Baby- und Kindernahrung Nur das Beste

Convenience und neue Geschmackserlebnisse sind bei Baby- und Kindernahrung angesagt. Auch wenn die Geburtenrate in Deutschland leicht steigt, weiten die Hersteller ihr Sortiment immer mehr auf ältere Zielgruppen aus.

Montag, 26. Juni 2017 - Sortimente
Hedda Thielking
Artikelbild Nur das Beste
Bildquelle: Getty Images

Es wäre ja interessant zu wissen, welche Lebensmittel Säuglinge und Kleinkinder für sich in den Einkaufswagen legen würden – wenn sie es denn schon könnten. Doch in den ersten Lebensjahren entscheiden in der Regel die Eltern darüber, welche Kost ihr Sprössling bekommt. Deshalb müssen Hersteller und Handel im Grunde genommen zwei Zielgruppen im Auge haben: zum einen die Kinder als „Konsumenten“, zum anderen die Eltern als Käufer. Und die sind ganz schön wählerisch. „Entscheidende Kaufkriterien für Baby- und Kleinkindnahrung sind besonders die Sicherheit, Qualität und Verträglichkeit der Produkte“, berichtet Jennifer Gabler von Milupa Nutricia. Andere Hersteller sehen das ähnlich. Philipp Nahrmann, Marketing Manager bei Humana, teilt zum Beispiel mit: „Die Preissensibilität ist eher gering, stattdessen spielen Qualitätsbewusstsein und Vertrauen eine entscheidende Rolle beim Einkauf. Deshalb besteht beim Kauf von Babynahrung eine hohe Markentreue. Fehlt ein bestimmtes Produkt, wechseln die Eltern eher das Geschäft als die Marke.“ Die Herausforderung für den LEH besteht also in erster Linie darin, je nach verfügbarer Fläche zumindest ein attraktives Sortiment für unterschiedliche Altersgruppen zu bieten.

Ins Minus gerutscht
Schaut man sich die Bilanz für den gesamten Markt an, also für Babynahrung und -pflege, schreibt dieser im rollierenden Jahr bis Ende Februar 2017 rote Zahlen. Laut Nielsen generierte der Handel 4,2 Prozent weniger Umsatz als im Vorjahr. Dieser rutschte um gut 60 Mio. Euro auf 1,357 Mrd. Euro. Was ist passiert? „Jahrelang profitierten der deutsche Lebensmittelhandel und die Drogeriemärkte im umsatzstarken Milchnahrungssortiment von einem Nachfrageboom aus China“, teilt Nielsen mit. Vor allem Drogeriemärkte mussten zeitweise die Abgabe an Kunden mengenmäßig begrenzen. „Dieser Boom scheint nun abzuebben. Die Milchnahrung als größter Teilmarkt (509,4 Mio. Euro) verzeichnete im genannten Zeitraum zweistellige Rückgänge. Diese konnten durch die Entwicklungen in den beiden Kategorien Beikost und Baby-/Kinderpflege nicht annähernd kompensiert werden“, heißt es bei Nielsen. Betroffen seien vor allem die Verbrauchermärkte. Hier fielen die Umsätze um 28 Prozent, was in erster Linie auf die Rückgänge bei Kleinkind- und Folgemilch zurückzuführen sei. Die Drogeriemärkte konnten im Bereich Spezialnahrung noch leichte Zuwächse generieren.

Milchnahrung
Bleiben wir zunächst bei der Milchnahrung. Stillen ist in den ersten Lebensmonaten die beste Ernährung für das Baby. Wenn eine Mutter nicht stillt, ist eine industriell hergestellte Säuglingsmilchnahrung die beste Alternative. Denn: Die Zusammensetzung von Säuglingsanfangs- und Folgenahrung ist europaweit gesetzlich geregelt. Hinzu kommt, dass die gesetzlichen Vorgaben auf Empfehlungen wissenschaftlicher Institutionen beruhen. Doch Milchnahrung ist nicht gleich Milchnahrung. Wie Jennifer Gabler von Milupa Nutricia mitteilt, wünschen sich Eltern von einer Marke ein Portfolio, das an die individuellen Bedürfnisse ihres Babys angepasst ist. Dazu gehört auch Spezialnahrung bei vermehrtem Aufstoßen, Koliken, diagnostizierten Allergien oder auch für Frühchen.

Schon vor einigen Jahren, als die Geburtenraten rückläufig waren, kam die Kindermilch auf den Markt, um auch Kleinkinder als Zielgruppe in de Fokus rücken. Davon weichen Hersteller – trotz mittlerweile steigender Geburtenzahlen – nicht ab. Im Gegenteil: Bei Humana konzentriert man sich in diesem Jahr darauf, die Abverkäufe der Kinder-Milchnahrungen durch gezielte Marketing- und Vorverkaufsmaßnahmen auszubauen. Ab Juni soll beispielsweise eine große Testaktion, unterstützt durch Coupons für Probierkäufe, für Zusatzumsatz bei Humana Kindermilchen sorgen.

Schließlich macht der Convenience-Trend auch vor der Milchnahrung nicht Halt. Ulrike Weichert, Pressesprecherin Ernährung und Gesundheit bei Nestlé Deutschland, berichtet von Studien, nach denen 57 Prozent der Millennials (Geburtsjahrgänge 1980 bis 1999) Produkte bevorzugen, die „ihr Leben vereinfachen“. So können bereits zubereitete Säuglingsmilchen in flüssiger Form, abgefüllt in trinkfertigen Fläschchen, Eltern von nicht gestillten Babys den Alltag erleichtern. An den Verpackungsformaten von Milchnahrung wird ebenfalls gefeilt. Von Milupa ist beispielsweise die Aptamil Proexpert HA 2 Folgenahrung seit Ende vergangenen Jahres in der neuen 800-g-Box erhältlich. Nach Unternehmensangaben kann hier der integrierte Messlöffel im Deckelfach griffbereit und sauber zugleich verstaut werden. Der Druckverschluss im Deckel soll dafür sorgen, dass das Pulver frisch bleibt.

Quetschbeutel weiter beliebt
Anders als der Markt für Milchnahrung zeigte sich der Beikostmarkt stabil (rollierendes Jahr bis Ende Februar 2017), zumindest auf den ersten Blick. Der Umsatz von Beikostprodukten (z. B. Menüs, Früchte, Instantbreie) erhöhte sich um gut ein Prozent auf 464 Mio. Euro, was laut Nielsen ausschließlich preisgetrieben ist. Das Absatzniveau blieb weitgehend stabil. Im Trend liegen hier – wie in anderen Kategorien auch – gesunde Ernährung, Convenience und To-go-Formate.

Einen großen Sprung nach oben gab es wieder im größten Beikost-Segment: den Früchten. Sie legten im Umsatz und Absatz erneut zweistellig zu. Damit machen Früchte bereits ein Viertel des gesamten Beikostumsatzes aus. Grund für diese positive Entwicklung sind Früchtezubereitungen in Beuteln. „Hier betrug das Plus gegenüber dem Vorjahr 26,9 Prozent. Der Umsatz liegt nun bei fast 50 Mio. Euro“, berichtet Stefan Dornauf, Leiter Handelsmarketing bei Hipp. Auch die Pfaffenhofener sehen hier anscheinend noch weiteres Potenzial. Nicht umsonst erscheint seit April 2017 das Quetschbeutel-Angebot von Hipp in neuer Aufmachung. Unter dem Namen Hipp Hippis gibt es einige neue Sorten Fruchtmus, Frucht- und Getreide-Kombinationen, kohlenhydratreiche Sport-Varianten und saftige Smoothie-Drinks – jeweils ohne Zuckerzusatz. „Gerade der Markt ,Früchte im Beutel‘ zeigt, wie Innovationen im Baby- und Kindernahrungsmarkt dazu führen, die Zielgruppe länger an die Kategorie zu binden. So wird es die neue Hipp Hippis Sport-Linie für sportlich-aktive Kids zukünftig sowohl für Ein- bis Zweijährige als auch für ältere Kinder bis sechs Jahre geben“, berichtet Stefan Dornauf. Die drei Sorten mit Banane und Getreide enthalten mehr Kohlenhydrate als andere Frucht-und-Getreide-Snacks im Quetschbeutel von Hipp. Zudem scheint die Ausweitung der Produkte auf ältere Zielgruppen zu funktionieren: Hippis Sport spricht laut Unternehmensangabe mittlerweile immer mehr Erwachsene an.


Bio, exotisch und saisonal
Im Bereich Früchte sind zudem exotische Varianten angesagt. Nur für kurze Zeit gibt es die neuen Hipp Sommer Genuss-Sorten Papaya in Apfel-Banane und Apfel-Quitte mit 3-Korn-Flocken. Alnatura hat das Gläschen Alnatura Apfel-Mango mit 3-Korn (190 g; 0,95 Euro UVP) gelauncht. Die feinstückig pürierte Bio-Früchtezubereitung mit Vollkornflocken ist für die Ernährung ab dem sechsten Lebensmonat geeignet. Alle Zutaten stammen aus biodynamischem Landbau (Demeter).

In der Kategorie Instantbrei gehören zu den jüngsten Launches von Alnatura die beiden neuen Alnatura Hafer-Frühstücksbreie in den Sorten Apfel-Zimt und Banane-Vanille. Die Frühstücksbreie auf Haferbasis sind für Babys ab dem zehnten Lebensmonat geeignet. Die Hafervollkornflocken stammen aus Bioland-Anbau. Alnatura begleitet alle Produktlaunches mit Kommunikationsmaßnahmen, vom Produktsteckbrief auf der Alnatura-Website bis hin zu Beiträgen auf diversen Social-Media-Kanälen, wie auf der Facebookseite von Alnatura.

Ähnlich wie im Bereich Früchte sollen auch im Bereich Menüs saisonale oder limitierte Sorten für Abwechslung im Speiseplan der Kleinsten sorgen. So produziert Hipp ebenfalls nur für kurze Zeit die neuen Hipp Sommer-Küche-Menüs „Reis-Fischpfanne an Joghurt-Dill Sauce“ und „Kartoffeln mit Pute Hawaii“.

Hersteller raten: Zeigen Sie Kompetenz!

Milupa
Der LEH sollte das Regal entlang der verschiedenen Phasen der ersten 1.000 Tage strukturieren und so neue Impulse schaffen. Eine weitere Option stellt die engere Ver-knüpfung von Offline- und Online-Handel dar.

Nestlé
Aus unserer langjährigen Erfahrung können wir Händlern nahelegen, der Kategorie Babynahrung eine größere Beachtung zukommen zu lassen. Mit einem kompetenten Sortiment kann dies zu einer langfristigen, vertrauensvollen Bindung zum Geschäft führen.

Humana
Von entscheidender Bedeutung ist ein klar strukturiertes Regal nach Marken und Fütterungsstufen. Dazu zählt auch eine Platzierung nach Preissegmenten. Darüber hinaus können z. B. Heilnahrung und weitere Produkte für individuelle Ernährungsbedürfnisse die Sortimentskompetenz der Einkaufsstätte unterstreichen und gleichzeitigdie Kundenbindung zu jungen Eltern unterstützen.

Hipp
Beratung und Service sind wichtig für den Erfolg eines erklärungsbedürftigen Produktsortiments wie Babynahrung. Deshalb sollte das Verkaufspersonal geschult werden. Auf kleiner Verkaufsfläche erzielen Sie mit einer Premiummarke und einer Preiseinstiegsmarke ein effizientes Angebot.


Interview mit Christoph Pfund: Alles beisammen

Real bündelt alle Angebote für Kinder in der Abteilung „Meine Familie“. Einblick in das Management gibt Category Manager Christoph Pfund von der Markthalle Krefeld.

Herr Pfund, welche Bedeutung hat Baby- und Kindernahrung im Bereich „Meine Familie“?
Christoph Pfund: In der Markthalle Krefeld nimmt Baby- und Kindernahrung in der Abteilung „Meine Familie“ rund 30 Prozent der Gesamtfläche von rund 250 qm ein. Aufgrund der Umsatzbedeutung steht diese Produkte am Anfang der Abteilung. Hier führen wir Baby- und Kindernahrung aller namhafter Hersteller sowie Produkte innovativer Start-up-Unternehmen.

Wie groß ist das Angebot an Baby-/Kindernahrung?
Wir führen in der Markthalle Krefeld über 600 Artikel in diesem Segment. Dabei werden nicht nur die jeweiligen Marktführer in den Warengruppe berücksichtigt, sondern wir legen auch Wert auf Artikel von spezialisierten und innovativen Anbietern. In Zukunft soll das bereits ausgebaute Sortiment an veganen und nachhaltigen Artikeln weiter ausgebaut werden.

Welches sind die Wachstumstreiber?
Bei der Babynahrung sind Frucht-Quetschpackungen der absolute Trend. Ebenso wird das Sortiment an Veggie-Produkten für Kinder sehr gut angenommen. Gesunde Snacks als „kleine Mahlzeit für Zwischendurch“ erfreuen sich ebenfalls stetig steigender Nachfrage und werden in zahlreichen Varianten angeboten.

Wir achten darauf, dass unsere Kunden entsprechend ihrer Suchlogik in den jeweiligen Warensegmenten ihre Produkte schnell finden. So folgt der Warenaufbau bzw. die Artikelplatzierung fortlaufend nach dem Kindesalter. Trendsortimente wie Quetschbeutel werden über ein eigenes Regalmodul besonders herausgestellt.

Welches Potenzial haben spezielle Produkte für Schwangere und Stillende?
Diese Kategorie befindet sich noch in der Entwicklung. So setzen wir in unserer Abteilung „Meine Familie“ in Krefeld eine Blockplatzierung ein, um die speziellen Nahrungsmitteln für Mütter sowie Nonfood-Bedarfsartikeln, wie z. B. Stillwäsche, präsent zu platzieren. Zusätzlich wünschen wir uns Unterstützung seitens der Industrie, mit vielfältigen Marketingmaßnahmen eine wirkungsvolle Promotion dieses Produktsegmentes zu erreichen.

Welchen Service bieten Sie Familien mit kleinen Kindern?
Real lädt deutschlandweit alle Kunden mit Kindern von 0 bis 10 Jahren ein, das Vorteilsprogramm von „Meine Familie“ zu nutzen. Darüber hinaus verfügt die Abteilung über einen Wickeltisch und eine Spielecke. Des Weiteren können Kunden zur Geburt eines Kindes eine sogenannte „Windeltorte“ bestellen. Je nach persönlichen Geschmack und Budget stellen die Mitarbeiter der Abteilung die individuelle Geschenkidee zusammen. Ergänzend bieten wir in unserem Real-Online-Shop ein noch umfangreicheres Sortiment an Nonfood-Artikeln für Babys, Kleinkinder und Kinder an. Ziel ist es auch, Baby- und Kindernahrung in den Real-Online-Shop aufzunehmen.

Gibt es weitere Kundenbindungsinstrumente?
Regelmäßig finden in der Markthalle Kinder- und Familienfeste, wie Mal-Aktionen oder Autogramm- und Fotoshootings mit den aktuellen Kinderstars, wie unter anderem dem Grüffelo oder Feuerwehrmann Sam, statt.

Sind Mitarbeiter nur für den Bereich „Meine Familie“ verantwortlich?
Der Bereich „Meine Familie“ wird von der Drogerie-Abteilung geleitet. In der Markthalle Krefeld sind sieben Personen in der Abteilung beschäftigt, von der eine Mitarbeiterin speziell für den Bereich „Meine Familie“ zuständig ist.

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