WPR Spezialisten gefragt

Maßgeschneiderte Lösungen spielen eine große Rolle bei WPR. Aktionen drückten allerdings die Preise. Weiterhin im Fokus: Nachhaltigkeit und „grüne“ Produkte.

Montag, 27. September 2010 - Sortimente
Susanne Klopsch
Artikelbild Spezialisten gefragt
Ulrike Brückner-Christoph,  The Nielsen Company

Saubere Wäsche, sauberes Geschirr, eine blinkende Küche: Und das mit ganz viel Natur und Nachhaltigkeit im jeweiligen Reinigungs Produkt. So hätten es die meisten Verbraucher am liebsten. Allerdings fehlt 53 Prozent von ihnen laut einer Umfrage von TNS Infratest derzeit das Vertrauen in die ökologischen Wasch- und Reinigungsmittel. Sie halten konventionelle für überlegen. Bei 65 Prozent wäre die Kaufbereitschaft höher, wenn die Reinigungs Leistung eher den Erwartungen entspräche. 70 Prozent von ihnen ist der Preis für ökologische Reinigungsprodukte zu hoch. Die Kaufmotivation positiv beeinflussen nach dieser Befragung biologisch abbaubare Inhaltsstoffe (bei 83 Prozent), eine umweltfreundliche Verpackung (79 Prozent) und Waschmittel-Konzentrate (79 Prozent). Waschmittel für Niedrigtemperaturen (72 Prozent) und Mittel für Kurzprogramme (70 Prozent) folgen.

Die Industrie arbeitet mit Hochdruck daran, den Spagat zwischen effizientem Reinigen und nachhaltigen Wirkstoffen zu meistern. Doch Nachhaltigkeit ist ein vielschichtiges, sperriges Thema. Das musste auch Henkel für die Marke Terra feststellen, die seit Oktober 2008 auf dem Markt ist. Die Komplexität eines nachhaltigen Vorgehens „ist Verbrauchern nur sehr schwer kurz und verständlich zu kommunizieren“, wie Georg Baratta-Dragono sagt, Geschäftsführer des deutschen Wasch- und Reinigungsmittel Geschäfts von Henkel. Zur Gewinnung neuer Käufer werden die Besonderheit von Terra und die Unterschiede zu anderen Produkten ab Oktober klarer kommuniziert (vgl. LP 17).

Nachhaltigkeit bedeutet für Henkel daneben vor allem, den Bereich Niedrigtemperatur-Waschmittel zu forcieren: „Wäscht man bei 30 statt 60 Grad, liegt – durchschnittliche Verbrauchswerte angekommen – die Differenz bei 480 g CO2 pro Wäsche“, sagt Stephan Füsti-Molnár, Vertriebsleiter des deutschen Wasch- und Reinigungsmittelgeschäfts, „bei drei Wäschen pro Woche summiert sich das auf 74 kg CO2 im Jahr.“ Die Düsseldorfer entwickelten Persil Gold (wirkt ab 20 Grad Waschwasser-Temperatur) sowie das hochkonzentrierte Persil ActicPower, das schon ab 15 Grad reinigt. Auch der Geschirrspülreiniger Somat Perfect Gel helfe, Strom und CO2 zu sparen, da er schon ab 40 Grad Wassertemperatur zuverlässig reinige.

Generell liefen die Geschäfte der Düsseldorfer bei WPR hier zu Lande im ersten Halbjahr gut, das Wachstum lag über dem Markt. Allerdings, so Füsti-Molnár, führte der starke Promotion- und Preiswettbewerb zu einem deutlichen Rückgang der Preise. Für ihn ist die Entwicklung der flüssigen Universalwaschmittel ein weiterer wichtiger Trend im Segment: Diese Produkte legten 2009 um rund 20 Prozent zu. Bei Reinigungsmitteln spiele nach wie vor die starke Reinigungsleistung eine große Rolle: Im Oktober launchen die Düsseldorfer General Brillanz. Er soll kaum Schaum bilden und zwei Mal schneller als herkömmliche Allzweckreiniger trocknen, so dass sich keine Streifen bilden sollen.

Krisenfest waren auch die Frosch-Produkte aus dem Hause Erdal-Rex: „Vor allem der Frosch-Reiniger behauptet sich gut“, sagt Geschäftsführer Günter Scheinkönig. Die Kunden zeichneten sich durch hohe Markentreue aus. Als Pionier sehen sich die Mainzer durch den mindestens 50 Prozent betragenden Recyclatanteil in den Kunststoffverpackungen.


{tab=Neue Produkte}



Auf Waschen bei niedrigen Temperaturen setzt auch Procter & Gamble mit Ariel Exel Gel. Neu ist Ariel mit Actilift. „Ein neues, bislang unbekanntes Enzym glättet die mikroskopisch kleinen Fasern der Kleidung. Dadurch hat der Schmutz weniger Angriffsfläche und löst sich leichter“, heißt es aus Schwalbach. Auf lange Sicht spare dieses Verfahren Wasser, Strom und CO2. Actilift wird produktübergreifend in Ariel Pulver, Flüssig, Tabs und dem Excel Gel eingesetzt. Für Procter & Gamble ist der Preis weiterhin Hemmschuh in Sachen Öko: „Es sind nur wenige Verbraucher bereit, für besonders umweltschonende Waschmittel einen Aufpreis zu zahlen oder Kompromisse bei der Leistung zu akzeptieren. Öko-Produkte werden auch in absehbarer Zukunft eine Nische bleiben.“

Das sieht man naturgemäß bei Ecover ganz anders. Für das Unternehmen machen Nachhaltigkeit und Ökologie den Markenkern aus, dabei werde größter Wert auf die Wirksamkeit der Produkte gelegt. Für die Produkte sollen natürliche bzw. möglichst naturnahe Rohstoffe auf pflanzlicher und mineralischer Basis verwendet werden. Das Wachstum der Marke, unter der biologisch vollständig abbaubare Wasch- und Reinigungsmittel angeboten werden, wuchs im LEH (inclusive Drogeriemärkte) nach Angaben von Dirk Seifert, Country Manager Deutschland, stärker als der Markt. Vor allem konnte die Distribution ausgebaut werden.

Völlig überarbeitet wurden die Spülmaschinentabs: Diese reinigen nun mit einem Tensid, das unter Verwendung der Zellulose aus Stroh und Kleie sowie anderen Nebenprodukten der Landwirtschaft gewonnen wird. Bei Waschmitteln bietet Ecover ein Baukasten System mit fünf Produkten an (drei Pulver, zwei Flüssig Waschmittel). Zudem gehe der Trend eindeutig zu Konzentraten. Das Unternehmen verzichtet bislang auf die Entwicklung von Niedrigtemperatur-Waschmitteln, „da die notwendigen Inhaltsstoffe nicht mit unserer Nachhaltigkeits Philosophie in Einklang zu bringen sind“.

Die derzeitig verfügbare Technologie habe zudem Nachteile: Fett- und Eiweißflecken seien wirksam nur mit Enzymen zu entfernen – naturidentische Enzyme (und andere Inhaltsstoffe) brauchen laut Seifert aber eine Temperatur von 30 Grad, um optimal zu arbeiten bzw, sich aufzulösen. Zudem leide die Maschinenhygiene durch das permanente Waschen bei niedrigen Temperaturen. „Ein in jeder Hinsicht funktionierendes und nachhaltiges Kaltwaschmittel bleibt wünschenswert und eine Herausforderung für die Zukunft“, so Seifert.

Konzentration ist die Devise von Blue Wonder International: Die Niederländer bieten dem LEH (Geschäftsführer Pieter van der Maas:„Discount ist nicht unsere Zielgruppe“) unter der Marke Blue Wonder Klassik drei Reiniger an. Der „Alles in einem Reiniger“, Bodenreiniger sowie der Badezimmerreiniger sind vierfach-konzentriert (je 750 ml). Der Vertrieb wird von den Niederlanden aus organisiert (Info: www.pieksauber.de). In den Niederlanden ist die Marke seit 2005 etabliert, die Produkte gehören nach eigenen Angaben zu den WPR-Topsellern im Handel.


{tab=Nachhaltige Aktionen}
Laut Umweltbundesamt (UBA) werden hier zu Lande jährlich etwa 640.000 t Waschmittel verbraucht. Das sind pro Kopf etwa 8 kg. Hinzu kommen 220.000 t Weichspüler, Wäschepflegemittel etc. Nachhaltigkeit ist daher für alle WPR-Hersteller ein Thema. Allein die Wege unterscheiden sich. So informiert Reckitt Benckiser in seiner Aufklärungskampagne „Unser Zuhause – Unsere Erde“ über das richtige Spülen und Waschen sowie den ökologisch korrekten Einsatz von Reinigungsmitteln. Zudem engagiert sich das Unternehmen im Forum Waschen beim „Aktionstag nachhaltiges (Ab-)Waschen“, den auch das UBA unterstützt, und der jährlich stattfindet. Ecover hat ein Diamant-Modell entwickelt: Das Prüfsystem soll die Nachhaltigkeit von WPR-Produkten anhand von 13 Kriterien sichtbar und vor allem messbar machen. Dabei wird der gesamte Produktzyklus von der Rohstoffgewinnung über die Anwendung im Haushalt bis zur biologischen Abbaubarkeit betrachtet.

www.umweltbundesamt.de; www.forum-waschen.de:

www.ecover.de; www.rb.com

{tab=Sauberes Wachstum, Diagramm}
Umsatzverteilung WPR-Markt in 1.000 Euro nach Vertriebslinien; Juli 2009-Juni 2010; in Klammern: Veränderungen in Prozent.


Promotions spielen eine große Rolle im Bereich WPR. Dies sagt Ulrike Brückner-Christoph, WPR-Expertin bei The Nielsen Company, in ihrer Marktbetrachtung.

Bio und Nachhaltigkeit sind wichtige Trends. Wie sieht das im Bereich WPR für den klassischen LEH bzw. Drogeriemärkte aus?

Ulrike Brückner-Christoph: Das Thema Nachhaltigkeit ist durchaus auch im WPR Bereich angekommen. Die Vielfalt der verschiedenen Siegel und Auslobungen macht es für uns allerdings schwierig, hier quantitative Aussagen auf Handelspaneldaten zu treffen. Aus unseren Befragungen der Panelhaushalte wissen wir aber, dass rund ein Viertel der Befragten angibt, beim Kauf von Reinigungs- und Waschmitteln auf Umweltsiegel zu achten. Mehr kosten dürfen diese Produkte aber auch nicht unbedingt, zumindest geben nur 20 Prozent der Haushalte an, dass sie für umweltverträgliche Produkte auch einen Preisaufschlag zahlen würden. Übrigens sind es vor allem die älteren Konsumenten, die sich durch Umweltorientierung auszeichnen, während sich junge Singles oder junge Paare ohne Kinder eher ablehnend äußern.

Könnten Siegel bei der Orientierung helfen?

Wir stellen durchaus fest, dass seitens der Hersteller verstärkt mit diversen Umweltsiegeln gearbeitet wird. Auch neue Marken und Varianten im Markt greifen das Thema auf. Auf der anderen Seite sind die Werbespendings im WPR-Bereich zum Thema Umwelt laut Nielsen Media im ersten Halbjahr 2010 um fast 50 Prozent zurückgegangen, verglichen mit dem zweiten Halbjahr 2009. „Umwelt und Energiesparen“ scheinen als Tenor der Kommunikation bei WPR-Produkten alleine allerdings nicht zu reichen – ohne Betonung der „kraftvollen Wirkung“ geht es offenbar nicht. Das heißt: „Umweltschonend“ ist im WPR-Bereich eindeutig ein Zusatznutzen – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Hat die Krise, von der immer wieder die Rede war, die Verbraucher bewegt, häufiger zu Handelsmarken-Produkten greifen?

Wenn man die Umsätze in LEH und Drogeriemärkten insgesamt und über alle Food- & Nearfood-Warenklassen hinweg betrachtet, haben Handelsmarken im ersten Halbjahr 2010 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum in der Größenordnung von 1 Prozent leicht zugelegt, Markenartikel leicht verloren. Die Auslöser dieser Entwicklung sind jedoch vor allem im Food-Bereich zu suchen. Für Nearfood Total zeigten die Handelsmarken eine insgesamt stabile Entwicklung. Speziell bei Reinigungs- und Pflegemitteln verlieren die Handelsmarken sogar im ersten Halbjahr rund 2 Prozent Umsatz, allerdings bei einem überdurchschnittlich hohen Anteil. Bei den Waschmitteln verlieren die Handelsmarken 3 Prozent. Die Markenartikel weisen einen positiven Trend auf, forciert durch einen deutlich gesteigerten Promotiondruck. Dies hat letztlich für die gesamte Waschmittelkategorie ein Umsatzwachstum von knapp 3 Prozent gebracht.

Welches sind nach Ihrer Ansicht die wesentlichen Trends in dieser Warengruppe?

Einen starken neuen Trend wie z.B. vor einigen Jahren die „Powerreiniger“ gibt es derzeit nicht. Hohe Bedeutung haben aber nach wie vor die Promotions: Die Anzahl der Promotionprodukte mit Mehrinhalten von 20, 30 oder gar 50 Prozent nimmt weiterhin deutlich zu. Allerdings scheinen sich die Konsumenten an die Promotions zu gewöhnen und sie gezielt zur Bevorratung zu nutzen. Bei Waschmitteln ist neben dem Thema „Niedrigtemperatur“ ein Trend zu stärker konzentrierten Produkten zu beobachten. Auch können die flüssigen Produkte im Vergleich zum Pulver etwas aufholen, wobei deren Bedeutung in Deutschland nach wie vor unter dem europäischen Durchschnitt liegt. Zudem beleben Neuprodukte und Innovationen den gesamten WPR-Markt und erhöhen die Vielfalt. Das heißt, der Verdrängungswettbewerb nimmt weiter zu, denn ein Mehrkonsum ist in diesen Warengruppen eher nicht zu erwarten.

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