Landwirtschaft und Ernährung Massive Konzentration in der Industrie

Eine  „beispiellose Fusionswelle“ in der Agrar- und Ernährungsindustrie dokumentiert der Konzernatlas 2017, den die Heinrich-Böll-Stiftung heute gemeinsam mit weiteren Nichtregierungsorganisationen vorstellt. Fünf der zwölf kapitalintensivsten Übernahmen börsennotierter Konzerne in den Jahren  2015 und 2016 ereigneten sich danach im Agrar- und Ernährungsbereich.

Dienstag, 10. Januar 2017 - Sortiment-Nachrichten
Lebensmittel Praxis

Der Börsenwert der Fusionen im Landwirtschaftssektor übertraf laut der Studie vielfach den in anderen großen Branchen. So sei im Jahr 2015 der Wert der Fusionen von Unternehmen in der Agrar- und Lebensmittelindustrie mit 347 Mrd. Dollar fünf Mal höher als der im Pharma- oder im Ölsektor gewesen. Inzwischen kontrollierten lediglich vier Großkonzerne rund 70 Prozent des Welthandels mit Agrarrohstoffen, drei Konzerne dominierten 50 Prozent des Weltmarkts für Landtechnik und in Deutschland decken vier Supermarktketten 85 Prozent des Lebensmitteleinzelhandels ab. Komme es zu weiteren Mega-Fusionen wie derzeit geplant, würden nur drei Konzerne mehr als 60 Prozent des globalen Marktes für kommerzielles Saatgut und für Pestizide beherrschen.

„Höfesterben, Landkonzentration, Patente und Monokulturen - das sind die Folgen der Konzernmacht im Ernährungssektor“, kommentiert Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, den Bericht. Bauern und Konsumenten würden somit immer mehr abhängig von Konzernentscheidungen. Die Vielfalt für Ernährung und Natur bleibe auf der Strecke. Gleichzeitig verfolgten weltweit immer mehr Regierungen Aktivisten und die kritische Zivilgesellschaft, die für eine gerechte Landwirtschaft kämpfen und den Zugang zu Land, Wasser und Saatgut fordern.

Dagmar Enkelmann, Vorsitzende der Rosa-Luxemburg-Stiftung, verwies auf die Macht der Einzelhandelskonzerne:  Die Preispolitik der Supermarktkonzerne drücke auf die Standards in der Produktion. „Arbeit unter Pestizidregen auf Bananenplantagen oder Hungerlöhne für Teepflückerinnen sind auch dort verbreitet, wo für hiesige Supermarktregale geschuftet wird.“