Impulsplatzierungen Kunden ans Regal führen

Impulsplatzierungen gehören zu den wichtigsten Zukunftstrends und rücken mehr und mehr in den Blick. Dabei orientieren sich Handel und Hersteller deutlich stärker am Kunden.

Donnerstag, 02. Juni 2016 - Sortimente
Dieter Druck
Artikelbild Kunden ans Regal führen
Bildquelle: Carrefour

Aufmerksamkeit erregen und letztlich bis ins Bewusstsein des Kunden vordringen, ist nicht einfach. Der Lebensmitteleinkauf ist oftmals eine gewohnheitsmäßige Produkt- und Markenwahl. Konsumenten kaufen dieselben Produkte in unveränderter Reihenfolge. Und auch viele Reizquellen, die auf eine eingeschränkte Wahrnehmung beim Kunden treffen, führen dazu, dass viele der nach dem Einkauf befragten Kunden z. B. Sonderplatzierungen gar nicht wahrgenommen haben.

Veränderte Konsumbedürfnisse
Aber das stellt die Handelswelt nicht auf den Kopf. Sortiment und Platzierung bleiben wesentliche Stellschrauben im Lebensmittelhandel. Allerdings mit einer stärkeren Ausrichtung auf das gesamte Outlet (Total-Store-Sicht), Regionalisierung sowie eine deutlich wahrnehmbare Tendenz zur Standortindividualität.

Dabei sind die Effekte von Zweitplatzierungen extrem von der jeweiligen Kategorie abhängig. Süßwaren funktionieren anders als Fertiggerichte. Es geht darum, das richtige Maß für die jeweilige Warengruppe zu finden.

„Geänderte Konsumbedürfnisse haben die Anforderungen an die Qualität der Verkaufsförderungen und -mittel entscheidend erhöht“, erkennt man bei Combera in München. Die Märkte wirkten aufgeräumter und hochwertiger. In der Folge lehnten Handelspartner immer häufiger Zweitplatzierungen ab. Gleichzeitig gewinnen Inszenierungen und bekommen mehr Fläche.

Neue Chancen für die Markenartikler. Da gelte der Grundsatz, dass je besser eine Zweitplatzierung gemacht sei und je besser sie den Shopper anspreche, umso besser verkaufe sie. Dabei benötige eine Preispromotion (quantitative Promotion) keine teure Ausstattung, da hohe Kosten durch das Price-off anfallen. Dagegen sollte eine Erlebnis-Promotion alle Mittel in einen starken PoS-Auftritt und eine Verzahnung mit allen relevanten Kommunikationskanäle legen, ist man bei Combera überzeugt.

Eine Studie der STI-Group und der Philips-Universität Marburg ergab, dass im Durchschnitt durch die Displayplatzierung und ohne Preisreduktion ein Mehrabsatz von rund 106 Prozent erzielt wird. Natürlich ist der richtige Platz entscheidend. Zweitplatzierungsfriedhöfe und/oder Kopf-ab-Displays sind keine Seltenheit. Machmal kommen sich so Schokolade und Waschpulver sehr nah. Das kann nicht Sinn und Zweck einer vergleichsweise teuren VkF-Maßnahme sein, die dem Handel als Verkaufsstimulanz an die Hand gegeben wird.

Zusammenspiel mit dem Regal
Alexander Ehrl, Geschäftsführer beim Marktforschungsunternehmen Plan + Impuls in München, kennt aus der Praxis Optimierungsansätze. So wurde im Zuge einer Regal-Optimierung durch einen international agierenden Spirituosen-Anbieter bei einem bekannten, selbstständigen Edekaner zeitgleich bei den Zweitplatzierungen aufgeräumt. Das heißt, zu diesem Zeitpunkt fanden sich ca. 30 Spirituosen-Displays im Markt und insbesondere vor dem Regal. In der sechsmonatigen Testphase wurden rigoros nur noch die Handzettel-Artikel, in der Regel verbunden mit Preisnachlässen, zweitplatziert. Zudem wurden sie überwiegend in festen Zweitplatzierungsmöbeln (Holz-Fässern) herausgestellt.

Der Gesamtumsatz der Kategorie lag am Ende des Tests 8 Prozent über dem Ausgangswert. Da nicht genau nachvollziehbar ist, welchen Anteil Regal und Zweitplatzierung daran haben, bleibt für Ehrl aber die Erkenntnis, dass eine Fokussierung auf die richtigen Zweitplatzierungsartikel und Marken keine negativen Umsatzeffekte zur Folge hat, aber die Bestandskosten deutlich senkt.

Diese Verringerung an Zweitplatzierungen funktioniert aber nur, „wenn das Regal konzeptionell in Ordnung ist, von ihm eine hohe Aufmerksamkeit ausgeht, ausreichend Fläche zur Verfügung steht, und der Zugriff für den Kunden frei ist“, erklärt Marktforscher Ehrl. Letzteres sei häufig nicht der Fall. Man habe sogar belegen können, wie der Regalabsatz bestimmter Segmente leide, wenn direkt davor Aktionsstraßen den Zugriff erschweren.


Förderlich für die Spontaneität
Wie Zweitplatzierungen auch in relativ geplanten Kategorien wie Gemüsekonserven deutliche Zusatzkäufe auslösen können, erklären Shopper Insights für Bonduelle. IRI-Analysen zeigen in diesem Fall: Zweitplatzierungen mit der für die Warengruppe relevanten Marke bringen auch ohne Price-off in Relation gesetzt zum alleinigen Regalabsatz mehr als eine Verdoppelung des Absatzes. Der Grund dafür:


Loaker Deutschland setzt auf Selfsampling-Displays für die Classic Waffeln. „Eine logistisch sinnvolle Lösung, um vielen Märkten gleichzeitig eine Produktverkostung im Verbund mit einer Zweitplatzierung zu bieten“, sagt Andreas Wilkening, Geschäftsführer Vertrieb.

Kunde verkostet eigenständig
Die Displays kommen fertig konfektioniert mit befüllter Schütte im Markt an. Die Platzierung ist flexibel möglich auf der Aktionsfläche, wenn vorhanden, am Gondelkopf oder in Wartebereiche wie z.B. vor der Bedientheke oder der Kasse. „Wir sind überzeugt, dass Selfsampling nachhaltiger wirkt, weil die Verkostungsmuster über mehrere Tage eingesetzt werden können und keine Hemmschwellen bestehen, wie bei herkömmlichen Verkostungen, wenn Kunden direkt angesprochen werden“, erklärt Wilkening. Dass Nimmersatte sich Backen und Taschen füllen, damit müsse man einfach immer rechnen. Andererseits kommen verglichen mit klassischen Verkostungen, also mit Personaleinsatz, 60 Prozent weniger Kosten zum Tragen. Welche Absatzrelation sich am Ende ergibt, werde sich zeigen.

Das Thema verkaufsfördernde Impulse am PoS und die Optimierung von Zweitplatzierungen im Rahmen von Category-Management wird künftig also noch um mehrere Facetten reicher. VkF von der Stange ist im Handel heute in jedem Fall nicht mehr so gefragt.

Kundenbedürfnisse wechseln

Carrefour leitet Kunden
Der französische Lebensmittel-Einzelhändler Carrefour testet aktuell ein Innenraum-Positionierungssystem zur Kundennavigation durch den Supermarkt. Die im Carrefour- Markt installierten LEDLeuchten (von Philips) dienen nicht nur als Lichtquelle, sondern navigieren auch die Kunden bei ihrem Einkauf durch den Markt und liefern Informationen zum Warenangebot und aktuelle Aktionen auf deren Smartphone. Die Navigation ist bis auf 30 cm genau und erfordert laut Hersteller außer den speziellen LED-Leuchten keine weitere Investition in zusätzliche Hardware. Zudem werden, bezogen auf konventionelle Beleuchtung, bis zu 50 Prozent Energie gespart. Jeder Leuchte ist eine eigene 68 LP 10/2016 Sortiment / Impulsplatzierung IP-Adresse zugeordnet, sodass sie als Positionierungsraster zur Kundennavigation und -kommunikation am PoS dienen können. In Verbindung mit ihrem Smartphone sowie einer händlerspezifischen App, in der die Verkaufsraumstruktur mit allen Gängen, Regalen und Waren hinterlegt ist, werden die Kunden auf ihrem persönlichen Einkaufsweg durch den Markt geführt. Den haben sie vor dem Einkauf mit ihrer elektronischen Einkaufsliste festgelegt. Dabei erhalten sie auch positionsbezogene Informationen und Empfehlungen zu den gewünschten Waren sowie zu aktuellen Sonderangeboten. Die Kommunikation erfolgt über das Licht mithilfe einer für das Auge nicht wahrnehmbaren Codierung direkt zur Smartphone-Kamera. Solangediese die Lichtsignale empfängt, werden die Informationen zur Navigation und die zum jeweiligen Standort hinterlegten Daten übertragen. Der Datenstrom fließt ausschließlich von der Leuchte zum Smartphone und nicht in umgekehrter Richtung. Die individuelle Kunden-position wird also nicht erfasst. Das Philips Indoor- Navigationssystem besteht außer den LED-Leuchten aus der Carrefour-App, in die eine lokale Cloud-basierte Datenbank mit der Verkaufsraumarchitektur und eine spezielle Philips-Software integriert ist, mit der die Kunden ihre mobile Interaktionsplattform aufbauen können. Die App „Promo C’où“ kann in Frankreich im Apple-Store heruntergeladen werden. Weiteres Zubehör ist nicht erforderlich. Das im Carrefour- Hypermarkt in Lille eingesetzte Beleuchtungssystem umfasst insgesamt 800 lineare LED-Leuchten (Gesamtlänge 2,5 km), die mit einer patentierten Technologie, der Visible Light Communication (VLC), arbeiten.