Logistik Neue Vorschriften für den Transport in Europa

Die Europäische Union hat den Transportsektor reformiert, um Lohn- und Sozialdumping abzuschaffen sowie den Wettbewerb fairer zu gestalten. Die Änderungen reichen weit, sogar bis zum Lieferwagen des Einzelhändlers. Hier die wichtigsten Neuerungen.

Sonntag, 09. August 2020 - Sortimente
Markus Wörmann
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Drei Jahre hat man in Europa um das neue Mobilitätspaket gerungen. Ziel der Befürworter war es, die ungleichen Wettbewerbsbedingungen im europäischen Transportwesen zu entschärfen. Lohn- und Sozialdumping von Transportunternehmen, die auf dem Rücken der Fahrer Profite machen, soll aufhören. Bilder von tagelang campenden osteuropäischen Lkw-Fahrern auf deutschen und anderen westeuropäischen Raststätten, die zum Teil über Monate nicht in ihr Heimatland zurückkehren konnten, sollen der Vergangenheit angehören.

Deshalb gilt künftig, dass Fahrer spätestens nach vier Wochen wieder in ihr Heimatland zurückkehren müssen. Lkw sollen innerhalb von acht Wochen mindestens einmal zurück an ihren Standort. Darüber hinaus dürfen die Fahrer ihre Ruhezeiten, also die vorgeschriebenen längeren Pausen, nicht mehr im Fahrerhaus verbringen. Der EU-Beschluss sieht hier vor, dass der Arbeitgeber für eine angemessene Unterbringung aufkommen muss.

Über diesen gut gemeinten Ansatz wird unter Fahrern nicht zuletzt in den sozialen Medien heftig diskutiert. Denn auch der deutsche Fernfahrer, der einen Wochenendstopp in der rumänischen Provinz einlegt, müsste sich jetzt dort ein Hotel nehmen. Vielen ist aber das eigene Bett im 150.000-Euro-Brummi deutlich lieber. Die kurzen, etwa 45-minütigen Fahrzeitunterbrechungen, dürfen weiterhin in der Kabine verbracht werden.

Die Kabotage, also eine Transportdienstleistung innerhalb eines Landes durch einen ausländischen Unternehmer, soll auf drei pro Woche begrenzt werden. Danach folgt eine Ruhephase von vier Tagen pro Lkw und Fahrer. Während der Kabotage ist der Lkw-Fahrer, egal aus welchem Land er kommt oder in welchem sein Unternehmen ansässig ist, nach dem Mindestlohn des Landes zu bezahlen, in dem er gerade tätig ist. Das gilt nicht für Transitfahrten. Hier ist der Beladungsort maßgeblich.

Um das alles zu kontrollieren, werden Fahrten – jetzt auch über Grenzen hinweg – mittels eines intelligenten Tachographen dokumentiert. Das ist nicht ganz neu, wird aber bis 2025 zur Pflicht.

Neu ist, dass jetzt auch Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 2,5 bis 3,5 Tonnen der Tachographen-Pflicht unterliegen. Hierbei hatte man die sogenannten „Polen-Sprinter“ im Visier. Fahrzeuge mit einem geringen Gesamtgewicht auf dem Papier, aber mit hohen Aufbauten, die allerlei Fracht transportieren konnten. Sie fuhren bisher völlig unter dem Radar der Behörden.

Das betrifft aber auch den Bulli des Supermarktes, mit dem kleinere Auslieferungen beim Kunden oder Abholungen beim örtlichen Bauern gemacht werden. Hier hat die Europäische Union eine Ausnahmeregelung vorgesehen, „wenn die Beförderung nicht als gewerbliche Beförderung, sondern durch das Unternehmen oder den Fahrer im Werkverkehr erfolgt und das Fahren nicht die Haupttätigkeit der Person darstellt, die das Fahrzeug führt“. Bedeutet, dass man am besten verschiedene Mitarbeiter solche Fahrten machen lässt und keine fremde Ware gegen Entgelt von A nach B transportiert. Oder man entscheidet sich bei einer Neuanschaffung in den nächsten 4,5 Jahren gleich für einen kleineren Lieferwagen.