Fertiggerichte Belebende Maßnahmen sind notwendig

Der Vollsortimenter muss bei gekühlten und ungekühlten Fertiggerichten wieder Abstand zu den Discountern gewinnen. Eine Chance bietet, so die heutige Sicht der Dinge, der Vegan-Trend, der mit Sortimenten und nicht vereinzelten Produkten abgebildet werden muss.

Donnerstag, 12. März 2015 - Sortimente
Dieter Druck
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Der Discounter wird das Feld der gekühlten und ungekühlten Fertiggerichte nicht kampflos dem Vollsortimenter überlassen. Lidl mag mit seiner Qualitätsansprache ein Beispiel sein. Ob gut oder schlecht bzw. überzeugend sei einmal dahingestellt. Spartanische Sortimente und die alleinige Preisausrichtung gehören beim Harddiscount schon länger der Vergangenheit an. Damit erwarten Kenner der „Chilled-Food-Szene“, dass letztlich der Vollsortimenter mit den Themen Frischelogistik, Ultrafrische, Premium-Qualitäten und Wertschöpfung neue Maßstäbe setzen muss, um damit wieder Abstand zwischen sich und die Discounter zu bringen.

Ein aktuelles Beispiel liefert Netto. Seit Anfang März führt der Marken-Discounter in den Filialen (nicht Netto-City) Mehrkammerschalen bzw. Dampfgarschalen mit frischen Zutaten für die Zubereitung in der Wokpfanne bzw. in der Mikrowelle. Komponenten der Wok-Menüs sind Fleisch, Gemüse sowie Nudeln und Sauce. Die Zwei-Portionen-Packung (700 g) wird für 5,49 Euro angeboten (Probierpreis: 4,99 Euro). Die vier Mikrowellen-Varianten (400 g für 3,99 Euro; Probierpreis 3,59 Euro) basieren auf einer Kunststoffschale mit patentiertem Ventil für einen kontrollierten Druckaufbau. Die Produkte haben vier Tage Restlaufzeit.

Es wird ebenso wieder über hochgradig conveniente Teilfertiggerichte und vor allem einzelne Menükomponenten gesprochen, die seinerzeit, in der Hochphase der ersten Chilled-Food-Welle, schnell wieder vom Markt verschwunden waren. Zu teuer für den deutschen Geschmack, hieß es damals. Damals. Heute glauben Marktforscher, Hersteller und Handel eine stärkere qualitative Orientierung des Konsumenten zu erkennen. Aber gleichzeitig hat man Preisschwellen vor Augen, die im Einstiegsbereich der ungekühlten Fertiggerichte insgesamt unter 2 Euro liegen und bei Markenangeboten vielleicht knapp unter 3 Euro. Gleichzeitig, so Sven Hamann von SGS Genießerservice, werde durch die Gastro- und To-go-Angebote, die überwiegend zwischen 4 und 6 Euro liegen, der EVP nach oben limitiert. Das expandierende To-go-Angebot wird nach Hamanns Einschätzung auch im Discount zu Frische-Produkten mit kürzeren MHDs führen.

Das heißt nicht, dass der Sektor ungekühlt zwangsläufig beschnitten wird. Aldi Nord, so wird berichtet, sei unterwegs, um dieses Angebot „qualitativ aufzuwerten“, mit „sicheren“ Restlaufzeiten zwischen drei und vier Monaten. Dennoch zeigt der Langfristvergleich der GfK, dass von 2007 bis 2014 vor allem die Fertiggerichte in Dosen (-20,6 Prozent) im Markt rückläufig sind. Insbesondere die SB-Warenhäuser verzeichnen in diesem Zeitraum ein deutliches Absatzminus bei Fertiggerichten in Dosen von nahezu 46 Prozent. Bei den Vollsortimentern sind es immerhin noch 13,5 Prozent minus und bei den Discountern betragen die Absatzrückgänge - 9,8 Prozent. Der einzige Bereich, der über die sieben Jahre gewinnt, sind die gekühlten Fertiggerichte in Schalen und Bechern bei den Discountern (+ 4,1 Prozent, Absatz in t.). „Die Umsatzentwicklung im Langfristvergleich sieht nicht ganz so düster aus wie die Absatzentwicklung (+1,9%). Aber diese Zahl sollte nicht täuschen, denn dahinter stehen Preissteigerungen und keine Käufergewinne, auch bei den Discountern“, erläutert Ilona Beuth, Senior Product Manager, Consumer Panel GfK.

Der kurzfristige Jahresvergleich 2013 zu 2014 ist geprägt von der Erholung der Märkte nach dem „Pferdefleisch-Skandal“ im Frühjahr 2013. „Auch wenn bis auf die SB-Warenhäuser die anderen Einkaufstätten ein Absatzplus verzeichnen, insgesamt wurde die Tonnage eines ’normalen’ Jahres 2012 nicht erreicht. Auch die Entwicklung der Käuferreichweite ist nicht erbaulich. „2007 kauften noch 62 Prozent aller deutschen Haushalte Fertiggerichte ein. Im Jahr 2014 waren es nur noch 56 Prozent. Hier haben wiederum vor allem die ungekühlten Dosenprodukte in der Verbrauchergunst verloren, Nur noch 36 Prozent der deutschen Haushalte greifen zu Fertiggerichten in Dosen“, kommentiert Ilona Beuth.


Hamann meldet für SGS eine stabile Entwicklung in allen Segmenten, inklusive der Marke Schuhbecks, und wachsende Umsätze bei den vegetarischen / veganen Gerichten unter der Marke My Deli. Dieser Bereich wird weiter ausgebaut.

Positive Verläufe und im vergangenen Jahr ein wertmäßiges Plus bei der Marke von 10 Prozent verzeichnet die Dornseifer GmbH in Wenden. Dahinter stecke, so Geschäftsführer Peter Dornseifer, eine konstante Entwicklung bei den Menüs und gegenläufig zur generellen Markttrend auch ein Plus bei Suppen und Eintöpfen. Das sei u.a. Resultat einer vor zwei Jahren eingeleiteten Qualitätsoffensive in diesem Segment. Hier werde Dornseifer voraussichtlich im kommenden Jahr Neues präsentieren. Potenzial für das Familienunternehmen sieht er aktuell bei den herzhaften Snacks , weil hier „nationale Leader-Marken den Gesamtmarkt voranbringen und nachhaltige Impulse setzen“. Dieser anhaltende Aufschwung gehe aus seiner Sicht nicht zu Lasten der gekühlten Fertiggerichte. Wichtig sei, im Handel die Impulskraft des Snack-Angebotes durch Zweitplatzierungen im Kundenlauf zu nutzen. Bei den Rezepturen bleibt Dornseifer weitgehend auf Linie mit den Klassikern der „gut bürgerlichen“ Küche. Die Marktexpansion von vegetarischen bzw. veganen Gerichten werde beobachtet, aber derzeit noch nicht aufgegriffen, sagt Dornseifer.

Keunecke, traditionsreicher Feinköstler aus Ballenstedt, ist seit 2007 im Chilled- Food-Segment unterwegs. Was einst mit gekühlten Suppen begann, ein schwieriges Feld, wie Geschäftsführer Ekkehard Heilemann unterstreicht, hat sich auf kühlbedürftige Fertigerichte verlagert. Ein gewisser Fokus liegt hier auf Einkammerschalen. Insgesamt erzielt das Unternehmen mit gekühlten Fertiggerichten im vergangenen Jahr ein Umsatzplus von 30 Prozent, auf noch vergleichsweise kleinem Niveau, wie Heilmann einräumt. Die Basis des Sortiments sind Klassiker und Regionales, wie beispielsweise die Spirelli mit Jagdwurst und Tomatensauce oder die Thüringer Bratwurst mit Sauerkraut. Was nicht heißt, dass man bei Keunecke die aktuellen Entwicklungen links liegen lässt. Im Herbst werden zwei bis drei vegetarische Produkte auf den Markt gebracht.

Mars Food Deutschland bewegt sich in verschiedenen Wachstumsbereichen, wie z.B. dem Segment Fertigreis, das seit Jahren zweistellig wächst (Gfk Consumer Scan). In den mit den Marken Uncle Ben’s und Mirácoli besetzten Kategorien Beilagen, Nass-Saucen und ungekühlte Fertiggerichte wird nach wie vor Entwicklungspotenzial gesehen. Neben den langjährigen Trends wie ethnische Saucen und Italo-Klassiker, erkennen die Verdener eine steigende Nachfrage nach traditionellen Gerichten aus anderen Ländern. Die Line Extension Uncle Ben’s Paella liefert das jüngste Beispiel dazu. In diesem Jahr gehe es darum, so Thomas Lieske , Sales Director Mars Food Deutschland, auf Basis neuer Shopper-Erkenntnisse gemeinsam mit dem Handel die Kategorien, in denen Uncle Ben’s und Mirácoli präsent sind, zu optimieren. Eine weitere Maßnahme ist die Ausweitung der Media-Unterstützung sowie kundenindividueller Promotions, „die klare Abgrenzungsmöglichkeiten zu anderen Vertriebslinien bieten“, sagt Lieske. Neu ist auch der Einsatz von 15 mobilen Verkostungsstationen, die an belebten Plätzen in ausgesuchten Großstädten oder bei Events zum Einsatz kommen.

Die Marke Weight Watchers entwickelte sich positiv, vor allem über das Segment der gekühlten Fertiggerichte. Im vergangene Jahr wuchs dieser Bereich um rund 5,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bei nahezu stabilen Preisen. Neben einer hohen Wiederkaufrate wurde auch die Distribution weiter ausgebaut. Treibende Kraft sind regelmäßige Innovationen. Lizenzpartner Gastina hat im Januar das neue Thai Green Curry aufgelegt. Weitere Neuprodukte der Lizenzpartner folgen noch im 1. Halbjahr. Mit den neuen To-go-Salaten und einer Gemüse-Lasagne wird der Trend „vegetarisch“ durch Weight Watchers bedient.


„Wir haben das Angebot den Nachfrageveränderungen angepasst“

Bei ungekühlten Fertiggerichten registrieren wir für unser Rewe-Center steigende Ab- und Umsätze, vor allem getragen von der Marke Barilla. Auch die neue Suppen-/Eintopf-Range von Knorr im Standbodenbeutel ist ein Ansatz, der unserem Markt aus meiner Sicht neue und vor allem jüngere Konsumenten in diesem Teilmarkt bringt. Bei den Marken-Eintopf-Klassikern ist bei uns keine Dynamik zu erkennen. Gleiches gilt für die Schalenmenüs. Wir bewerten deshalb in diesem Umfeld unsere Eigenmarke höher als die zwei bis drei Markenanbieter. Der Regalplatz für ungekühlte Fertiggerichte ist gleichgeblieben, aber wir haben die Anteile innerhalb des Angebotes den Nachfrageveränderungen angepasst.

Besondere Dynamik erfahren bei uns aktuell die gekühlten Fertiggerichte, insbesondere aufgrund des Veggie- bzw. Vegan-Trends. Wir haben das Angebot deutlich ausgebaut und führen beispielsweise Produkte von Valess, Garden Gourmet, Lord of Tofu, Veggie Friends, My Deli von SGS und Vegaland. Von diesem Angebot und den „Newcomern“ gehen bei uns derzeit besondere Nachfrageimpulse aus, während die Absätze der eher auf Gewichtsmanagement positionierten Marken wie Weight Watchers und Du Darfst das Absatzniveau halten. Ich erwarte, dass sich diese Entwicklung im Center fortsetzt.

Georg Folkerts, Rewe Freiburg

„Der Vegan-Trend wird künftig das Angebot der Fertiggerichte beeinflussen“

Die klassischen Fertiggerichte in Mehrkammerschalen, gekühlt oder ungekühlt, tun sich aufgrund unserer speziellen Standortbedingungen in einem Andernacher Wohngebiet jenseits des Zentrums schwer. Wir haben einen relativ hohen Anteil älterer Kunden, sowie viele mit osteuropäischen Wurzeln, die ihre Mahlzeiten aus frischen Zutaten noch überwiegend selbst kochen. Eine gewisse Ausnahme machen bei uns gekühlte Artikel wie Lasagne und Nudeln bzw. Beilagen z.B. von Steinhaus, Bürger, Henglein oder Hilcona. Dieses Segment zeigt eine positive Absatzentwicklung.

Die Suppen und Eintöpfe von Struik, Erasco etc. sehen wir als traditionelles Angebot mit einem mehr oder weniger festen Kundenstamm.

Wir sind überzeugt, dass sich der Trend nach veganen Lebensmittel im gekühlten Sortiment niederschlagen wird, auch wenn sich das Ganze bei uns in den Absatzzahlen aktuell noch nicht widerspiegelt. Mit einzeln Produkten ist da auch nicht viel zu erreichen. Sortimentskompetenz ist hier erforderlich, um als Vollsortimenter vegan orientierte Kunden gewinnen zu können. Daher planen wir für die zweite Jahreshälfte eine größere, eigenständige Platzierung mit Kühlmöbeln und Regalen im Umfeld der O&G-Abteilung.

Karl-Heinz GiehlHit Andernach