Süßwaren An der Kasse richtig Kasse machen

Die Kassenzone – sie ist hoch profitabel, aber unterliegt auch eigenen Gesetzen. Eigenständiges Category Management zahlt sich hier in besonderem Maße aus.

Mittwoch, 23. Januar 2013 - Süßwaren
Dieter Druck
Artikelbild An der Kasse richtig Kasse machen
Aufräumer bei Staufers: Carmen Achhammer (v .l.), Buran Kaymak, Matthias Füchtner (hinten r.) sowie Timo Gutermuth (CFP Brands).
Bildquelle: Belz

An der Kasse ist immer was los. Nicht nur Schlangenbildung und die im gequältem Ton verfasste Forderung nach „noch ’ner Kasse“. Es tut sich dort einiges, und bei höchster Flächenrentabilität ist auch noch mehr Umsatz drin – vor allem mit impulsstarken Süßwaren. Das zeigen unterschiedliche Category-Management-Projekte.

Faktisch und taktisch
Die Kasse ist der Bereich höchster Flächenproduktivität im Supermarkt. Ansatzpunkte fu?r Mehrumsatz.
  • Das Sortiment an der Kasse soll On-Top-Umsätze durch Impulskäufe auslösen
  • Daher sollten dort Artikel präferiert werden, die der Kunde auch an der Kasse erwartet (maximale Befriedigung der Kundenerwartungen)
  • Tabakwaren sind Pflicht, weil in der Regel nirgendwo anders im Markt platziert
  • Kaugummi wird unter den Süßwaren am meisten erwartet, gefolgt von Bonbons und Schokoladenwaren/-riegel.
  • Darüber hinaus impulsstarke Produkte am impulsstärksten Platz in Szene setzen (Spontankauf anregen)
  • Ansonsten auf Übersichtlichkeit und Strukturierung der einzelnen Warengruppen achten
  • Hohe Kundenfrequenz verbunden mit Wartezeiten stimulieren Spontankäufe zusätzlich
  • 70 Prozent der Kunden äußern Kaufbereitschaft für Süßwaren an der Kasse
  • Für den Süßwareneinkauf wird die Kasse nicht gewechselt, hier ist die Länge der Warteschlange entscheidend. Deshalb sollten die Top-Artikel an allen Kassen verfügbar sein
  • Out-of-Stocks sind Umsatzkiller: 54 Prozent der Kunden verzichten zu diesem Zeitpunkt dann auf den Kauf

In England ist die süßwarenfreie Kasse offensichtlich ein Aushängeschild, wenn es darum geht, die soziale Verantwortung des Handelsunternehmens zu dokumentieren. So hat Lidl auf der Insel im Januar in seinen mehr als 600 Standorten den süßwarenfreien Check-out eingeführt und Süßigkeiten durch „gesunde Lebensmittel mit hohem Nährwert“ wie Multivitaminsaft, frisches Obst, Nüsse etc. ersetzt. Ein Umsatzverzicht, den man sich leisten können muss. In Deutschland geht Lidl offensichtlich den anderen Weg und erweitert an der Kasse das Angebot impulsstarker Süßwaren.

Aldi Nord und Süd sind in dieser Richtung gleichfalls aktiv und haben in den vergangenen Monaten das Kassenumfeld in einigen Pilotmärkten mit den vormals anscheinend systemlos bestückten Schütten getunt. Die einstige Brache soll fruchtbare Basis für Wachstum sein. Das Potenzial an den Aldi-Kassen sei bei Weitem noch nicht ausgereizt, meint denn auch ein führender Markenartikler. Die Öffnung zur Marke könnte noch ein Übriges bewirken. Und welcher Hersteller liebäugelt nicht mit einem solchen Sonnenplatz?

Auch für den sogenannten klassischen LEH ist mehr drin, und das Interesse von Handelsseite wächst. Der Trend zur Besonderheit ist im Lebensmittel-Einzelhandel deutlich erkennbar. „Insbesondere in inhabergeführten Geschäften ist Individualität heute Trumpf“, konstatiert Andreas Gabel, Sales Director bei Wrigley. „Die Händler wollen ihre Märkte für die Zukunft gut aufgestellt wissen. Ihr Interesse an originellen, individuellen Kassenkonzepten ist groß“, unterstreicht Gabel. Immerhin werde in dieser Zone im LEH bis zu 6 Prozent des Gesamtumsatzes erwirtschaftet, bei einem Flächenteil von lediglich 1 Prozent. Übersetzt heißt dies: Die Flächenproduktivität ist hier sechs Mal größer als der Durchschnitt im Markt. Dass bereits kleine Veränderungen manchmal Großes bewirken, sieht man am Beispiel des Marktes der Rewe Dortmund in der Thier-Galerie. Hier hat Wrigley im Sommer das Impulssortiment an der Kasse optimiert, neue Böden für verbesserten Warenzugriff eingebaut und mit Branding-Elementen für mehr Visibilität gesorgt. Ziel war es, in der Kassenzone Akzente zu setzen, die den Markt von der Konkurrenz abheben, und so das Verkaufspotenzial an der Kasse besser zu nutzen. Trotz rückläufigen Kundendurchlaufs sind die Abver kaufszahlen deutlich gestiegen. Die Steigerungsrate allein bei Wrigley-Produkten liegt bei 17 Prozent. Der Abverkauf bei Riegeln ging sogar um 27 Prozent nach oben.

Und was in der Kassenzone steckt, zeigt auch die Kooperation von CFP Brands (Mentos, Fisherman’s Friend, Chupa Chups, Smint) mit Edeka Staufers (Konsumgenossenschaft Göppingen e.G.). Hierzu zählen zehn Edeka-aktiv- sowie fünf Nah-und-gut-Standorte mit Flächen zwischen 480 und 1.500 qm. Der geschäftsführende Vorstand der Konsumgenossenschaft, Matthias Füchtner, ist selbst zertifizierter Category-Manager (GS 1) und, wie er sagt, „offen für ganzheitliche, objektive CM-Projekte und die Impulse von Herstellerseite“.

In jeweils zwei Pilot- und Kontrollmärkten wurde die Kassenzone ganzheitlich beleuchtet und das Ganze zudem begleitet von Shopperstudien (Videoanalysen, Online- und PoS-Befragung).

Net Research TÜV Saar ermittelte durch Befragung von knapp 1.000 Kassen-Kunden die optimalen Kassenartikel. Diese wurden abgeleitet aus der Summe von Shopper-Erwartungen und Impulsstärke. Süßwaren werden demnach vom Gros der Kunden an der Kasse erwartet und lösen dort gleichzeitig die höchsten Spontankaufraten aus. Dagegen werden Zigaretten/sonstige Tabakwaren zwar im hohem Maße an der Kasse erwartet, aber überwiegend gezielt gekauft. Die Spontankaufrate liegt bei 12 Prozent.

Immerhin gaben 70 Prozent der Befragten an, dass sie Süßwaren an der Kasse kaufen wollen. Die spontane, ungeplante Befriedigung von Bedürfnissen, z. B. Lust/Appetit auf Süßes, ist der stärkste Antrieb. Unter den Süßwaren erwartet der Kunde vor allem Kaugummi und Bonbons, gefolgt von Schokowaren/Riegeln. Am wenigsten rechnet er mit salzigen Snacks und Keksen in diesem Umfeld. Ebenso sind unter Impulsgesichtspunkten Drehtabake, Spirituosen und Nonfood (Batterien, Rasierbedarf) laut Studie zu vernachlässigen. Als aufmerksamkeitsstärkster Spot wurden die Plätze über dem Kassenlaufband identifiziert, gefolgt von der Kassenfront. Videoanalysen belegen, dass hohe Kundenfrequenz und die damit verbundenen Wartezeiten die Spontankäufe anheizen. Dabei steigt die Kaufwahrscheinlichkeit mit zunehmender Nähe zur Kassiererin.

Die Platzierung: Im Staufers-Markt in Donzdorf stehen drei Kassen, davon ist eine nur bei starkem Kundenansturm besetzt. Wegen der Übersichtlichkeit wurde bei den Platzierungen mit Smokythek eine Maximalhöhe von 1,55 m eingehalten. An den Kassenfronten wurde auf Wechselplatzierungen umgestellt. Das heißt, die vormals an jeder Kasse übereinander platzierten Produkte von Ferrero sowie die Kaugummis von Wrigley und CFP Brands wurden getrennt und abwechselnd an jeder zweiten Kassenfront aufgestellt. „Dies bedingt einen reduzierten, angemessenen Warenbestand“, ist Timo Gutermuth, Leiter Trademarketing CFP Brands, überzeugt. So liegen die Kaugummis jetzt bei Staufers an der höchstfrequentierten Kasse, Ferrero Ü-Eier etc. an der zweitbesten Front. An der selten geöffneten Kasse „3“ fand ein Tabakschrank mit Zweihandbedienung und Signalton seinen Platz (Hersteller: PoS-Tunning). Hier werden jetzt die diebstahlgefährdeten „sonstigen Tabakwaren“ wie Feinschnitt angeboten . Im Test, so Füchtner, seien dadurch die Inventurdifferenzen in diesem Sortiment um 80 Prozent zurückgegangen, gleichzeitig sei auch ein leichtes Umsatzplus zu verbuchen gewesen. Der „kostbare Platz“, ergänzt Gutermuth, wurde den impulsstarken Zuckerwaren zugeschlagen. Geringere Inventurdifferenzen sowie das Umsatzplus bei Süßwaren führe zu einer raschen Kompensation der Anschaffungskosten.

Ebenfalls im Test waren auf Wunsch des Kaufmanns Regalvorschubsysteme. Sie sorgen für eine verbesserte Optik, sind aber nach Einschätzung von CFP Brands nicht allein ursächlich für die enormen Umsatzzuwächse. Diese basieren in diesem Test vor allem auf einer breiteren und auffälligen Platzierung der Bonbons. Im Fall von Staufers ergab sich ein Umsatzplus für diese Subwarengruppe von 108 Prozent. Platziert wurde direkt über dem Kassenlaufband. In den Regalen gegenüber befanden sich die Schokoladenriegel, die, breit platziert, ebenfalls einen deutlichen Umsatzschub von 81 Prozent erfuhren.

Aus dem zentralen Kassenbereich verbannt wurden Nonfood-Artikel wie Batterien, Leuchtmittel, Telefonkarten, Gutscheine etc.. Sie haben am weiteren Umfeld der Kasse ihren Platz gefunden. Gemessen an der Impulskraft spielen sie eine untergeordnete Rolle, werden aber im Check-out-Bereich erwartet.

Das Ergebnis: In den optimierten Testmärkten stiegen die Umsätze und Roherträge in allen Warengruppen. Insgesamt ergab sich bei diesem Beispiel ein Umsatzplus von 29 Prozent und eine Rohertragssteigerung von 38 Prozent.

Der Fünf-Punkte-Check für Ihre Kasse
Empfehlungen von CFP Brands für die optimierte Kassenplatzierung.
  • Ganzheitliche Betrachtung! Wegen des beschränkten Platzes sollte ein ausgewogenes Sortiment aus den verschiedenen Warengruppen an der Kasse umgesetzt werden.
  • Impulsartikel nutzen! Vor allem Süßwaren haben eine große Impulswirkung und erzielen so Zusatzumsätze. Gesehen = Gekauft!
  • Süßwaren richtig platzieren! Die Artikel in den aus Sicht des Kunden relevanten Warengruppen nach Marken und Verpackungsformen sortiert platzieren: Dabei Wechselplatzierung an den Fronten mit Kaugummi und Ferrero-Artikeln, die impulsstarken Bonbons am Kassenlaufband und Schokoladenriegel gegenüber.
  • Verfügbarkeit sichern! Impulsartikel sind Schnelldreher. Vermeiden Sie Leerräume durch rechtzeitiges Auffüllen und Bevorratung. Oft sind gerade gefragte Artikel vergriffen, und so gehen Ihnen Umsätze verloren. Verantwortlichkeiten festlegen.
  • Preisauszeichnung pflegen! Die Preisauszeichnung ist für den Kunden wichtig und hilft bei der Nachbestückung der Artikel.

Timo Gutermuth, CFP Brands, ist überzeugt, dass auch in anderen Märkten bei ganzheitlicher Betrachtung der Kassenzone noch Umsatzpotenziale schlummern. „Optimierte Kassenregale mit ausgewogenen Sortimenten und vor allem mit der Platzierung der zumeist unterschätzten Bonbons am Kassenlaufband führen zu beträchtlichen Umsatz- und Ertragssteigerungen für den Einzelhändler.“

Das unterstreicht Füchtner: „Daher werden wir dieses Konzept jetzt sukzessive auf alle Staufers-Märkte übertragen.“

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Su?ßwaren: Category Management fu?r Kassenzone (Bildquelle: Belz)
Bild öffnen Aufräumer bei Staufers: Carmen Achhammer (v .l.), Buran Kaymak, Matthias Füchtner (hinten r.) sowie Timo Gutermuth (CFP Brands).
Bild öffnen Freier Blick und direkter Zugriff auf impulsstarke Kaugummis und Bonbons.
Bild öffnen Vorschubleistung: eine Option bei den Regal-Systemen.
Bild öffnen Stand-alone-Lösung an der Kassenfront für Ferrero-Produkte.
Bild öffnen Kontrollierter Zugriff durch Tabakschränke mit deutlich geringeren Inventurdifferenzen im Segment „sonstige Tabakwaren“.
Bild öffnen Beispiele für Kassenkonzepte, die von Wrigley umgesetzt wurden: 1. Frontal optimiert: Die Nachher-Ansicht im Globus Gera
Bild öffnen 2. Leuchtendes Beispiel: Leuchtturmprojekt bei Edeka Werner in Lichtenfels
Bild öffnen 3. Impulsfördernd: Beleuchtetes Element bei Valora P&B im Airport Hamburg