Nutri-Score Kennzeichnung ist beschlossene Sache

Der Weg für die flächendeckende Nutzung des Nutri-Score ist frei. Heute hat auch der Bundesrat der entsprechenden Verordnung der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner, zugestimmt. Die Verordnung ermöglicht nun die rechtssichere Verwendung, sie wird nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt voraussichtlich Anfang November in Kraft treten.

Freitag, 09. Oktober 2020 - Sortiment-Nachrichten
Lebensmittel Praxis
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 Der Nutri-Score ermöglicht es, auf einen Blick die Nährwerteigenschaften eines Lebensmittels zu erfassen und verschiedene Produkte innerhalb einer Produktgruppe miteinander hinsichtlich ihres Nährwertes zu vergleichen. Julia Klöckner: „Die Einführung des Nutri-Score ist ein wichtiger Baustein unserer Ernährungspolitik in Deutschland, ein wichtiger Schritt hin zu einem stärkeren Bewusstsein beim Lebensmitteleinkauf und gegen versteckte Dickmacher. Für die Verbraucher schaffen wir Orientierung auf den ersten Blick, unterstützen sie damit, ihr Konsumverhalten an die persönliche Situation anzupassen. Sie sollen wissen können, was sie essen – mit dem Mehr an Information ermöglichen wir eine gesündere Ernährung. Zudem bleibt die Nährwerttabelle auf der Rückseite erhalten.“

 „Damit ist eine Kernforderung des Lebensmittelhandels erfüllt und wir gehen davon aus, dass der Nutri-Score in den kommenden Wochen und Monaten vermehrt auf Eigenmarken der Handelsunternehmen zu finden sein wird“, kommentiert BVLH-Hauptgeschäftsführer Franz-Martin Rausch die Entscheidung der Länderkammer.

Von den Unternehmen erwartet die Ministerin, dass sie ihr Sortiment umfassend kennzeichnen. Die nationale Einführung von erweiterten Nährwertkennzeichen ist nach geltendem EU-Recht nicht verpflichtend möglich. Demgemäß gilt auch in Frankreich oder Belgien der Nutri-Score nicht als Muss, ebenso wenig wie etwa das Keyhole-System in Skandinavien.

Mit der Unterstützung vieler weiterer Mitgliedstaaten setzt sich Bundesministerin Julia Klöckner daher für die Einführung einer einheitlichen Nährwertkennzeichnung in der EU ein. Um eine Harmonisierung voranzubringen, hat die Ministerin im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft kürzlich Diskussionen zu diesem Thema eingeleitet. Ziel ist es, bei der Sitzung des EU-Agrarrats im Dezember, gemeinsame Schlussfolgerungen der Mitgliedsstaaten zu erreichen. „Zur Förderung der Warenverkehrsfreiheit auf dem Binnenmarkt soll sich Deutschland für eine EU-weit einheitliche erweiterte Nährwertkennzeichnung einsetzen. Sie muss ernährungswissenschaftlich fundiert sein und die Verbraucher in die Lage versetzen, eine informierte Entscheidung über eine ausgewogene Ernährung treffen zu können“, fordert auch BVLH-Chef Rausch.

Unternehmen wie Nestlé begrüßen die Entscheidung. „Wir freuen uns, dass ab sofort die Rechtssicherheit in Deutschland gegeben ist und wünschen uns, dass möglichst viele Hersteller und Händler Nutri-Score ebenfalls einsetzen,“ sagt Ernährungswissenschaftlerin Dr. Annette Neubert, Head of Corporate Nutrition, Health and Wellness bei Nestlé Deutschland. Bereits Anfang des Jahres hat Nestlé als einer der ersten Hersteller in Deutschland begonnen, Produkte von Nestlé-Wagner, Cerealien, Garden Gourmet und Maggi mit dem fünf-farbigen Logo zu versehen.

Kritik kommt unter anderem vom Bundesverband für Naturkost Naturwaren (BNN), der erheblichen Nachbesserungsbedarf beim Nutri-Score sieht. Aktuell würden Bio-Lebensmittel, die gesünder und nachhaltiger sind, durch den Nutri-Score benachteiligt. Denn im Gegensatz zu konventionell produzierten Lebensmitteln, die eine Vielzahl an Ersatzstoffen enthalten können, die vom Nutri-Score nicht erfasst werden, wird bei der Herstellung von Bio-Lebensmitteln gänzlich auf synthetische Ersatzstoffe verzichtet. Das werde im Nutri-Score-Algorithmus allerdings nicht berücksichtigt. Beispielsweise werde ein Bio-Apfelsaft mit einem gelben „C“ bewertet und eine Cola light mit einem grünen „B“, obwohl der Apfelsaft ernährungsphysiologisch deutlich wertvoller sei. „Bio-Lebensmittel sind untrennbar mit einer intakten Umwelt verbunden“, sagt Kathrin Jäckel, BNN-Geschäftsführerin. „Sie sind außerdem durch den Verzicht auf chemisch-synthetische Pestizide bei der Erzeugung und mit möglichst naturbelassenen Zutaten auch die gesünderen Lebensmittel. Deswegen kann es nicht angehen, dass ein Label, das zu gesunder Ernährung hinführen soll, diese Tatsachen unberücksichtigt lässt.“

Die Einführung des Kennzeichens begleitet das Bundesernährungsministerium mit einer umfassenden Informationskampagne für die Verbraucher und die Unternehmen.