Molkereiprodukte Erste Sahne? - Molkereiprodukte: Teil 2

Es ist ein Eiertanz: Verbraucher fragen Milch und Milcherzeugnisse mit einer „Ohne-Gentechnik“-Kennzeichnung stärker nach. Die Tür für mehr Wertschöpfung könnte sich damit öffnen, allerdings fürchtet die Milchindustrie um den Ruf konventionell hergestellter Milch.

Montag, 15. Mai 2017 - Molkereiprodukte
Tobias Dünnebacke
Artikelbild Erste Sahne? - Molkereiprodukte: Teil 2
Bildquelle: Fotos Getty Images

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Auch Wettbewerber Zott setzt auf das Thema und glaubt nicht an einen kurzfristigen Hype: „Aktuell nimmt das Thema auch bei vielen anderen Markenartiklern und Herstellern von Private-Label-Produkten an Bedeutung zu. Unserer Einschätzung nach sind gentechnikfreie Molkereiprodukte deshalb nach wie vor eine große und nicht zu unterschätzende Trendbewegung in der Lebensmittelbranche“, sagt Zott-Sprecherin Caroline Fritz. Die Molkerei ist bereits 2011 den Schritt gegangen, das Zottarella-Sortiment komplett auf „Ohne Gentechnik“ umzustellen.

Mit dem Programm „Nachhaltige Fütterung“ setzt die Molkerei nicht nur auf den Einsatz von nicht kennzeichnungspflichtigen Futtermitteln, sondern fokussiert vor allem auf Futter, dessen Ursprung in Europa liegt. „Wir klammern dadurch neben der Thematik GMO gleichzeitig auch andere kritische Themen konsequent aus, wie z. B. den Einsatz von Palmkernprodukten und die damit verbundenen teilweise bedenklichen Produktionsstandards in den Ursprungsregionen dieser Produkte“, sagt Fritz.

Dass das Thema auch eine nicht unerhebliche wirtschaftliche Relevanz für den gebeutelten Milchmarkt haben kann, macht die schwedisch-dänische Molkereigenossenschaft Arla deutlich. Diese schafft für Landwirte Anreize, damit sie ihre Milchproduktion noch stärker auf gentechnikfreie Futtermittel umstellen. Denn: Der Markt sei zunehmend bereit, einen Aufpreis für entsprechende Produkte zu zahlen.

Nachfrage kommt vor allem aus Deutschland
„Derzeit stammt die Nachfrage aus Deutschland. Sobald sich die kommerziellen Chancen in anderen Märkten ergeben, laden wir die Landwirte dazu ein, sich zu beteiligen. Schritt für Schritt werden wir immer mehr Landwirte einbeziehen“, erklärte Peder Tuborgh, CEO von Arla Foods, bei der Ankündigung im vergangenen Jahr, die Umstellung der Arla-Lieferanten finanziell zu fördern. Das Vorhaben scheint Erfolg zu haben. „Der Großteil unserer Landwirte hat das Angebot der Molkerei, auf gentechnikfreie Milcherzeugung umzustellen, gut angenommen. Es bleibt aber immer eine einzelbetriebliche Entscheidung, da jeder Landwirt für sich entscheiden muss, ob er mit dem 1 Eurocent, den er dadurch zusätzlich für jedes Kilogramm Milch bekommt, auf seine Kosten kommt“, erklärt Arla-Sprecher Wolfgang Rommel heute. An dem Standort Upahl in Mecklenburg-Vorpommern seien aktuell 80 Prozent der Milchmenge bereits umgestellt. Momentan betrifft die Umstellung vor allem die Trinkmilchprodukte. Arla geht aber davon aus, dass künftig auch andere Molkereiprodukte umgestellt werden können. „Das Potenzial dafür ist auf jeden Fall da, die Initiative wird von Seiten des deutschen Handels vorangetrieben, der künftig stärker auf Verbraucherwünsche eingehen möchte“, so Rommel. Nach den Worten des Arla-Aufsichtsratsvorsitzenden Åke Hantoft ist Arla gut vorbereitet, diese Nachfrage zu bedienen. Rund 20 Prozent von Arlas Milchpool würden bereits die Anforderungen erfüllen. „Hierin liegt ein kommerzielles Potenzial, das wir ausschöpfen können“, erklärt Hantoft. Er betont, dass diese Entscheidung auf dem wirtschaftlichen Potenzial beruht und nicht bedeutet, dass Arla einen neuen Standpunkt zum Thema Gentechnik einnimmt. Denn genau hier liegt ein großes Problem. Wenn immer mehr Verbraucher Produkte mit einem „Ohne Gentechnik“-Siegel kennenlernen und sich daran orientieren, wer will dann in Zukunft noch konventionell hergestellte Milch haben?

Will bald keiner mehr konventionelle Milch?
Der Milchindustrieverband (MIV) bezieht dazu eine klare Stellung: „Erzeugnisse ohne Kennzeichnung sind ebenso sicher und hochwertig wie Bio-Produkte oder ‚Ohne Gentechnik‘-Produkte“, heißt es in einer Mitteilung. Mit dem Futter zugeführte Komponenten würden im Verdauungstrakt der Tiere abgebaut. „Die Verfütterung von gentechnisch veränderten Pflanzen wirkt sich damit nicht auf die Milch aus“, ist der Milchindustrieverband überzeugt. Dies sei auch der Grund, warum die Europäische Union keine Kennzeichnung von Lebensmitteln vorsieht, die von Tieren stammen, die gentechnisch veränderte Futtermittel aufgenommen haben. Eine Negativkennzeichnung oder allein die Etablierung eines Begriffs wie „Gen-Milch“ will der Verband in jedem Fall vermeiden. Zumindest was die gesundheitliche Unbedenklichkeit angeht, geht Greenpeace mit der Industrie konform. In dem Einkaufsratgeber „Milch für Kinder“ heißt es: „Milch von Tieren, die Gen-Pflanzen gefressen haben, hält Greenpeace für gesundheitlich nicht riskant für den Verbraucher.“

Zweistelliges Wachstum bei der Kennzeichnung

Mit mehr als 6.000 Lebensmitteln, die das staatliche „Ohne Gentechnik“-Siegel tragen, werden 2017 rund 4,4 Mrd. Euro erwirtschaftet. „Dieser Umsatz zeugt von großer Verbraucherakzeptanz und der Leistungsfähigkeit dieser Branche“, zieht Alexander Hissting, Geschäftsführer des VLOG, zufrieden Bilanz. Die umsatzstärksten Segmente sind Milchprodukte, Eier und Geflügelfleisch. Die Angaben zu den Umsätzen beruhen auf Prognosen für das Jahr 2017. Sie stammen von den Lebensmittelherstellern, die das Siegel nutzen und spiegeln deren Verkaufspreise wider. Auf Grundlage einerdurchschnittlichen Handelsspanne liegen die Umsätze von Lebensmittel mit „Ohne Gentechnik“- Siegel im Lebensmittel-Einzelhandel etwa 20 Prozent höher. Das mit Abstand umsatzstärkste Sortiment stellen die Milchprodukte mit 2,44 Mrd. Euro bei 1.599 Produkten dar. Damit erzielen sie 55 Prozent aller Umsätze von Lebensmitteln mit „Ohne Gentechnik“- Siegel. Der VLOG geht von einem weiter stark wachsenden Markt aus. Die Anzahl an Lebensmitteln mit „Ohne Gentechnik“- Siegel wuchs im ersten Quartal 2017 um 12,5 Prozent.

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