Bier Die bunte Zukunft der Bierbranche

Auf der Suche nach neuen Wachstumschancen haben die deutschen Brauereien schon lange die Welt der alkoholfreien Getränke für sich entdeckt. Aktueller Trend: Fassbrausen.

Mittwoch, 18. April 2012 - Sortimente
Tobias Dünnebacke
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Nach den Erfolgsmodellen Bionade und dem Biermix Schöfferhofer Grapefruit kann sich die Kölner Brauerei Gaffel auf die Fahnen schreiben, in der Branche den auffälligsten Trend der jüngeren Vergangenheit angestoßen zu haben: Fassbrause. 2011 wurden laut Aussage der Kölner 16,7 Mio. Flaschen der neuen Marke verkauft. Eine Erfolgsstory, die aufhorchen und den Wettbewerb reagieren lässt. Neben zahlreichen kleineren Brauereien kommt jetzt auch Veltins mit den Varianten Zitrone und Holunder national in den Handel. Der Carlsberg-Konzern schickt für seine Marke Holsten ab März eine Fassbrause Zitrone ins Rennen und hat dabei den norddeutschen Handel und die Gastronomie im Visier. „Ein bisschen Retro, trotzdem stylisch“, beschreibt Dr. Thomas Stauder von der Privatbrauerei Stauder die eigene Zitronen-Fassbrause, die ebenfalls jetzt zum Frühjahr in den Markt kommt. Branchen-Gerüchten zufolge will auch Krombacher den „bunten“ Trend nicht verpassen und werkel t bereits an einem eigenen Produkt, das sich gut in das bereits breite Portfolio alkoholfreier Getränke (Schweppes, Orangina, Dr. Pepper) integrieren würde.

Der Trend ist also unverkennbar. Doch was ist eigentlich Fassbrause? Eine genaue, gesetzlich geregelte Definition gibt es nicht. Ihre Premiere hatte die Mischung aus Limonade und alkoholfreiem Bier in Berlin vor über hundert Jahren, wo sie von den Brauereien ausschließlich (und daher der Name) aus Fässern gezapft wurde. Dass ausgerechnet eine Kölsch-Brauerei aus Nordrhein-Westfalen den Trend wiederbelebt, scheint zunächst überraschend. Der Erfolg aber hat die Idee von Gaffel bestätigt. Der Boom ruft jetzt nicht nur Wettbewerber auf den Plan, sondern auch den Verbraucherschutz. So beklagen inzwischen Lebensmittelkontrolleure, dass es sich bei den neuen Trendgetränken nicht um „Brausen“ im rechtlichen Sinne handelt, sondern schlicht um „alkoholfreie Mischgetränke“. Sollte dies stimmen, ist die Bezeichnung doppelt falsch, denn die Getränke werden heutzutage in Flaschen abgefüllt und stammen keinesfalls aus einem Fass. Ob es zu Verfahren kommen wird u nd wie auch immer die Entscheidung ausfällt: Der Name „Fassbrause“ hat sich schon jetzt im Gedächtnis der Verbraucher festgesetzt und wird so schnell nicht aus der Getränke-Branche verschwinden. Der Grund liegt in den Themen, die von den Brausen abgedeckt werden: Wahlweise können sie als Erfrischungsgetränke oder alkoholfreie Biermischungen gesehen werden. Für eine wachsende Klientel ebenfalls wichtig: Die neuen Fassbrausen sind kalorienarm: „Veltins Fassbrause steht für einen individuellen, fruchtig-spritzigen Geschmack, greift dabei zugleich den Trend nach deutlich kalorienreduzierten Getränken für eine bewusstere Ernährung auf“, sagt Dr. Volker Kuhl, Geschäftsführer Marketing/Vertrieb der Brauerei C. & A. Veltins. Veltins Fassbrause rangiere ernährungsphysiologisch mit 22 kcal/100 ml an der untersten Skala ihrer Produktgruppe. Während Apfelsaft und Limonaden fast doppelt so viel Kalorien enthalten, besitzen Eistee und alkoholfreies Radler immer noch einen um 30 Prozent höheren B rennwert. Auch Stauder und Gaffel betonen den niedrigen Brennwert und weisen zusätzlich auf den hohen Gehalt an Vitaminen und Mineralien hin.

Auch die Marktforscher sehen den unaufhaltsamen Siegeszug der Kategorie: „Für die neuen so genannten Fassbrause-Produkte stehen die Zeichen gut“, sagt ein Nielsen-Sprecher. Die gute Entwicklung der alkoholfreien Segmente sei generell von einem deutlich gestiegenen Werbedruck getragen, der um fast 40 Prozent auf 46 Mio. Euro angestiegen sei. Der Bereich alkoholfreies Bier sei im letzten Jahr wieder deutlich gewachsen. Alle alkoholfreien Sorten wie Weizen, Pils und Schankbier zeigten deutliche Aufwärtstendenzen. Solche Zahlen werden von den Brauern nahezu durch die Bank bestätigt. Die Neumarkter Lammsbräu hat 2011 sogar erstmals mehr alkoholfreie Getränke als Bier verkauft. (eine Steigerung von 59 Prozent auf 69.210 hl gegenüber dem Vorjahr). Lammsbräu ist also ein Parade-Beispiel für den Boom der alkoholfreien Varianten.

Aber auch in Sachen Pils können die Brauer aufatmen: Nach mehreren Jahren mit rückläufiger Entwicklung verbuchte die Sorte erstmals wieder eine leichte Nachfragesteigerung (+ 1,1 Prozent, Absatz in LEH, GAM und Tankstellen). Da mehr als die Hälfte der verkauften Menge auf dieses Segment entfällt, wirkt sich dies auch positiv auf den Gesamtmarkt aus.

Die Trends aus dem Braukessel
Alkoholfreie Biere waren der große Trend 2011 und konnten auf Basis Absatz (LEH, GAM und Tankstellen) stark zulegen
Auch klassisches Kölsch ist derzeit angesagt und zählt zu den auf Absatzbasis am stärksten wachsenden Sorten.

Bild: Varianten wie Zitrone, Holunder oder Waldbeere bringen Farbe in die Brau-Welt.  Bildquelle: fotolia

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