Convenience Verändertes Frische-Bewusstsein

Die Hersteller erwarten eine Erweiterung bei der gekühlten Frische von Handelsseite und eine weiterhin steigende Nachfrage von Verbraucherseite.

Freitag, 06. Juni 2014 - Sortimente
Dieter Druck
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Die gekühlte Frische wird im Handel weiter forciert. Dabei mischen die Discounter mit, die sich teilweise auch im To-go-Geschäft versuchen. Erfolgreicher sind sie aber derzeit sicherlich mit ihren Premium-Private-Labels wie z. B. „Excellent“ und „Deluxe“ unterwegs, die in einigen Teilmärkten marktrelevante Akzente setzen. Dennoch zeigt sich mit Blick auf die Haushaltsreichweite, dass für Marke und Eigenmarke nach oben noch viel Luft ist.

Auch die Innovationsdynamik auf Herstellerseite spricht dafür, wobei die Forderung von Handelsseite nach wirklichen Neuheiten oftmals mit dem tatsächlichen Konsumverhalten kollidiert. Verbraucher verhalten sich am PoS offensichtlich vielleicht doch etwas zurückhaltender. Es bedürfe halt entsprechender Zeit zur Durchsetzung wirklich innovativer Konzepte, wie ein Hersteller anmerkt, die in der Regel von Handelsseite nicht gewährt werde.

Gekühlte Teigwaren verwendet derzeit etwa die Hälfte der deutschen Haushalte. Der Markt zeigt nach einigen Dellen (Pferdefleisch-Skandal) im Vorjahr deutlich positive Tendenzen. So stiegen im 1. Quartal 2014 der Umsatz um 5,9 Prozent und der Absatz um 5,8 Prozent. Auch gefüllte Pasta liegt mit 15 Prozent Plus, wie Oliver Frielingsdorf, Marketingleiter bei Steinhaus, formuliert, wieder voll auf Kurs. Daran, dass die Pfanne den Kochtopf bei der Zubreitung gekühlter Teigwaren ablösen wird, glaubt er nicht. Das Ganze bekäme dadurch nur einen zusätzlichen Geschmacksaspekt. Die Pfanne und das Hantieren mit heißen Fett passe nicht zu Verbrauchern mit geringer oder fehlender Kocherfahrung. Dazu käme der Reinigungsaspekt. Außerdem stünde neben dem Kochtopf noch die Mikrowelle zur Verfügung. Steinhaus kündigt für das 4. Quartal Neuentwicklungen an. Derzeit stehe die weitere Etablierung der im Januar eingeführten Pesti und der Sauce Verona im Mittelpunkt.

Anders der Standpunkt vom Mark Vogelgsang, Leiter Marke und Kommunikation bei Hilcona, zur Pfanne. Von der neuen Pfannenpasta erwartet er deutliche Impulse und ist sehr optimistisch: „Der Markt wird 2014 wieder deutlich und zweistellig wachsen. Innovationen wie unsere Pfannenpasta werden das Wachstum weiter verstärken und Reichweite schaffen.“ Die Pfanne erleichtere die Zubereitung und ergebe ein anderes Geschmacksprofil.

Bei Rana zeigen die vor gut einem Jahr eingeleiteten Maßnahmen Wirkung. „Wir werden aufgrund unserer sehr guten Entwicklung von Handelsseite wahrgenommen“, sagt Frank Lippert, Geschäftsführer der expandierenden deutschen Tochtergesellschaft. Im Mutterland Italien sowie Frankreich und Spanien besetzt die Marke marktführende Positionen. In Deutschland stiegen die Umsätze seit dem Relaunch im April 2013 um rund 150 Prozent (IRI). Dazu beigetragen haben u. a. Neulistungen – regional und national- bei den zwei großen Zweistufern, aber auch steigende Wiederkaufraten. Damit sei Rana nicht nur die wachstumsstärkste Marke im Teilmarkt gefüllte Pasta, sondern zugleich maßgeblich für das Segmentwachstum verantwortlich, unterstreicht Lippert.

Der Bereich ist inzwischen der absatzstärkste innerhalb der frischen Teigwaren und hat die Maultasche überholt. Dabei ist noch viel Luft nach oben. Laut Marktforschung kaufen lediglich 28 Prozent der deutschen Haushalte wenigstens einmal im Jahr gefüllte Pasta. Derzeit liegt Rana bei einem wertmäßigen Marktanteil von 8 Prozent (IRI). Bei diesem Status seien auch erste Überlegungen über Konzepte der Endverbraucher-Kommunikation im Gange, fügt Marketingleiterin Sandra Paulus an. Ebenso sei zu überlegen, durch gezielte PoS-Maßnahmen den Impulskauf zu forcieren.

Auf Sortimentsseite werden innerhalb der Premiumrange Gourmet ab August zwei neue Sorten der nicht vorgekochten Pasta eingeführt (Ziegenkäse mit karamellisierten Zwiebeln; Rindfleisch mit Rotwein verfeinert). Die Gourmetlinie zeichnet sich durch ein großes Pastaformat aus mit ein er leicht stückigen Füllung. Verbraucherbefragungen im Vorfeld ergaben, dass bei der mit Rotwein verfeinerten Rindfleischfüllung, 68 Prozent der Befragten bestimmt / sehr wahrscheinlich kaufen würden. Für die 250-g-Packung wird ein UVP von 3,29 Euro genannt.

Positive Entwicklungen meldet ebenfalls Deutsche See Fischmanufaktur für die Ultrafrische-Range unter der Marke City Farming. Aktuell werden mehr als 200 Märkte bundesweit beliefert. „Wir planen den weiteren kontrollierten Rollout, der begleitet wird von einer hohen Serviceleistung“, heißt es in der Manufaktur.

Neu im Sortiment unter City Farming sind seit wenigen Wochen Sandwiches und Suppen. Mit einer Restlaufzeit von 4 Tagen und durch Verwendung frischer Zutaten hebe man sich qualitativ deutlich vom Wettbewerb ab, heißt es. Man sieht sich bezüglich der Ultrafrische in Deutschland in einer Vorreiterstellung.

Das Angebot gekühlter Convenience wurde im Februar mit verschiedenen Sushi-Boxen aus der neu in Bremerhaven installierten Sushi-Manufaktur ausgebaut, mit dem Anspruch, daraus die größte Sushi-Produktion Europas zu entwickeln. „Sushi ist eines der hochwertigsten, frischen Convenience-Produkte, bei dem Rohware, handwerkliche Herstellung und Frischelogistik 100-prozentig auf einander abgestimmt sein müssen.“

An fünf Tagen, bei Sushi sind es sechs, gehen Lieferungen von Bremerhaven aus an die bundesweit verteilten Niederlassungen. Die Kunden werden mindestens dreimal wöchentlich angefahren. Absatzstarke Märkte und Standorte in Hochfrequenzlagen, etwa im Innenstädten und an Flughäfen, werden bis zu fünf Mal in der Woche mit Ware versorgt.


Die Frische und Service GmbH in Prichsenstadt launcht derzeit zwei Neuprodukte unter der Marke Arte di Viva, die u. a. auch To-go-Charakter besitzen. So befindet sich in der 250-g-Packung eine Gabel für den Direktverzehr. Der EVP wird um die 2 Euro liegen. Platzierungen empfehlen sich im To-go-Bereich und bei den gekühlten Fertiggerichten. Für das Trendprodukt Couscous-Salat und Pastasalat Genovese gibt es bereits erste Listungen. Beide Rezepturen unterstreichen die mediterrane Ausprägung der Marke und folgen gleichzeitig dem vegetarischen Allgemeintrend. Ausgeliefert wird in einem 4er-Karton. Die Restlaufzeit beträgt 18 Tage.

Die Kochpakete von You Cook breiten sich im deutschen LEH aus. Vertriebliche Fortschritte wurden vor allem in Metropolen wie München, Hamburg, Köln sowie dem Rhein-Main-Gebiet erzielt. Die Pakete enthalten frische, küchenfertig vorbreitete, portionierte, rohe Einzelkomponenten, die nach angegebenem Rezept in der Pfanne oder der Mikrowelle erhitzt werden. Diese Angebotsform, die Frische der Zutaten und die Geschmacksrichtungen werden als deutliche Unterscheidungsmerkmale zu klassischen Fertiggerichten im Kühlregal hervorgehoben. Daraus wird die Idealplatzierung im Umfeld Obst und Gemüse abgeleitet, weil hier der Entscheidungspunkt sei: Möchte ich Gemüse schnibbeln oder erleichtere ich mir die Arbeit? Ebenso ausschlaggebend sei, dass für Single-Haushalte viele Gemüseportionen zu groß seien. Neu sind die großen Kochpakete für 2 bis 3 Personen, die weitere Kundengruppen ansprechen sollen. Die Restlaufzeit liegt bei 5 Tagen ab Anlieferung im Markt. Die Gebinde für 1 bis 2 Personen wer den für ca. 4,99 Euro angeboten, die größeren liegen zwischen 7,99 und 9,99 Euro. Gleichzeitig hat das junge Unternehmen sein Angebot um Bagels, Snacks und Desserts erweitert. Hier wurde gezielt nach Ergänzungen zum bestehenden To-go-Sortiment mit Salaten und Sandwiches gesucht. Außerdem werden diese Produkte als Zugang zur Marke YouCook gesehen. Neben neuen Varianten der Kochpakete wird auch am Launch eines „gänzlich neuen Produktes für die Frischetheke“ gearbeitet.

Weight Watchers ist derzeit in Gesprächen mit neuen Lizenzpartnern für neue Produktkategorien, um die Palette „praktischer und zeitgemäßer Lebensmittelmittel für jede Tageszeit“ zu erweitern. Inwieweit hier auch Segmente der gekühlten Frische eine Rolle spielen, bleibt offen. Als großer Erfolg wird die Kooperation mit dem Onlineshop mytime.de von Bünting herausgestellt, der ein Sortiment mit 30.000 Artikeln führt. Hier ist Weight Watchers mit eigenem Markenshop präsent. Das Angebot umfasst 79 Produkte – vom Brotaufstrich bis zur im Januar eingeführten Gemüselasagne. Damit wird u. a. der Trend „vegetarisch“, eher flexitarisch, bedient. Bereits 21 Prozent der Bundesbürger geben an, ihren Fleischkonsum reduzieren zu wollen.

Die Marke Blockhouse kommt nach eigener Aussage „gut voran“ im Umfeld der gekühlten Convenience. Im Segment der frischen Suppen habe man mit „dem Austausch des einfachen Beutels gegen den convenienten Becher quasi die zweite Evolutionsstufe gezündet“, sagt Block-Foods- Vorstand Carsten Nicolaisen. Dies ermögliche den „mobilen“ Verzehr, und mit 400 ml ergäbe sich eine vollwertige Mahlzeit. Wenngleich die Basis der gekühlten Suppen noch vergleichsweise klein sei, setzt Nicolaisen auf eine anhaltend positive Entwicklung, getragen vom allgemeinen Trend zu hochwertigen, frischen, verzehrfertigen Produkten. Zudem entwickele der Ansatz, höherwertige Produkte zu entsprechenden Preisen zu vermarkten, den Markt in die richtige Richtung. Neue Convenience-Produkte unter Blockhouse werden für den kommenden Herbst angekündigt.

Eine Pionierin im deutschen Markt der gekühlten Frischsuppen ist Gemma Michalski und ihre Marke „Yes Please“ . Seit 2007 ist sie dabei und hat Durchhaltevermögen gezeigt. Heute sind Yes-Please-Suppen in nahezu allen deutschen Großstädten distribuiert. Handelspartner sind u. a. Dohle, Kaiser’s, Kaufhof, Temma. Neben Rewe und Edeka Minden führen auch regionale Partner die Produkte. Impulskräfte für das Frischeangebot sind für Gemma Michalski ein verändertes Bewusstsein für den Körper und der Zusammenhang mit einer gesunden Ernährung. „Die relevante Differenzierung ist nicht zwischen ungekühlt und gekühlt, sondern zwischen natürlich, frisch und hochverarbeitet sowie industriell.“ Aus dieser Sicht bleibe auch Bio ein Zeichen für Qualität, wobei Kunden heute wüssten, dass Bio nicht gleich Bio sei.

Da frische Convenience überwiegend impulsiv gekauft wird, ist die richtige Platzierung im Lauf und Blickfeld des Kunden entscheidend. Nach wie vor ist die Frischeinsel / Stolpertruhe in der Obst- und Gemüseabteilung für viele Hersteller erste Wahl. Auch einige der soften Discounter wollen mitspielen und installieren To-go-Einheiten in Form von 1-m-Kühlregal an der Kasse. Netto liefert das Beispiel, wobei offensichtlich die geplante vollflächige Umsetzung noch nicht erreicht wurde. Oftmals gleicht das Angebot einer einzigen Lücke. Es sieht aus, als habe ein Zufallsgenerator die Bestückung bestimmt. Aber es ist zu hören, dass daran und auch am Sortiment gefeilt werde. Da stehen die andere Handelshäuser nicht zurück, mit Blick auf eine weiter steigende Akzeptanz der gekühlten Convenience mit all ihren Facetten.

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