Interview mit Jörg Beiß Starke Marken mit Fun-Faktor

CFP Brands steht für starke Marken im schwierigen Markt der Zuckerwaren. Die Lebensmittel Praxis sprach mit Geschäftsführer Jörg Beiß über das vielfältige Süßwaren-Portfolio und über Konzepte, die über die einzelnen Marken hinausgehen.

Donnerstag, 19. Juli 2018 - Süßwaren
Andrea Kurtz
Artikelbild Starke Marken mit Fun-Faktor
Bildquelle: Carsten Hoppen

CFP klingt unbekannt, die Marken dahinter kennt jeder. Welche Unternehmen stecken dahinter?
Jörg Beiß: CFP ist ein 2005 gegründetes Joint Venture, hinter dem traditionsreiche, inhabergeführte Familienunternehmen stecken: Perfetti van Melle mit Mentos, Chupa Chups und Smint halten zwei Drittel am Unternehmen; Lofthouse mit Fisherman‘s Friend ein Drittel. Wenn ab 2019 Ricola dazukommt, werden wir drei gleichberechtigte Shareholder haben, für die wir den Vertrieb und das Marketing auf dem deutschen Markt übernehmen. Die Werteskala von Familienunternehmen in Hinblick auf Ethik, auf Mitarbeiter, aber auch auf langfristige Markenführung stimmt in vielen Dingen überein. Das macht das Arbeiten für mich ungemein spannend und befriedigend.

CFP: Die Historie
  • 1954 wurde die deutsche Mentos Vertriebsgesellschaft gegründet
  • 1977 startet Lofthouse Fleetwood den Verkauf von Fisherman‘s Friend in Deutschland
  • 1981 gründete sich die deutsche Chupa Chups Vertriebsgesellschaft
  • 2000: Das Joint Venture aus Chupa Chups und Van Melle entsteht
  • 2001: Der italienische Süßwarenhersteller Perfetti übernimmt Van Melle zu 100 Prozent
  • 2005: Gründung der CFP Brands Süßwarenhandels GmbH als Joint Venture
  • 2007: Einführung von Mentos Kaugummi in Deutschland
  • 2010 übernimmt CFP die Distribution der französischen Marke N.A! (Nature Addicts)
  • 2014 starte die Distribution der spanischen Marke Snatts in Deutschland
  • 2015 übernimmt CFP den Vertrieb der Marke Center Shock

Wie müssen wir uns die Abstimmungsprozesse zwischen den Unternehmen vorstellen?
Viermal im Jahr gibt es die Aufsichtsratssitzungen, bei denen die groben Linien besprochen und festgelegt werden. Aber natürlich stehen wir auch darüber hinaus im ständigen, engen Kontakt und Abstimmungsprozess. Wir sind sehr glücklich darüber, dass die Familien so engagiert sind und selbst im Aufsichtsrat sitzen. Sie haben großes Interesse am doch sehr wichtigen deutschen Markt. Unsere größten Marken, die alle auf eine lange Geschichte zurückblicken, gehören in der weltweiten Beliebtheit zu den Top 10 Süßwaren. Das schätzen die Inhaber natürlich sehr.

Wie alt sind die Marken, die hinter CFP stecken?
Teilweise weit mehr als 150 Jahre. Fisherman’s Friend zum Beispiel wurde 1865 vom Apotheker James Lofthouse als Mittel gegen den rauen Hals der Hochseefischer erfunden. Doch seine Tinktur im Glasfläschchen erwies sich für Seeleute auf langen Schiffsreisen als unpraktisch. Daher hat er die Flüssigkeit eingedickt und so die klassischen Fisherman’s Friend Pastillen erfunden. Mentos wurde 1932 erfunden und wird seit den 60er-Jahren im unverwechselbaren Rollenformat vertrieben. Chupa Chups entstand 1958 als „Bonbon am Stiel“ gegen klebrige Kinderhände. 1969 bekamen die Lollis das auffällige Logo mit der Margerite, das von Salvador Dali erfunden wurde und seitdem weiter gepflegt wird.

Wie kam denn das?
Es gab einen persönlichen Kontakt der Inhaberfamilie Bernat zu dem Künstler Dalí, der gebeten wurde: „Mal doch mal was!“ So einen Maler kann man ja nicht beauftragen. Für uns ist das natürlich toll! Wir haben damit eine Markenikone im Portfolio, die international bekannt ist. Chupa Chups steht auch für Innovationen, für Spaß, für junges Naschen – an dieser DNA werden wir nichts verändern. Das gilt im Übrigen für alle unsere Marken: wir werden sie hegen und pflegen, weil wir weiter in die Herzen und in die Münder hineinkommen wollen.

Welche Lücken gibt es im weltweiten Vertrieb?
Da gibt es natürlich eine Menge Wachstumspotenzial. Perfetti van Melle ist mit Mentos in rund 120 Märkten der Welt vertreten, Fisherman‘s Friend in rund 70 und Ricola in etwa 50 Ländern. Also, geografisch ist da noch Luft nach oben. Schauen wir beispielsweise auf Chupa Chups, so macht es Sinn, in jüngere und kinderreiche Märkte wie Südamerika, Afrika oder viele Regionen Asiens zu gehen. Gerade dort steigt die Kaufkraft permanent an, und Zucker wird noch als Energielieferant gesehen.

Wird sich bei Ricola etwas verändern durch die Übernahme?
Nun, in unseren stagnierenden Märkten ist es schon Herausforderung genug, die Erfolgsstory fortzuschreiben. Wir müssen die Positionierung sowie die Abgrenzung zu unserem restlichen Portfolio klar herausstellen. Wir haben Konsumenten befragt, und diese unterscheiden ganz deutlich zwischen Fisherman‘s Friend, Mentos und Ricola. Es ist eine spannende Aufgabe, hier differenziert zu arbeiten. Wir werden aber sicherlich an der erfolgreichen Werbestrategie von Ricola festhalten; lassen Sie sich durch eine neue Kampagne überraschen.


Ethik bedeutet auch Gesundheit beziehungsweise Gesundheitsbewusstsein. Was heißt das für CFP?
Diese Themen beschäftigen uns sehr. So nehmen wir die aktuelle Diskussion um die Zuckersteuer sehr ernst. Schon heute sind zwei Drittel unserer Produkte zuckerfrei. Das übrige Drittel sind die klassischen Kinderprodukte, und auch da werden wir mit Rezepten arbeiten, um den Zucker zu reduzieren oder Zuckeraustauschstoffe einzusetzen. Darüber hinaus experimentieren wir mit kleinen Packungen; schon heute liegt die Mehrzahl unserer Produkte unter 50 Gramm.

Kommt eine Zuckersteuer?
In Großbritannien ist diese bei Getränken jetzt eingeführt; in Dänemark wurde sie wieder abgeschafft. Fettleibigkeit und Zuckerkonsum sind eine gesellschaftliche Erscheinung, die nicht durch Steuern oder Verbote zu regeln sind. Hier sind ganzheitliche Konzepte gefordert, angefangen bei Bewegung oder bewusster Ernährung. Das ist viel entscheidender als eine Steuer. Ich glaube ohnehin nicht an einen direkten Zusammenhang zwischen Naschen und Fettleibigkeit. Süßigkeiten sind immer noch ein Stück Lebensfreude und sollten in Maßen konsumiert werden. Dieser Aspekt rückt bei der aktuellen Diskussion etwas in den Hintergrund. Unsere Mitarbeiter hier müssen ja schon von Berufswegen naschen, aber übergewichtige Personen darunter werden Sie suchen müssen.

Woran merken Sie, dass die gesellschaftliche Aufmerksamkeit für Zuckerreduzierung zunimmt?
Die Marktanteile für Zuckerwaren sind rückläufig. Ich würde zwar nicht so weit gehen, hier einen direkten Zusammenhang zu sehen, aber wir haben verstanden, dass der Konsument mit einer breiteren Auswahl bedient werden möchte. Zuckerreduzierung, kleinere Portionsgrößen und die Nachfrage nach nachhaltige Rohstoffen sind für uns Zeichen der Zeit. Wir untersuchen auch regelmäßig Themen wie Bio, vegan, den Einsatz von Stevia, Laktose- oder andere Unverträglichkeiten, weil diese Dinge für den Konsumenten eine Rolle spielen. Unsere Produkte sind fast alle vegan, fast alle laktosefrei, aber wir behalten eine Weiterentwicklung im Auge.

Jörg Beiß
  • Jörg Beiß ist seit 12 Jahren Geschäftsführer der CFP Brands Süßwarenhandels GmbH.
  • Zuvor war er beim Unternehmen Storck, für das er unter anderem das Asien-Geschäft aufbaute.
  • Seine ersten beruflichen Stationen waren Danone und L‘Oréal; dort war Beiß im Marketing und Vertrieb tätig.

Die Werbung, gerade im TV, für Mentos oder Fisherman’s Friend ist bekannt und wird immer wieder humorvoll erneuert. Werben Sie auch für Chupa Chups in dieser Art?
Nein, nicht im Fernsehen. Wir haben uns ja selbst verpflichtet, nicht im Umfeld von Kindern zu werben. Aber natürlich ist die Zielgruppe von Chupa Chups sehr viel größer, schließt auch Teenager und junge Erwachsene ein. Diese sprechen wir natürlich an – über Social Media gelingt das gut und zielgruppengerecht. Der neue Slogan ist dementsprechend „Forever Fun“ und wir erinnern damit an Momente, die die Kindheit zurückholen. Auf Betten hüpfen, im Kaufhaus verstecken spielen – die kleinen Filme wecken Erinnerungen aus der Kindheit. Wir werben hier sehr bewusst.

Es geht also in erster Linie um Spaß?
Ja, auch. Wir beobachten hier sehr genau. Deswegen haben wir auch Anfang dieses Jahres den Auftritt von Fisherman’s Friend überarbeitet. Der Claim „Sind sie zu stark, bist Du zu schwach“ hat stark polarisiert. Es fühlten sich tatsächlich viele Menschen nicht stark genug. Aus diesem Grund spielen wir jetzt mehr mit dem Begriff Stärke. Stärke steht nicht nur für Muskeln oder Kraft, sondern auch für Mut, Kreativität oder Cleverness – physisch wie mental. Darauf zielt der neue Claim „Stark ist, wenn du’s bist“ ab, und die TV-Kampagne stellt dies auf humorvolle Art unter Beweis.


Was tun Sie, damit der Handel auch Spaß hat?
Wir treten unter dem gemeinsamen Slogan „Starke Marken, mehr Wert“ auf. Wir fühlen uns verpflichtet, die Wertschöpfung mit dem Handel zusammen anzustreben. Es geht uns nicht so sehr um singuläre Vermarktung, sondern wir wollen Konzepte umsetzen und damit auch die Kategorie wieder zum Wachstum bringen. Darüber hinaus analysieren wir seit einigen Jahren auch den Shopper sehr genau, um den Entscheidungsprozess im Supermarkt genauer kennenzulernen. Warum greift er wann zu was? Das sind die großen Fragen für uns. Dem versuchen wir mit Studien immer genauer auf den Grund zu gehen. Das machen wir mit Handelsunternehmen auch gerne vor Ort, testen in Märkten und entwickeln Benchmarks. Das ist für uns so etwas wie der Moment der Wahrheit.

Wie sieht die praktische Unterstützung von CFP aus?
Wir denken bis hin zur Nutzung von neuen Kassenmöbeln oder Regalsystemen. In unseren regelmäßigen Studien untersuchen wir genau, wo der Kunde heute ein Produkt erwartet. Auch die Preisgestaltung nehmen wir unter die Lupe. Aber bleiben wir bei den Kundenerwartungen: Kaugummis werden an der Kassenfront gesucht, das ist gelernt. Ebenso: Bonbons gehören über das Kassenlaufband – dort passiert der Kaufanreiz. Riegel gehören dagegen in das dem Laufband gegenüberliegende Regal, weil das den Impuls auslöst. Setze ich als Händler diese Regeln um, habe ich eine garantierte Umsatzsteigerung. Aber dennoch: Die Überzeugungsarbeit, die wir bei der Implementierung solcher Ideen zu leisten haben, kann von der Idee bis zur Umsetzung schon mal 24 Monate dauern.

In welcher Weise beackern Sie das Thema E-Commerce?
Wir registrieren großes Handelsinteresse, mit uns gemeinsam Ansätze zu finden. Eigene Aktivitäten wird es bei uns sicher nicht geben. Aber wir beobachten natürlich intensiv, wie unsere Produkte bei Amazon gerankt und bewertet werden und wie das Bestellverhalten der Konsumenten zu beeinflussen ist. Aber auch die E-Commerce Aktivitäten des Handels studieren wir intensiv.

Was wünschen Sie sich vom Handel?
Mehr Augenmerk auf die Kasse. Auf ein Prozent der Fläche kommen hier fünf Prozent des Ertrages. Deswegen sollte dieser Zone die gleiche Liebe wie der Weinabteilung entgegengebracht werden. Händler, die ihre Kassenzone optimieren, berichten von bis zu 30 Prozent Umsatzwachstum. Das ist doch ein Wort. Zweistellige Umsatzwachstumsraten sind auf jeden Fall drin. Hier kann der deutsche Handel noch deutlich punkten.

CFP steht für Zuckerwaren. Sind auch andere Segmente denkbar?
Wir haben die Lauflernschuhe ja schon angezogen: Mit den Marken N.A! für natürliche und gesunde Snacks sowie Snatt‘s für ofengebackene Brotsnacks. Das sind für uns neue Segmente, die wir uns erarbeiten – ebenso wie wir 2007 in den Bereich Kaugummi eingestiegen sind. Es ist eine Herausforderung, hier die Erfolgsfaktoren für ganz andere Strukturen, angefangen von der Kaufkraft bis zu den Verbrauchergewohnheiten, kennenzulernen.

Wie steht es derzeit um die aktuelle Marktentwicklung?
Es ist ja kein Geheimnis, dass wir uns in einem rückläufigen Markt bewegen. 2017 und in diesem Jahr sind die klassischen Zuckerwaren weiter unter Druck. Die salzigen Snacks haben da deutlich die Nase vorn. Ich darf aber nicht ohne Stolz für unser Segment sagen, dass wir im vergangenen Jahr um 4,4 Prozent gewachsen sind. Das ist eine sehr schöne Zahl in stagnierenden Märkten. 2018 sind wir gut gestartet, und unsere Marktanteile sind erfreulich.

Wie sehen die Marktanteile denn im Einzelnen aus?
Bei Bonbons erzielen wir 11,5 Prozent mit unseren bestehenden drei Marken. Bei Kaugummi sind wir die Nummer zwei mit aktuell sieben Prozent Marktanteil. Zur Nummer eins Mars Wrigley haben wir zwar einen großen Abstand, aber außer uns hat ja in den vergangenen Jahren im Kaugummi-Segment niemand Fuß fassen können. Und die Verwender von Kaugummi werden weniger – dieser Markt ist rückläufig. Also schreckt uns diese Luft nach oben nicht. In der Warengruppe Lutscher dagegen ist Chupa Chups die Marke schlechthin. Hier sind wir mit 38 Prozent Marktführer; bei Out-of-Home und Impuls haben wir mehr als 50 Prozent Marktanteil.

Ist mit einer Kampagne für das Dach CFP zu rechnen?
Nein, bei uns stehen die Marken für sich selbst. Das wird sich auch nicht ändern, wenn im Januar Ricola dazu kommt. Additiv werden wir alle Synergien des Joint Ventures nutzen, die sich aus dem Know-how der Kategorie und dem Shopper-Verhalten ableiten lassen. So stärken wir unsere Beratungskompe- tenz gegenüber dem Handel.