Haribo „Fan-Artikel“ bewegt die Gummibären-Liga

Klassiker wie die Goldbären kann man neu erfinden. Das beweist Haribo mit der „Fan-Edition“. Ein medialer und absatzfördernder Hype. Das macht den Hersteller froh und den Handel ebenso.

Montag, 06. Oktober 2014 - Sortimente
Dieter Druck
Artikelbild „Fan-Artikel“ bewegt die Gummibären-Liga
„Welche Zweitplatzierungen werden schon im Supermarkt
fotografiert?“ Marco Alfter
Bildquelle: Belz

Die Goldbären-Fan-Edition von Haribo hat eine Begeisterungswelle ausgelöst, die bis zum Supermarktregal durchschlug: Ausverkauf in nur vier Wochen, On-Top-Umsätze am PoS und bundesweite, mediale Präsens auf allen Kanälen. Die Konsumentenabstimmung ist nicht neu, das nutzen bereits andere Anbieter, aber Haribo setzte mit der Emotionalisierung und der Markenstärke von Goldbären noch eins drauf. Die Kampagne und neue Wege der Kommunikation beschreiben Marco Alfter, Leiter Unternehmenskommunikation, und Alexander Kukla, Leiter Onlinekommunikation.

Von Handelsseite ist immer zu hören, dass es den Herstellern an Innovationsdynamik fehlt. Ziehen Sie sich diesen Schuh an?
Marco Alfter: Beileibe nicht. Seit Jahrzehnten beweisen wir unsere Innovationskraft. Wir sind nah dran an den Verwendern, haben immer Ideen in der Pipeline, können schnell reagieren, manchmal reichen zwei Wochen, und besitzen die produktionstechnischen Voraussetzung zusammen mit emotionalen Marken.

Ist die Nähe zum Konsumenten eine der Stärken der Marke Haribo?
Wir sehen das so. Wobei Haribo nicht nur in Deutschland eine demokratische Marke ist. Das heißt, es besteht keine Distanz zum Konsumenten, wir gehen offen mit den Medien um, unsere Produktmanager befassen sich eingehend mit der Zielgruppen und gehen auf deren Wünsche bzw. Kommentare ein.

Das aktuelle Beispiel dafür liefert die Fan-Edition. Steht dahinter ein neuer Ansatz der Produktentwicklung und Kommunikation?
Alexander Kukla: Die Einbindung von Verbrauchern bei der Findung von Geschmacksvarianten ist nichts Neues. Zudem ist Haribo seit 2010 auf Facebook aktiv und nutzt die Social-Media-Plattform zum direkten Dialog mit den Konsumenten. Aber es erreichen uns auch noch handschriftlich verfasste Briefe. Es war für uns jedoch die erste Kampagne mit Social-Media-Schwerpunkt.

Was hat es gebracht?
Alfter: Auf Facebook verzeichneten wir bei der Auswahl der Geschmacksrichtungen eine sechsstellige Teilnehmerzahl, und nachher war die Edition innerhalb von vier Wochen ausverkauft. Die Umsätze kamen on top, keine Kannibalisierung. Dazu kommt eine hohe mediale Präsenz. Nicht zu vergessen der emotionale Faktor. Als die ersten Beutel im Handel auftauchten, wurden Bilder direkt vom PoS gepostet. Das gelingt sicherlich nur wenigen Marken. Welche Zweitplatzierungen werden schon im Handel fotografiert?

Wie lief das Ganze ab?
Die Idee wurde im Sommer 2013 geboren. Bis zur Umsetzung verging ein halbes Jahr. Dabei liegt dem Ganzen eine Frage zugrunde, die unsere Fans und Verwender schon seit Jahrzehnten beschäftigte: Warum gibt es keine blauen Goldbären? Die Antwort: Es fehlte uns bislang ein stabiler, natürlicher Farbstoff, und bei Blau besteht keine direkte Assoziation zu einer Frucht.


In welcher Form wurde dann Social Media eingesetzt?
Kukla: Über die Facebook-Community wurden zwölf Geschmacksvarianten, von denen wir wussten, dass diese von Verbraucherseite bereits schon mal angefragt wurden, zum Beispiel Waldmeister, zur Wahl gestellt. Parallel dazu haben wir Passanten auf der Straße und Käufer im Bonner Haribo-Shop gefragt.

Passen Haribo und Social Media zusammen?
Internet und Social-Media sind eine Seite unseres Austauschs mit den Haribo-Fans, bringen uns eine neue Form des Kontakts. Das funktioniert sehr gut mit der Marke Haribo. Es muss aber nicht bei Facebook bleiben. Auf diesen Kanälen erfolgen schnelle Wechsel. Parallel dazu nutzen wir weiterhin das Instrumentarium wie TV und Print sowie die neuen Kanäle Smartphone und Smart-TV. Wir haben eine breite Zielgruppe, die, will man sie in ihrer Gesamtheit erreichen, über verschiedene Kanäle angesprochen werden muss. Außerdem ist der Einsatz abhängig vom Produkt. Beispielsweise würden wir bei Lakritz eher klassische Medien nutzen.

Erreichen Sie damit neue Zielgruppen?
Wir sprechen eine breite Zielgruppe an, und haben, wenn wir den Fokus auf Social Media richten, auch dort bereits eine große Fangemeinde. Hier war keine Aufbauarbeit zu leisten. Aber Sie haben recht, dass wir mit der Fan-Edition eine jüngere Verwendergruppe ansprechen, die im Kern 14 bis 29 Jahre alt ist.

Wird sich die Markenkommunikation in den kommenden Jahren grundlegend ändern?
Alfter: Ob grundlegend, vermag ich heute noch nicht zu sagen. Auf jeden Fall wird die Kommunikation noch mobiler und schneller. Gleichzeitig stoßen wir auf eine kommende Generation, die weniger Kommunikationsalternativen zu Social Media nutzt. Haribo folgt als alltäglich präsente Marke dieser sich ändernden Mediennutzung.

Heißt das gleichzeitig kürzere Produktzyklen?
Wir haben den Vorteil, dass wir wegen unserer Möglichkeiten schnell auch auf kurzfristige Trends reagieren können. Die Produkte müssen nicht zwangsläufig langlebig sein. Aber aus diesen Schnellschüssen sind einige Klassiker wie z. B. die Vampire, die Kombination vom Fruchtgummi und Lakritz, hervorgegangen. Das Ganze bringt zusätzliche Abwechslung, lässt sich über Displays zeit- und punktgenau platzieren und löst damit Impuls- bzw. Probierkäufe aus.

Wie viele Neuheiten bringen Sie derzeit durchschnittlich in einem Jahr auf den Markt?
In Deutschland sind das zwischen 10 und 15 Neuprodukte.

Limited Edition ist in diesem Zusammenhang ein weiterer Aspekt. Ist der noch wirksam?
Das ist nach wie vor für uns ein wirksames Instrument, das noch weitere Möglichkeiten bietet. Zum Beispiel kommen wir als nächstes mit einer Colorado Wintermischung in den Handel.

Kommt künftig der Goldbär auch aus dem 3-D-Drucker?
Hier sehe ich für den Bereich Lebensmittel keine Relevanz. Allein schon aufgrund unserer Rezepturgeheimnisse sind hier enge Grenzen gesetzt. Außerdem denke ich, dass die technologische Umsetzung schwerfällt.

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Bild öffnen Marco Alfter (l.), Leiter Unternehmenskommunikation bei Haribo, und Alexander Kukla, Leiter Onlinekommunikation
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fotografiert?“ Marco Alfter