Convenience Königsdisziplin der Frische

An der Ultrafrische scheiden sich im deutschen Markt die Geister. Die Full-Service-Beschicker der Frischetruhen im LEH bauen auf deutliche Unterscheidungsmerkmale.

Freitag, 19. September 2014 - Sortimente
Dieter Druck
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Fertiggerichte sind in Deutschland eine verlässliche Wachstumsgröße und zählen zu den hart umkämpften Warengruppen im Handel. Derzeit zeichnet sich laut der Trend-Elevation-Studie „Fertiggericht 2014“ von Mafowerk in Fürth ein Wandel ab (E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.). Moderne Nassfertiggerichte konkurrieren mit traditionellen Gerichten. Und Fertiggerichte für unterwegs, die direkt in der Verpackung zubereitet werden, gewinnen an Bedeutung. Getragen von einem steigenden Ernährungsbewusstsein und den damit zusammenhängenden veränderten Verzehrgewohnheiten, drängen Produkte für das Dampfgaren in den Vordergrund. Sie versprechen bessere Qualität und Aromaerhalt. Die Studie von Mafowerk (1.042 Verbraucherinterviews; Käufer in der Warengruppe) belegt, dass jeder dritte Bundesbürger mehrmals pro Woche zur Fertigmahlzeit greift. Meistens wird diese alleine gegessen. Gleichzeitig belegen andere Untersuchungen, dass bei den convenient aufbereiteten Gerichten nicht nur die junge Zielgruppe, sondern im zunehmenden Maße auch ältere Menschen, die in dieser Warengruppen kaufen. Marks & Spencer in England hat auf diese Zielgruppe reagiert und gekühlte, zubreitete Fleisch- und Gemüsemahlzeiten in Ein-Portionspackungen aufgelegt.

Schnelligkeit und Bequemlichkeit sind wesentliche Kaufargumente für Fertiggerichte. Es folgen die Aspekte Hunger, preisgünstig und probieren. Verbesserungswünsche an die Hersteller hegen 54,5 Prozent. „Ein im Vergleich zu anderen vergleichbaren Konsumgüter-Studien hoher Wert“, erklärt Mafowerk-Geschäftsführer Peter Mahn.

Die präferierte Haltbarkeit bei gekühlten Fertiggerichten liegt in der Mitte. Knapp 55 Prozent der Befragten bevorzugen eine Spanne bis zu 14 Tagen (siehe Grafik S. 64). Nur 12,8 Prozent schauen auf kurze Restlaufzeiten (bis zu fünf Tagen), wobei Frauen die sogenannten ultrafrischen Fertiggerichte stärker bevorzugen als Männer.

Tim Hörnemann, Geschäftsführer von Natsu (ehemals Tsunami) in Neuss, erkennt Wachstumspotenzial im Segment der gekühlten Convenience. Das resultiere schon alleine aus dem noch bestehenden distributiven Potenzial im LEH, Discount sowie Vollsortiment, und vielversprechenden neuen Convenience-Formaten wie z. B. Rewe-to-go inklusive der Kooperation von Rewe und Aral bei Tankstellenshops. „Das sind Schlüsselformate für die Expansion der Ultrafrische, denn hier kauft die passgenaue Zielgruppe, die moderne, qualitativ hochwertige Convenience sucht, ein.“

Natsu fokussiert auf die Ultrafrische, das heißt Restlaufzeiten von maximal fünf Tagen, und moderne Konzepte, die sich von landläufigen Angeboten deutlich unterscheiden. Als Beispiel nennt Hörnemann die Sandwiches von Natsu mit drei Tagen Restlaufzeit. „Mit unserem Angebot rollen wir die Sparte neu auf und zeigen, dass nicht allein nur niedrige Preise zum Kauf anregen. Unsere Sandwiches präsentieren in diesem Umfeld eine andere Welt“, ist er überzeugt. Eine Alleinstellung genieße derzeit auch das neue Suppenkonzept unter Natsu: das sind frische Gemüse und andere Zutaten mit einem pastösen Brüheanteil, die nur mit heißen Wasser aufgegossen werden und sofort verzehrfertig sind. Auch hier beträgt die Restlaufzeit fünf Tage. Weitere ultrafrische Angebotssegmente sind Wraps, Salate z. B. auf Basis von Couscous, Linsen etc. und Saucen. Mit rund 80 Prozent Umsatzanteil ist Sushi bei Natsu aber nach wie vor das Kerngeschäft, das aktuell, so Hörnemann, eine enormes Wachstum kennzeichne. Und eine Verlangsamung dieser Dynamik sei nicht zu erkennen. Sushi werde sich langsam aber sicher national verbreiten, wobei das Gros der Umsätze immer noch im urbanen Umfeld realisiert werde. Allerdings scheinen die Stadt-/Landunterschiede , so Hörnemann, langsam aufzuweichen. Und wer sich mit Ultrafrische durchsetzen wolle, kann heute nicht allein nur Artikel bereithalten, sondern muss ein schlüssiges Konzept für die Rundumbetreuung entwickeln, das von der Disposition über die Logistik b is zur Warenpflege am PoS reicht. Natsu fährt in Deutschland mit 90 Fahrzeugen rund 2.500 Verkaufsstellen drei Mal wöchentlich an.


„Die Nachfrage steigt und steigt“, sagt auch Hartwig Retzlaff, seit Kurzem neues Mitglied in der Geschäftsleitung von Deutsche See Fischmanufaktur und dort verantwortlich für die Bereiche Einkauf und Vertrieb, mit Blick auf das vor etwas mehr als einem Jahr aufgelegte Chilled-Food-Konzept unter der Marke City Farming. Die Nachfrage entwickele sich einerseits sehr positiv in den Ballungsräumen, aber auch zunehmend in ländlichen Regionen bzw. Kleinstädten, wo insbesondere Sushi stark im Kommen sei. Offensichtlich treffe das Angebot den Nerv von Konsumenten, die sich immer mehr von den klassischen Hauptmahlzeiten in Richtung Snacking / Zwischendurchmahlzeit bewegen würden. Damit verknüpft sei ein kontinuierlicher Distributionsausbau bei dem wöchentlich neue Märkte aufgeschaltet würden. Für das kommende Jahr strebt Retzlaff die nationale Abdeckung an.

Kern für das Chilled-Food-Angebot sei der umfassende Service für die Frischeinseln der Handelspartner, „gewährleistet durch hochwertige Frischprodukte, eine motivierte Mannschaft und 300 Fahrzeuge“. Den Markt sieht Retzlaff vor allem geprägt durch ständige Trendwechsel, auf die Deutsche See dank flexibler Produktionsabläufe sehr schnell reagieren könne.

Ab September wird das Angebot durch einen neuen Wrap und vier Farmsalate, die sich für den Direktverzehr eignen, erweitert. „City Farming betrachten wir als sehr dynamisches Sortiment, bringen immer wieder Innovationen an den Start und überdenken die aktuellen Produkte. Eines ändert sich aber nicht: Sushi ist ein Megatrend!“ Dabei sei Sushi gleichzeitig die Königsdisziplin in Bezug auf die Frische. Dafür müssten Rohware, händische Fertigung, ganz im Sinne einer Manufaktur, sowie die Logistik perfekt aufeinander abgestimmt sein. Derzeit entsteht am Standort Bremerhaven die größte Sushi-Produktion Europa.

Auch wenn derzeit im deutschen Handel noch die Präsentation von Chilled Food in Conveniencetruhen üblicherweise im Umfeld Obst und Gemüse stattfindet, können im Zuge der Etablierung des Angebotes und der Sortimentsentwicklung auch Schranklösungen ins Spiel kommen.

Sicherlich haben die Hard- und Softdiscounter Anteil an der aktuellen Dynamik, speziell im Sushi-Markt, die mit der Einführung von SB-Fisch jetzt auch Sushi vermehrt anbieten bzw. an entsprechenden Konzepten arbeiten. Lidl hat schon den nationalen Durchsatz, bei Aldi haben nach Schätzung von Brancheninsidern erst die Hälfte der Verkaufsstellen Sushi im Sortiment, Penny hat damit angefangen, und Netto arbeitet an entsprechenden Konzepten (siehe auch LP 10/2014). Also ist hier auch noch viel Luft nach oben.

Hinzu kommt, dass hierzulande die Zahl der Verwender mit der stärkeren Distribution zunehmen wird. Und das sind beileibe nicht nur die Jungen.

Natürlich gibt es auch auf Handels- wie Herstellerseite auch Skeptiker, die Ultrafrische bzw. Chilled Food vollkommen überbewertet abtun. Vielleicht hatte man in der ersten Euphorie vor knapp einem Jahrzehnt zu viel erwartet, vielleicht zu sehr den schnellen Erfolg gesucht, vielleicht unterschätzt, wie lange dauerhafte Veränderungen im Einkaufsverhalten dauern.

Branchenreport
Die im Branchenreport CONVENIENCE 2014 von BBE media befragten Entscheider und Marktkenner prognostizieren für die nächsten fünf Jahre ein durchschnittliches Plus von jährlich 3,7 Prozent für die gekühlte Convenience. Der Branchenreport umfasst 540 Seiten (DIN A4) und kostet 890 Euro (zzgl. Mwst.) Themen sind u. a.: Präferenzen, Kauf- und Ernährungsgewohnheiten, Convenience-Orientierung und -Ausgaben, die wichtigsten Vertriebswege und Vertriebskonzepte für Convenience-Produkte sowie die Bedeutung einzelner Sortimentsbereiche.

Kontakt: Udo Mett, Verlag BBE media Tel.: 02631/879–400, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

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Bild öffnen „To-go- und City-Konzepte sind Schlüsselformate für die Expansion der Ultrafrische.“
Tim Hörnemann, Natsu
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