Bananen Bananen-Produktion: Angst vor Krankheit

Die Bedrohung ist real: Es scheint nur eine Frage der Zeit, bis ein Pilz mit Namen TR4 die Anbaugebiete in Mittel- und Südamerika erreicht. Welche Gegenmaßnahmen treffen die Anbauer? Gibt es Alternativen zur Cavendish, der wichtigsten Exportbanane?

Freitag, 30. Januar 2015 - Sortimente
Heidrun Mittler
Artikelbild Bananen-Produktion: Angst vor Krankheit
Platanos von den Kanarischen Inseln mit braunen Flecken auf der Schale
Bildquelle: Shutterstock

Es rumort in der Bananenwelt. Monatelang hat eine geplante Fusion die Branche in Atem gehalten: Der US-Fruchtkonzern Chiquita hat einer Übernahme durch den brasilianischen Saftkonzern Cutrale zugestimmt, nachdem man zuvor ursprünglich mit dem irischen Wettbewerber Fyffes zusammengehen wollte. Das Machtgefüge in der Branche mit nur wenigen großen Spielern verschiebt sich – nur wie, das bleibt abzuwarten. Chiquita äußert sich derzeit noch nicht. Fyffes, die „verschmähte Braut“, blickt hingegen zuversichtlich und voller Elan auf den deutschen Markt. Michaela Schneider, zuständig für Marketing Kontinental Europa, plant konkrete Marketingaktivitäten mit Handelspartnern und einen Relaunch der Marke Fyffes.

Ein ganz anderes Thema beschäftigt die gesamte Branche: ein Pilz, der die Plantagen weltweit gefährdet. In manchen Medien ist von einer „Invasion“ und sogar „Seuche“ die Rede. Es handelt sich um TR4.

Bleiben die Bananenregale im Lebensmittelhandel demnächst leer? Immerhin reden wir über den größten Einzelartikel in der Obst- und Gemüseabteilung des deutschen Handels. Mengenmäßig sind Äpfel zwar noch bedeutender, aber hier gibt es zahlreiche Sorten. Bei „der“ Banane spricht man – abgesehen von einigen Zusatzartikeln, abgebildet auf S. 75 – von der Sorte Cavendish, die weltweit auf Plantagen kultiviert wird. Jeder Bundesbürger verspeist pro Jahr rund 11 kg davon. Dieses wichtige Handelsgut soll im ungünstigen Fall vom Markt verschwinden? Kaum vorstellbar!

Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass sich die Sorte Gros Michel innerhalb weniger Jahre verabschiedet hat. Diese besonders wohlschmeckende Banane ist in den 1960er-Jahren der sogenannten Panama-Krankheit zum Opfer gefallen. Ein Pilz mit Namen TR1 hatte die Böden befallen, er ließ die Pflanzen verdorren und vernichtete innerhalb weniger Jahrzehnte weltweit die Plantagen. Wie gut, dass in einem Botanischen Garten in Saigon früh genug eine Sorte entdeckt wurde, die der Panama-Krankheit trotzen konnte. Die Cavendish schmeckte zwar weniger süß als die Gros Michel, ihre dünnere Schale machte sie anfälliger für Transportschäden – aber sie startete ihren Siegeszug durch die Welt. Heute macht sie mehr als 95 Prozent aller Exportbananen aus.

Ihr großer wirtschaftlicher Erfolg beruht u. a. auf einer Tatsache, die sie biologisch gesehen so verletzlich macht. Die Cavendish ist ein Klon, die Bananenstauden werden über Setzlinge vermehrt. Eine Banane sieht nicht nur äußerlich aus wie eine andere, sie trägt auch exakt das selbe Erbgut – ganz egal, welche Marke sie später auf ihrer Schale trägt. Viele Plantagen in den mittel- und südamerikanischen Exportländern sind riesengroß, Monokulturen prägen das Gesicht der Landschaften. Sobald eine Pflanzenkrankheit die Plantagen befällt, ist sie kaum noch zu stoppen und vernichtet große Teile der Ernte. Im vergangenen Jahrhundert hieß der Übeltäter TR1 (Tropical Race 1), heute geht die größte Gefahr von einem Nachfolger mit der Bezeichnung TR4 aus, einem Pilz, der im Boden lebt. In einigen Anbaugebieten, wie Südostasien, China und Teilen Afrikas, hat er bereits große Schäden angerichtet.

Del Monte, einer der drei großen weltweiten Player, weist auf LP-Anfrage darauf hin, dass „es sich hierbei um keine neue Entwicklung handelt, und viele Bananenregionen in Asien seit mehreren Jahrzehnten mit dieser Krankheit zu tun haben“. Das Unternehmen betont, dass bisher „keine unserer Plantagen in Lateinamerika von der Krankheit befallen“ wurde, es gebe keinen Grund anzunehmen, „dass sich die Situation in der nächsten Zeit ändert“. Allerdings nehme man die potenzielle Gefahr sehr ernst, so Del Monte.


Chiquita argumentiert ähnlich: „TR4 ist zwar eine massive Bedrohung, aber auf unseren Plantagen noch nicht relevant. Wir beschäftigen uns aus wissenschaftlicher Sicht damit und betreiben Prävention“, sagt Ernst Schulte, der bis Jahresbeginn Managing Director bei der Chiquita Deutschland GmbH in Duisburg war und sein Amt mittlerweile an Marc Speidel abgegeben hat.

Auch alle anderen Produzenten, die auf die LP-Anfrage geantwortet haben, sind sensibilisiert. Ralph Fischer, Experte bei Inter Weichert in Hamburg, fasst es so zusammen: „In Zentral- und Südamerika gibt es derzeit noch kein akutes Problem.“ Fischer, der sich schon sein ganzes Berufsleben mit Früchten beschäftigt, ist überzeugt, dass die Cavendish nicht innerhalb weniger Jahre komplett vom Markt verschwindet. Denn anders als im vergangenen Jahrhundert bei der Gros Michel gebe es heute „weitaus bessere technische Möglichkeiten“ zum Schutz der Plantagen.

Aber: Die Sporen des Pilzes, so bestätigen Wissenschaftler, sind enorm aggressiv, schon kleinste Mengen reichen aus, um eine Pflanzung zu infizieren. Deshalb lautet das erklärte Ziel, „die Verschleppung zu vermeiden und generell Bodenerreger nicht von einer Plantage zur nächsten zu tragen“, so Michaela Schneider von Fyffes. Für den Bioanbau, der in Ländern wie Kolumbien, Ecuador, Peru und der Dominikanischen Republik betrieben wird, sind diese Vorsorgemaßnahmen noch erheblich wichtiger. Fyffes bezeichnet sich selbst als führenden Vermarkter für Bio-Bananen in Europa. Die Mitarbeiter auf den Plantagen sollen zum Beispiel ihre Schuhe in einem Bad desinfizieren, bevor sie eine Plantage betreten, gleiches gilt für Transport-Container und Arbeitsmaterialen.

In die gleiche Richtung geht die Forderung von Univeg Deutschland. Manfred Pülm, Sustainability Coordinator der Univeg-Gruppe, sagt: „Da es derzeit keine Behandlungsmöglichkeiten gibt, bleibt den Produzenten nur, auf eine sehr gute Hygiene in der Finca zu sorgen, um das Einschleppen zu verhindern.“ Das Unternehmen San Lucar weist darauf hin, dass man kein Pflanzenmaterial von außerhalb verwenden, sondern nur Pflanzen aus zertifizierten Baumschulen einsetzen sollte.

Wenn die Bananenstauden aber erst einmal befallen sind, wird es schwierig. Der Pilz lebt im Boden, dringt über die Wurzeln in die Pflanzen ein, unterbricht die Flüssigkeitszufuhr und lässt sie verdorren. Derzeit steht kein Gegenmittel zur Verfügung, eine „Heilung“ für die betroffenen Bäume ist also nicht in Sicht. Im Ernstfall gibt es nur eine Lösung: eine neue Variante, die unempfindlich gegen den Erreger TR4 ist.

Die Züchtung neuer Bananensorten ist viel schwieriger als bei Äpfeln oder anderem Obst. Der Grund: Die Cavendish trägt keine Samen im Fruchtfleisch, die man zu Kreuzungen verwenden kann. Eine Zucht mit traditionellen Mitteln ist aufwändig und dauert lange, Gentechnik könnte die Suche beschleunigen. An einigen Universitäten wird derzeit intensiv an diesem Thema geforscht, erfolgversprechende Ergebnisse aber sind bislang noch nicht veröffentlicht geworden.

Weltweit sind etwa 1.000 verschiedene Bananensorten bekannt. Die Frage ist nur, ob sie dem Geschmack der Westeuropäer zusagen. Und ob sie so beschaffen sind, dass sie den Transport vom Herkunftsland nach Europa unbeschadet überstehen. Bei den drei rechts im Bild gezeigten Produkten ist das der Fall, wobei man einschränken muss: Die Kanarischen Platanos sind im deutschen Handel teilweise ein schwieriges Produkt, weil sie bei der Anlieferung bereits braune Flecken auf der Schale tragen (die laut der Produzenten durchaus als Qualitätsmerkmal anzusehen sind). Die deutschen Konsumenten aber suchen nach äußerlich makellosen Früchten.

Der Niederländer Gert Kema arbeitet als Forscher an der Universität in Wageningen seit Jahren an widerstandsfähigen Bananen. Er weiß, dass der Pilz kaum zu kontrollieren ist, hat aber noch keinen Ersatz für die Cavendish gefunden. Kema spricht von einem „globalen Problem“, fordert eine konzertierte Aktion aller Beteiligten. „Tausende Hektar Cavendish sind bereits zerstört“, schreibt er auf www.panamadisease.org. „Viele werden folgen, wenn wir die Panamakrankheit nicht stoppen können.“

„Wir müssen sofort handeln“, fordert zugleich Fazil Dusunceli von der Ernährungs-Organisation der Vereinten Nationen FAO. In vielen Entwicklungsländern gehören Bananen zu den Grundnahrungsmitteln. Fehlen sie, bedeutet das dort: Hunger.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Der ganze Stolz des Arbeiters auf der Plantage: eine Handvoll Bananen. Geerntet auf der Finca Magdalena in Puebloviejo, Ecuador.
Bild öffnen Platanos von den Kanarischen Inseln mit braunen Flecken auf der Schale
Bild öffnen Bananen wachsen an Stauden. Die 35 bis 50 kg schweren Büschel werden mit grüner Schale geerntet und per Schiff nach Europa verfrachtet.
Bild öffnen Die Gefahr lauert im Boden: Der Pilz dringt über die Wurzeln ein und lässt die Pflanzen verdorren. Die im Bild gezeigte Plantage ist nicht befallen.
Bild öffnen Babybananen
Bild öffnen grüne Kochbananen