachsenden Bewusstsein für gesunde Ernährung sei zu erwarten, dass sich der Trend hin zur Reduzierung von Zucker und Fetten in Süßwaren fortsetze. Das gehe einher damit, dass auch bei Bio- und Fairtrade-Artikeln vermehrt zugegriffen werde. „Zudem wird ein verantwortlicher Umgang mit dem Thema Verpackung bei den Kunden zunehmend wertgeschätzt‘“, sagt Dr. Veltmann. Im Trend liegen Produkte mit natürlichen Zutaten wie Nüsse, Hafer, Sesam, Gewürze oder auch mit getrockneten Beeren, ergänzt der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI). „Auch salziges Karamell – ein uraltes Produkt – erfreut sich großer Beliebtheit, insbesondere als Füllung in Schokolade, Keksen oder Eis“, erläutert Bastian Fassin, Katjes-Chef und Vorsitzender des BDSI.

Bei den salzigen Snacks lägen derzeit insbesondere Nüsse, Nuss- sowie Nuss-Frucht-Mischungen im Trend, so Fassin weiter: „In der Regel werden Nüsse und Hülsenfrüchte zum sofortigen Verzehr aufbereitet, das heißt geröstet und gesalzen beziehungsweise gewürzt.“ Aber auch ungesalzene und gebackene Produkte würden weiter nachgefragt. „Seit Jahren bemühen sich die Hersteller, für jeden Verbrauchergeschmack passende Angebote zu machen“, appelliert Fassin vor allem an die Adresse der Politik. „Die Süßwarenindustrie wünscht sich jedoch, dass der Konsument auch in Zukunft sein Produkt selbstständig auswählen darf und nicht auf von der Politik gestaltete Einheitsprodukte zurückgreifen muss.“
„Die Süßwarenindustrie gehört zu den besonders innovativen Branchen und wird auch im Jahr 2021 eine Vielzahl von Produktneuheiten auf den Markt bringen“, betont Fassin, auch mit Blick auf die derzeit neuen Schokoladen-Varianten mit Kakaosaft und ohne Zuckerzusatz.

Innovationen im Wandel
In Zeiten der Coronavirus-Pandemie hätten es Innovationen jedoch schwer, meint er. Nicht nur, weil Messen und Kundenbesuche zum Vorstellen neuer Produktideen wegfallen, sondern auch weil der Verbraucher derzeit anders einkauft. Bastian Fassin erläutert: „Kunden reduzieren ihre Einkaufszeit im Lebensmitteleinzelhandel und greifen eher zum Klassiker als zu einem unbekannten, neuen Produkt.“

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