Überraschend anders Avocados

Ungewöhnliche Früchte: Avocados haben eine ledrige Schale, darunter verbirgt sich ölhaltiges Fruchtfleisch, das zum richtigen Zeitpunkt butterweich ist. Alles Wissenswerte über Avocados, und wie man sie verwendet.

Donnerstag, 27. Januar 2011 - Warenkunden
Heidrun Mittler
Artikelbild Avocados
Am Baum: Noch grün und hart, später wird die Avocado dunkler.

Sie hat es nun wirklich nicht leicht, die Hass-Avocado. Nicht nur, dass sie einen gewöhnungsbedürftigen Namen trägt. Sie sieht auch noch hässlich aus: erst bräunlich, dann dunkelbraun, schrumpelig und stumpf – ganz anders als ihre Verwandten, wie etwa die „Fuerte", die mit einer grünen, schön glänzenden Schale ihre Kunden anlacht. Die „Warzige" hingegen ist nur etwas für aufgeklärte Verbraucher. Unter der runzligen Schale verbirgt sich aromatisches, gelbfleischiges Fruchtfleisch mit einem leicht nussigen Geschmack. Kenner behaupten, dass aber genau diese Sorte den besten Geschmack unter allen Sorten der ölhaltigen Frucht aufweist.

Namensgeber für die „Schrumpelfrucht" war der Kalifornier Rudolph Hass, in dessen Garten in den später 1920er-Jahren der erste Baum stand. Die Variante ist durch eine Laune der Natur entstanden. Rudolph Hass stellte fest, dass der Baum ertragreicher war als die übrigen und zudem seine Früchte besser schmeckten. So begann er, die Früchte unter seinem Namen zu vermarkten. Heute zählt die Hass zu den beliebtesten Avocado-Sorten weltweit.

Ein Blick auf die Botanik: Die Frucht des Avocado-Baumes ist ein Zwitter – formal wird sie zu den Obstarten gezählt. Geht man aber von der Verwendung aus, schlägt man sie im deutschen Handel dem Gemüse zu. Ihre Bezeichnung stammt wahrscheinlich schon von den Azteken, die sie „Ahuacatl" nannten, was soviel wie „Frucht des Waldes" bedeutet. Für sie war das gehaltvolle Obst/Gemüse ein wichtiger Bestandteil des Speiseplans. Nach der Entdeckung Amerikas durch die Spanier hat die Frucht auch in Europa Einzug gehalten.

Heute werden Avocados in den Tropen und Subtropen angebaut, wegen unterschiedlicher Lieferländer sind sie bei uns ganzjährig erhältlich. Wichtige Anbaugebiete liegen in Israel, Spanien, Südafrika und südamerikanischen Ländern wie Chile und Brasilien. Nachfolgend ein Blick auf Hass-Avocados aus Chile, die hier von November bis März verfügbar sind.

Avocados wachsen an Bäumen, die zur Familie der Lorbeergewächse gehören. Wild wachsend werden sie 20 Meter und höher, kultivierte erreichen eine Höhe von 4 bis 8 m. In der Regel dauert es vier bis acht Jahre, bis die erste Ernte eingefahren wird. Leicht erreichbare Früchte pflückt man von Hand, höher hängende Avocados löst man mit einem Haken (wobei man den Aufprall durch eine dicke Laubschicht auf der Erde dämpft). Früchte, die hoch oben in der Baumkrone hängen, erntet man mit einem speziellen Gerät (wie bei uns Äpfel), sodass sie in einen kleinen Sack fallen.


Im Unterschied zu anderen Früchten erreichen Avocados am Baum nicht ihre Genussreife. Sie werden unreif und hart geerntet, dadurch bekommen sie bei der Ernte kaum Druckstellen. Das Besondere ist die Tatsache, dass die Frucht noch am Baum bleiben kann, wenn sie schon ausgewachsen ist. Die Hass beispielsweise kann noch sechs bis sieben Monate am Baum hängen, ohne Qualitätsverlust – somit können die Bauern (in gewissem Umfang) je nach Bedarf ernten.

Die Behandlung nach der Ernte sieht folgendermaßen aus: Die steinharten Früchte werden einige Tage lang gekühlt, um den Reifeprozess zu verlangsamen. Dann werden sie mit Trinkwasser und einem Spritzer Chlor gewaschen, nach Gewicht sortiert und verpackt. Anschließend reisen sie im Kühl-Container per Schiff und Lastwagen nach Deutschland.

Während des Transports verändert sich die Frucht kaum. Die Reifung beginnt erst durch Zugabe des Reifegases Ethylen. Erst dann entwickeln sich der charakteristische Geschmack und die cremige Konsistenz.

Die Reifung durch Ethylen hat Konsequenzen für den Umgang mit der Ware. Bekanntlich produzieren viele Obst- und Gemüsearten selbst dieses Gas und sondern es ab, ebenso Schnittblumen. Wenn man also Avocados neben Äpfel, Birnen, Ananas oder Bananen platziert oder lagert, reifen die Avocados schneller nach, als wenn sie getrennt von solchen Früchten liegen.

Wann ist die Frucht reif? Ganz einfach: Wenn das Fruchtfleisch auf Druck nachgibt. Die Hass ist bei ihrer Ernte noch grün, später nimmt sie eine dunklere Farbe an, ausgereift hat sie eine braune Schale und ein butterweiches Fruchtfleisch. Übrigens gibt es einen einfachen Trick, wenn man noch harte Avocados zügig nachreifen lassen möchte: Dann wickelt man sie zusammen mit einer Banane oder einem Apfel in Zeitungspapier.

Immer mehr Importeure lassen die Früchte heute in großen Lagerhallen reifen, um sie genussreif in den Handel zu bringen. Diese sind mit einem entsprechenden Label gekennzeichnet. Wenn die Avocado ideal reif für den Verzehr ist, kann der Verbraucher sie zu hause noch einige Tage im Gemüsefach des Kühlschranks aufbewahren, ohne dass sie an Geschmack verliert.


Tipps für den Handel

Grundsätzlich halten sich Avocados nach dem Pflücken etwa 40 bis 45 Tage. Der Transport von den chilenischen Plantagen in den deutschen Handel dauert rund 30 Tage. Die Auslieferung über den Großhandel erfolgt wöchentlich. Das bedeutet, dass der Händler die Ware innerhalb von acht, spätestens aber von 15 Tage verkauft haben sollte. Man lagert sie im Handel am besten bei einer Temperatur von 6° bis 8° C, bei einer Luftfeuchtigkeit von etwa 85 Prozent. Licht hat keinen Einfluss. Die Früchte sind stoßempfindlich, also entsprechend vorsichtig zu behandeln, keinesfalls darf die Schale verletzt werden.

Idealerweise besteht das Sortiment im Handel zur Hälfte aus reifen und zur Hälfte aus unreifen (grünlichen) Hass-Avocados. Dann kann der Kunde selbst den Reifegrad wählen. Das setzt natürlich voraus, dass der Konsument die Unterschiede bei den Sorten kennt. Man muss beachten, dass die übrigen relevanten Avocado-Sorten eine grüne Schale tragen! Da hilft nur eines: Den Kunden über die Unterschiede aufklären, im besten Fall zeigen, wie die Frucht aufgeschnitten wird, geschnitten und verarbeitet wird – und anschließend verkosten lassen!

Die unterschiedlichen Sorten

Obwohl Hunderte von Sorten bekannt sind, beschränkt sich der internationale Handel auf einige wenige. Hier die Wichtigsten:

  • Fuerte: 250 bis 400 g schwere Frucht, birnenförmig, grüne, dünne Schale, leicht angerauht, 16 bis 25 Prozent Öl (Bild r.)
  • Reed: 300 bis 400 g schwere Frucht, kugelig-oval, dunkelgrüne, dicke, ledrige Schale.
  • Nabal: 450 bis 680 g schwer, kugelig-oval, dunkelgrüne, glatte Schale.
  • Pinkerton: 230 bis 430 g schwere Frucht, birnenförmig mit langem Hals, grüne, runzlige Schale; ca. 19 Prozent Öl
  • Ettinger: 250 bis 350 g schwere Frucht, birnenförmig, leuchtend hellgrüne, glatte Schale, 18 bis 22 Prozent Öl, Anbau überwiegend in Israel.
  • Hass: 140 bis 350 g schwere Frucht, birnenförmig, stark runzelige, dunkelgrüne bis braunschwarze Schale, 18 bis 23 Prozent Öl.

Die Zubereitung

Avocado-Fruchtfleisch oxidiert leicht. Damit aus grün nicht braun wird, geben Sie etwas Zitronensaft darüber und legen den Kern der Avocado dazu. Wenn Sie nur die halbe Frucht essen wollen, wickeln Sie die zweite Hälfte mit dem Kern in Folie. So bleibt die Schnittfläche hell!

Gewürzt mit etwas Pfeffer und Salz dient die Frucht als vegetarischer Brotaufstrich. Beliebt ist Guacamole und Abwandlungen dieser Creme, die ursprünglich in der mexikanischen Küche beheimatet ist. Außerdem nutzt man Avocado, in Spalten geschnitten, in Salaten oder kurz gegart und püriert in Suppen. Für Gerichte mit längerer Garzeit eignet sich das Gemüse nicht.

Interessant: Avocados enthalten einen hohen Anteil Öl. Dieses weist ein interessantes Fettsäuremuster auf, mit wertvollen mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Die Zusammensetzung lässt sich in etwa mit der von Olivenöl vergleichen. Das kann sich positiv auf den Blutcholesterinspiegel auswirken (und somit Herz- und Kreislauferkrankungen vorbeugen).

Buchtipp

„Around the world...Chilean Hass Avocados" (auf Englisch), auf Anfrage bei der Agentur mk2 erhältlich.

Frage

  1. Wo wachsen Avocados?
  2. Wann sind Avocados reif für den Verzehr?
  3. Wozu verwendet man Avocados?

Antwort

  1. In den Tropen und Subtropen, z. B. in Israel, Spanien, Südamerika, Südafrika.
  2. Wenn die Schale auf Druck nachgibt, das Fruchtfleisch im Innern also weich ist.
  3. Man isst das Fruchtfleisch als Brotaufstrich. Beliebt ist Guacamole, ein Dipp, den man meist in mexikanischen Restaurants bekommt.

Impressum

Die Warenverkaufskunde erscheint regelmäßig als Sonderteil im Magazin Lebensmittel Praxis
Redaktion: Heidrun Mittler
Wir danken dem Comité de Paltas Hass, Chile (vertreten durch die Agentur mk2, Bonn), für den fachlichen Rat und das zur Verfügung gestellte Bildmaterial. Weitere Quelle: Warenkunde Obst von Günther Liebster, Band 1, erschienen im Hädecke-Verlag.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen In diesem Artikel finden Sie alles Wissenswerte über Avocados.
Bild öffnen Am Baum: Noch grün und hart, später wird die Avocado dunkler.
Bild öffnen Obwohl Hunderte von Sorten bekannt sind, beschränkt sich der internationale Handel auf einige wenige. (Bildquelle: fotolia)
Bild öffnen 1. Schneiden Sie die Frucht rund um den Kern in der Mitte durch.
Bild öffnen 2. Lösen Sie die Hälften durch Drehen voneinander.
Bild öffnen 3. Entfernen Sie den Kern mit einem Löffel.
Bild öffnen 4. Lösen Sie das Fruchtfleisch mit dem Löffel aus der Schale.
Bild öffnen Plantage in Chile.
Bild öffnen Die Früchte werden sortiert.
Bild öffnen Die Ernte der noch harten Früchte erfolgt per Hand.
Bild öffnen Unter der ledrigen Schale verbirgt sich ölhaltiges Fruchtfleisch.