Obst und Gemüse Alle wollen Äpfel

Ob als Snack, als Beigabe in der Brotdose oder aufgeschnitten im Müsli – Äpfel sind hierzulande die beliebteste Obstsorte. Derzeit sollten sie aber verpackt sein.

Donnerstag, 18. Juni 2020 - Sortimente
Stefanie Aue
Artikelbild Alle wollen Äpfel
Bildquelle: Marc Gaillet

Wenn es ums Obst geht, ist die Lage eindeutig: In Deutschland werden mit Vorliebe Äpfel angebaut und gekauft. Bei der Produktion von frischem Obst liegen sie weit vor der zweitplatzierten Obstsorte, den Erdbeeren. Die Apfelernte in Deutschland fiel in den letzten Jahren jedoch sehr unterschiedlich aus. Nach einem herben Schlag durch Frost und Kälte im Jahr 2017 (weniger als 0,6 Millionen Tonnen) folgte 2018 ein außergewöhnlich gutes Erntejahr (knapp 1,2 Millionen Tonnen). 2019 kehrte die deutsche Apfelproduktion mit rund 1 Millionen Tonnen Äpfeln wieder zu ihrem gewohnten Maß zurück (Quelle: AMI/Destatis).

Beliebter als Bananen
Äpfel sind hierzulande sogar noch beliebter als Bananen. Das zeigt ein von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) durchgeführtes Ranking der beliebtesten Obst- und Gemüsesorten (gemessen an Ausgaben pro Haushalt).

Was aber verleitet die Verbraucher dazu bei Äpfeln zuzugreifen? „Für eine erfolgreiche Vermarktung muss ein Apfel schmecken, lange lagerfähig und frisch sein“, weiß Arthur Heinze, Vertriebsleiter Obst bei Landgard Obst & Gemüse, zu berichten. Endkonsumenten bevorzugten Äpfel, die ein bissfestes Fruchtfleisch hätten. Aber auch die Optik sei entscheidend. Besonders zweifarbige Äpfel mit einer ausgeprägten roten Färbung lägen weit vorne in der Gunst der Verbraucher.

Das bestätigt auch Sylvio Möller, zuständig für den Einkauf von Obst & Gemüse bei der Bio Company: „Die Kaufentscheidung des Verbrauchers hängt maßgeblich von der Optik des Apfels ab. Gewünscht sind meist rotschalige Äpfel, die makellos aussehen.“ Da oft nach den schönsten Äpfeln gewühlt werde, müsse ein Apfel robust und wenig anfällig für Druckstellen sein. Hans-Jörg Friedrich, Vorstand bei Pfalzmarkt, legt hier einen exakten Maßstab fest. „Optisch sollte die Rotfärbung idealerweise über 50 Prozent betragen“, meint er.

„Beliebt sind Äpfel mit einer guten geschmacklichen Mischung aus Süß und Sauer. Der Biss sollte knackig und saftig sein“, ergänzt Inga Mohr, Leitung Marketing bei der Obst vom Bodensee Vertriebsgesellschaft. „Wir sind Deutschlands südlichste Anbauregion mit einem dementsprechend milden Klima.“ Dieses ideale Klima führe zu einem ausgewogenen Zucker-Säure-Verhältnis und somit zu einem ausgewogenen Geschmack. Immer mehr an Bedeutung gewinnen auch der Wiedererkennungswert und die dauerhafte Verfügbarkeit der Apfelsorten, erklärt Uli Budnik, Inhaber von REWE Homberg & Budnik in Dortmund.

Bekanntheit steigern
Als eine der wichtigsten Obstsorten sind Äpfel aus den Frischfruchtabteilungen nicht mehr wegzudenken. Sylvio Möller bestätigt dies: „Äpfel sind bei Bio Company der TOP-1 Artikel im Frischebereich, noch vor Bananen.“ Was Äpfel angeht, arbeitet die Bio Company eng mit dem Produzenten Bio-Obst Augustin zusammen. Das hat bei den Kunden Wiedererkennungswert. „Die Marke Augustin ist mittlerweile bei Kunden im Zusammenhang mit dem Produkt ‚Apfel‘ etabliert“, so Möller. „Über Jahre hinweg wurde und wird dies am PoS herausgehoben – zum Beispiel über Herstellerporträtposter, Verkostungsaktionen im Pop-up-Store der Bio Company in der Berliner Yorckstraße oder eigens für die beliebtesten Apfelsorten erstellte Preistafeln, auf denen über den Eigenschaften des Apfels das Augustin-Logo thront.“

Darüber hinaus versuche Bio Company die Saison mit Augustin Äpfeln so lange wie möglich attraktiv am PoS zu gestalten. Eine gewisse Auswahl an Sorten und extra gestaltete Verpackungskonzepte sollen dabei helfen. Beispiele dafür sind die Premium-Kaliber-Äpfel im attraktiven 4er-Papp-Tray oder – ganz aktuell – die Vermarktung von Äpfeln mit Schalenfehlern aus vermehrtem Hagelschlag als „Potzblitz“-Hagelapfel in der Zwei-Kilogramm-Vorteilstüte. So möchte das Unternehmen den Produzenten unterstützen, soviel wie möglich seiner Ernte vermarkten zu können und bei den Konsumenten das Bewusstsein schärfen, dass vom Baum – je nach Saisonverlauf – nicht nur makellose Früchte gepflückt werden können.

Clubsorten im Kommen
Bei der Vermarktung von Äpfeln spielt längst nicht mehr nur das Obst an sich eine Rolle. Auch Vermarktung und Verpackung wollen sorgfältig gewählt werden. „Bei Äpfel setzt sich der Trend zu besonderen ‚Marken‘ weiter fort, die Anzahl neuer Clubsorten steigt an“, sagt Arthur Heinze von Landgard. „Mit Evelina bieten wir ab der Saison 21/22 bei Landgard eine neue Clubsorte an, die mit ihrer Qualität, besonders süßem Geschmack und guter Lagerfähigkeit überzeugt“, so Heinze.

Unterdessen wird die Einführung der neuen Apfelmarke Fräulein von seinen sechs Erzeugerorganisationen weiter vorangetrieben. Der ab Oktober 2020 im Lebensmittel-Einzelhandel (LEH) erhältliche Apfel wurde auf der Fruit Logistica offiziell vorgestellt und kann auf ein ausgefeiltes Marketingkonzept bauen. Auch die Obst vom Bodensee Vertriebsgesellschaft wird den Fräulein ab Herbst in seinem Sortiment anbieten.

Verpackung verspricht Sicherheit
Präsentiert werden Äpfel jedoch nicht nur durch ihren Markennamen und den damit verbundenen Wiedererkennungswert, auch die Verpackung muss den Verbraucher überzeugen. Direkt mit der Corona-Krise zusammen hängt die gestiegene Nachfrage nach verpackten Produkten. „Die Nachfrage der Märkte ist auch in diesen Tagen hoch und wir müssen die Abverkäufe gut planen, damit wir unsere Kunden wie gewohnt bis zum Übergang zur neuen Ernte bedienen können,“ betont VOG-Direktor Walter Pardatscher. Dabei zählt auch ein gestiegenes Umweltbewusstsein. „PE-Beutel oder Foodtainer mit Folie werden von vielen Kunden mittlerweile abgelehnt“, berichtet Sylvio Möller. „Was mehr wird, sind Foodtainer aus kompostierbaren Materialien sowie Cellulosenetze anstatt PE-Beutel.“

Regionalität als Kaufargument
Immer öfter fragen die Verbraucher auch nach der Herkunft der von ihnen gekauften Waren. Vor allem im Obst- und Gemüsebereich wollen die Konsumenten wissen, wo ihre Lebensmittel herkommen. Das ist bei Äpfeln nicht anders. Das hat auch Arthur Heinze beobachtet: „Regionalität und die Herkunft Deutschland gewinnen an Bedeutung.“ Und Rewe-Kaufmann Uli Budnik sagt ganz klar: „Der Trend zu Regionalität nimmt zu.“

Bei Bio Company wird bei der Frage nach Regionalität weiter differenziert. „Für uns als regional ausgerichtetes Unternehmen nimmt Regionalität einen besonderen Stellenwert ein“, sagt Sylvio Möller. Dennoch sei das Alte Land aufgrund seiner besonderen Lage und Bodenbeschaffenheit nicht umsonst das Hauptanbaugebiet für Kernobst in Deutschland. „Die dort produzierte Qualität kann auch in der Quantität auf sandigem Markboden nicht erzielt werden“, so Möller. Qualität gehe hier vor – was auch die Kundennachfrage nach Äpfeln aus dem Alten Land bestätige. Gleichzeitig unterstütze man jedoch den regional produzierenden Obsthof Senst, dessen Santana Bio Company vertreibe, solange dieser am Markt verfügbar sei.

Der Elstar führt
„Elstar ist des Deutschen Liebling“, ist sich Sylvio Möller sicher. „Daneben werden mengenmäßig der Jonagold und seine Mutanten (Red Jonaprince, Jonagored, Marnica) am meisten gekauft.“ Die Sorte Wellant werde immer beliebter. Bei alten Sorten entstehe ein Zwiespalt: sie würden gewünscht, aber nur in geringen Mengen vom Verbraucher gekauft. „Holsteiner Cox und Boskoop sind die beliebtesten alten Sorten bei uns. Sie sind allerdings wie viele alte Sorten nur bis in den frühen Winter lagerfähig. Ab dann neigen sie zu Fruchtfleischbräune“, so Möller.

Uli Budnik hat beobachtet, dass bei den Konsumenten neben Regionalität und Bio-Qualität auch ältere Sorten beliebt sind. Insbesondere Verbraucher mit Unverträglichkeiten griffen auf diese zurück. „Im Rheinland gehören nach wie vor Elstar, Gala, Braeburn und Pinova zu den Favoriten. Aber auch die alten Sorten wie Boskoop und Rubinette vermarkten wir weiterhin erfolgreich“, sagt Arthur Heinze von Landgard. „Seit vier Jahren verzeichnen wir außerdem eine höhere Nachfrage bei der Sorte Wellant.“

Neue Züchtungen bringen Farbe
Und in Zukunft? „Wellant und Natyra sind junge Sorten, die sich in den kommenden Jahren weiter etablieren werden“, meint Sylvio Möller. In den letzten 15 Jahren habe sich in Sachen Züchtung viel getan. „Im ökologischen Obstbau wird neben Geschmack, Optik und Baumgesundheit auch auf Resistenz gegen Schadpilze gezüchtet, was enorme Vorteile bringt.“ Nach und nach würden diese neuen Sorten nun in größeren Mengen angebaut werden. Ob diese Sorten vom Handel und letztendlich auch dem Kunden angenommen werden, werde sich jedoch noch zeigen müssen.