Frühstück Sexy Haferschleim

Wie Frühstück und Abendbrot eingenommen werden, hängt vom Wochentag ab. Samstags und sonntags darf´s auch gern mal üppiger sein – in Menge, Dauer und Kalorienbudget. Werktags kippt die Prioritätenliste Richtung: Convenience, Energie, Emotionen, Superfood, Individualität, Regionalität, vegan. Neue Trends wie Porridge inklusive.

Donnerstag, 18. Januar 2018 - Sortimente
Friederike Stahmann
Artikelbild Sexy Haferschleim
Bildquelle: Getty Images, Urs Bade

Must-have auf dem Frühstückstisch 2018? Porridges, was sonst. Nach dem Krieg kostengünstiger Sattmacher, in den 60er- und 70er- Jahren verhasstes Hausmittel gegen Bauchschmerzen, 2018 – mit einem Upgrade versehen – feiert er unter dem Namen Porridge ein Comeback: der Haferschleim. Aus der Schmuddelecke geschlüpft, gehört er zu den innovativen Frühstücksprodukten für Sportler, Aktive und Gesundheitsbewusste. Instagram und Pinterest inspirieren täglich dazu, aus Porridge (englischer Name), Oatmeal (amerikanischer Name) und Overnightoats (Zubereitungsart) bunte Brei-Kunstwerke zu kreieren. Optisch und geschmacklich sind Obst, Nüsse und Kerne dabei Toppings.

Die morgendlichen Fitmacher starten durch und „positionieren sich jetzt schon dementsprechend auf dem Markt“, analysiert Michael Steib, Account Manager beim Lohnverpackungsspezialisten für Getreideprodukte, Crealia. Die gesamte Kategorie Müsli erzielt dadurch einen mengenmäßigen Zuwachs. Laut Marktforscherin Kerstin Gomez von Nielsen sogar „trotz weiterer preislicher Erhöhungen“. Die Zahl der Anbieter ist derzeit noch überschaubar: Sie reicht von der Tiroler Biomanufaktur Verival über das Münchner Unternehmen 3Bears, Foodspring bis hin zu My-Muesli. Wer die Instantvariante bevorzugt, greift zu den Produkten von Ruf, Kölln oder Schapfenmühle.

Dass die warme Hafermahlzeit auch kalt verzehrt werden kann, beweist der Schweizer Molkereiriese Emmi. Das Unternehmen bietet hierzulande den ersten löffelfertigen Porridge an. „Das Trendfrühstück zieht junge Konsumenten an, die auf der Suche nach einem schnellen, gesunden Snack sind“, sagt Dagmar Peters von Emmi Deutschland. In klassischer Rezeptur ist Porridge für ein Frühstück on-the-go oder eine Zwischenmahlzeit unterwegs konzipiert.

Ebenfalls löffelfertig, doch tiefgefroren, kommen die „Breakfast Bowls“ von Farmers Land Food daher. Im Oktober 2017 bei der Anuga in der Innovation-Show präsentiert, setzen die Ratinger auf den Trend gesunder Mahlzeiten in der Schale – auch beim Frühstück. Die Bowls bestehen aus Joghurt, Früchten, Nüssen, Müsli und sogenannten Superfoods wie Açaí-Beere, Himbeeren oder Blaubeeren. Die Schalen werden im Kühlschrank, der Mikrowelle oder bei Zimmertemperatur aufgetaut und sind dann verzehrfertig. „Mit unserem neuesten Produkt wollen wir einmal mehr zeigen, dass wir Innovationsgeber im TK-Health Food-Bereich sind“, ist Ralph Schulz von Farmers Land überzeugt.

In der Kategorie Müsli punkten beim Verbraucher Slogans wie „fit“ und „gesund“. Die Palette der Attribute reicht von „low carb“, „weniger Zucker“ bis hin zu „30 Prozent weniger Fett“. Laut einer Umfrage von IRI kauften 2017 mehr als zwei Drittel der Konsumenten in Deutschland gesunde Lebensmittel nach dem Motto: weniger ist mehr, also mit weniger Salz, Zucker, Fett oder Kalorien.

Für Produkte mit der Auslobung „Bio“ oder „Aus der Region“ geben Müslikonsumenten auch gerne mehr Geld aus. Nicht zuletzt, weil es bei ihnen angekommen ist, dass qualitativ hochwertige Lebensmittel nicht zu Schleuderpreisen zu haben sind. „Vor allem dieses Jahr artet die Thematik Regionalität förmlich aus“, sagt Michael Steib für die Marke Be-Origin. „Alles sollte bestmöglich vom Landwirt nebenan kommen oder mindestens hier aus Bayern.“ Käufer können über einen QR-Code die Herkunft jeder Zutat bis zu ihrem Ursprung zurückverfolgen – laut Hersteller ein Novum im Trockensortiment.

Bei Fruchtaufstrichen – ungebrochene Nr. 1 bei Frühstücksprodukten – spielt Regionalität nicht die Rolle wie bei Müslis. Bioqualitäten führen ein Nischendasein. In manchen Fällen nicht einmal das: „Wir haben unsere eigene Bio-Linie mangels Verbraucherinteresse bis auf Weiteres eingestellt“, sagt Mühlhäuser Vertriebsleiter Volker Kohlmann. Was neben klassischen Sorten wie Erdbeere und Himbeere funktioniert, sind Sondereditionen mit neuen Kombinationen und saisonalem Bezug. „Die haben auch weiterhin eine hohe Relevanz für den Markt“, weiß Dominik Küstner, Brand Direktor bei Schwartau. Die Trends im Regal heißen „Hollywood“, „Raspberry Popcorn Style“, „Aprikose-Mandarine-Yuzu“, „Kiwi-Holunderblüte“, „Zwetschgen-Fruchtaufstrich mit Lebkuchengewürz“ oder „Rodelkönig“.

Die Nachfrage nach fein passierten Fruchtaufstrichen ohne Stückchen und Kerne ist zuletzt spürbar gestiegen. Verbraucher werden auf solche Marmeladen durch den Namenszusatz wie „Samt“, „Creme“ oder „Passiert“ aufmerksam.


Emotionalität ist mit dem Blick auf Verbraucher ein wichtiges Thema. Gerade bei Spontaneinkäufen spielen Emotionen eine große Rolle und können ganz gezielt zum Beispiel durch das Produktdesign ausgelöst werden. So unterstreichen Sleeve-Optik-Gläser die cremige Konsistenz des Glasinhaltes bei passierten Marmeladen. Botschaften-Promotions setzen zusätzlich emotionale Kicks. So können seit Jahresbeginn Verbraucher bei Schwartau extra zwischen 33 Sprüchen wählen – von „viel Glück“, über „schönes Wochenende“ bis zu „hab dich lieb“.

Fabelhaftes Porridge

„Gerade im Convenience-Bereich fehlt es morgens an gesunden, vollwertigen Frühstücksalternativen zu industriell gefertigter Massenware“, ist sich Caroline Steingruber sicher (im Bild r.). Gemeinsam mit ihrem britisch- stämmigen Partner Tim Nichols gründete sie ein Start-up, um genau dies zu ändern. Porridge soll – so hofft das Team von 3Bears – „den deutschen Frühstücksmarkt langfristig und nachhaltig aufmischen“. Und zwar auf märchenhafte Art. So spielt der Firmenname 3Bears auf das englische Märchen von Goldlöckchen an, das den Haferbrei aus den Schüsseln der drei Bären nascht. Bei 3Bears gibt es den Brei in vier Geschmacksrichtungen: Apfel- Zimt, Kokosnuss, Banane-Mohn und klassisch. Grundlage sind feine Vollkornflocken und natürlich getrocknete Früchte. Auf Zusätze oder Zuckerzusatz wird vollständig verzichtet. 400 g sind in jedem Beutel. Zubereiten kann man den Haferbrei entweder mit kalter Milch über Nacht oder durch kurzes Aufkochen. Am 17. Oktober 2017 war das Münchener Food- Start-up in der TV-Show „Die Höhle der Löwen“ zu Gast. Ob Gemüsechips oder Suppen – die Juroren machten schon des Öfteren auch den Geldbeutel für  neue Geschäftsideen aus dem Lebensmittelsektor auf. Das Gründer-Paar von 3Bears zog in der Unterhaltungsshow einen Investment-Deal mit den Juroren Judith Williams und Frank Thelen an Land. Allein schon der TV-Auftritt hatte positive Folgen für die Gründer. „1 Mio. Umsatz innerhalb von 12 Stunden nach Sendungsausstrahlung, 47.000 verschickte Porridge-Pakte und 50 Tonnen verkaufte Haferflocken bei HSE24“, freuen sich die 3Bears-Gründer.

Die Mühlhäuser Winter-Edition „Für dich“ hat den gleichen Hintergedanken: „Hier tragen Namensgebung und Design maßgeblich zu einer Emotionalisierung des Produktes bei“, sagt Volker Kohlmann.

Das Familienunternehmen Göbber kreierte die Marke „Glück“ zum Trend. „Wir haben sehr genau zugehört, was die Verbraucher wünschen, und was sie anspricht. Das hohe Interesse zeigt, dass wir unsere Hausaufgaben ordentlich gemacht haben“, sagt Brandmanagerin Anita Gemballa. „Mit ‚Glück‘ haben wir 2017 mit einem sehr emotionalen Markenkonzept erfolgreich neue Impulse im Konfitürenmarkt gesetzt“, freut sie sich. Der Fruchtaufstrich in acht Varianten hat einen Fruchtanteil von 70 Prozent.

Ist unter der Woche Convenience angesagt, häufig in Form von Müsli und Co., kommen am Wochenende beim Frühstück vermehrt Brot und Brötchen auf den Tisch. Im Segment Brot und Backwaren verkaufen LEH (inkl. Discount) und Drogeriemärkte am häufigsten Schnittbrot. An zweiter Stelle rangiert, so Nielsen, Toastbrot, gefolgt von Aufbackwaren. Klare Gewinner sind seit geraumer Zeit Brötchen. Das 08/15-Brötchen hat aber ausgedient. „Smart Bread dank Funktionalität wird zur Maxime von Kaufentscheidungen“, fasst Ulrike Detmers, Sprecherin der Mestemacher-Gruppe, die Trends im Brot- und Backwarenmarkt zusammen. Konsumenten entschieden sich bevorzugt für Produkte, deren Verwendung und Zubereitung einfach und zugleich gesund und gesundheitsfördernd sind. So wie die Eiweiß-Toastbrötchen mit Karotten der Gütersloher Großbäcker, die derzeit in die Regale kommen.

Daneben wird die Verpackungsgröße immer wichtiger. „In den nächsten Jahren nimmt die Zahl der in einem Haushalt lebenden Personen weiter ab, sodass es immer mehr Ein- bis Zweipersonenhaushalte geben wird“, heißt es bei Lieken. Im Bereich SB-Schnittbrot bietet das ‧Unternehmen daher neben den klassischen 500-g-Packungen auch 250-g-Einheiten an. Das Lieken Urkorn „Kleines Feines“, ein Roggenvollkornbrot, das in der KW 4 eingeführt wird, verbindet Gesundheitsaspekte mit einer Verpackungsgröße für Singlehaushalte.

Wer zum Abendessen eine Alternative zu frischem Brot sucht, wird im TK-Bereich fündig. Von Jahresbeginn 2017 bis zur KW 44 weist Nielsen für den TK-Snackbereich einen Umsatzzuwachs von 3,5 Prozent aus. „Weil Essgewohnheiten unter der Woche immer flexibler werden, sind Konsumenten auf der Suche nach bequemen, kleinen, aber hochwertigen und ursprünglichen Mahlzeiten und Snacks“, heißt es bei Nestlé Wagner. Seit 2015 sind die Saarländer mit dem Ofenbrot „Rustipani“ in den Tiefkühltheken präsent. Das Neuprodukt „Bäcker-Kruste“ ist für eine eher klassisch orientierte Verwenderschaft konzeptioniert. Im 1. Halbjahr 2018 starten die Werbemaßnahmen für die belegte Brotscheibe „Bäcker-Kruste“ im TV, Online und in Publikumszeitschriften. Am PoS gibt es ab Februar eine Offensive mit Verkostungen, Ladenfunk und Großflächenplakaten.

Zum Abendbrot kommen gerne Feinkostsalate und pikante Aufstriche auf den Tisch. Der Feinkostmarkt ist seit Jahren gesättigt. Durch Einflüsse wie Beschleunigung der Gesellschaft, neues Essverhalten, Digitalisierung und Vernetzung sind jedoch Randbereiche ständig in Bewegung. Der Volumenmarkt für klassische Fleisch-, Eier- und Kartoffelsalate sowie Brotaufstriche wird gestützt von To-go-Artikeln genauso wie Produkten mit den Labeln vegan oder bio sowie solchen aus dem Gemüse- und Hummus-Bereich. Auch hier sollen emotionale Konzepte die Kauflust wecken: Das kann der Fleischsalat sein, so wie ihn die Mutter früher machte, oder ein gesunder Feinkostsalat mit hochwertigen Zutaten, „der beim Verbraucher ein gutes Gefühl hervorruft“, sagt Kirstin Timm für Popp Feinkost.

Als Alternativen bieten sich Suppen an. Gern auch in gekühlter Version. Mit „Alvalle“ kommt die erste kühlpflichtige Gazpacho in Deutschland auf den Markt. Das Gazpacho aus dem südspanischen Murcia wurde bereits mit dem renommierten Superior Taste Award ausgezeichnet und setzt zu 100 Prozent auf natürliche Zutaten, ohne Konservierungs- oder Farbstoffe.