Molkereiprodukte Regionalität zwischen Trumpf und Risiko

Regionalität ist ein Trend – und ein schwammiger Begriff. Mittlerweile trauen sich einige Molkereien und verarbeiten nicht nur heimische Milch, sondern auch Früchte aus Deutschland. Die Idee ist attraktiv, birgt aber auch Risiken. 

Donnerstag, 17. Mai 2012 - Molkereiprodukte
Tobias Dünnebacke
Artikelbild Regionalität zwischen Trumpf und Risiko
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Authentizität ist für die Hersteller von Molkereiprodukten ein unbezahlbares Gut. Wo „Ohne Gentechnik“ drauf steht, sollte dies auch drin sein. Allein der geringste Zweifel kann einen großen Imageschaden nach sich ziehen. Das Gleiche gilt für die Etiketten „Bio“ und „Regional“. Letzterer Trend ist in den vergangenen Jahren im deutschen Lebensmittel-Einzelhandel bei verschiedenen Warengruppen immer wichtiger geworden. So konnte sich etwa die Range „Heimische Früchte“ des Fruchtsaftherstellers Hohes C nachhaltig im Markt etablieren. Auch die Hersteller von Molkereiprodukten suchen Wege, um diesem Bedürfnis der Verbraucher gerecht zu werden. Beispielsweise die Bio-Molkerei Söbbeke, die mit drei neuen Varianten ihre Fruchtjoghurt-Range „Deutsche Obstbauern“ weiter ausgebaut hat. Die Neuheiten (Erdbeere, Stachelbeere-Birne und Pflaume) wurde im Februar bei der Weltleitmesse Biofach vorgestellt. Ein erstes Fazit fällt positiv aus: „Die neuen Sorten wurden sowohl bei unseren Handelspartnern als auch den Endverbrauchern sehr zufrieden stellend aufgenommen. Das gilt für den Geschmack als auch die Gestaltung und natürlich das Konzept“, erklärt Marketingverantwortliche Elke Winkels.

Ein weiteres Beispiel ist die Andechser Molkerei, allerdings wird das Thema „regionale Früchte“ hier weiter gefasst: Die Demeter Bio-FruchtJoghurts werden mit Früchten aus der Steiermark hergestellt. Sogar die Süßung stammt von österreichischen Bio-Zuckerrüben und nicht von importierten Zucker aus Südamerika.

Sowohl Söbbeke als auch Andechser bedienen im Vergleich zu den großen Schwergewichten Nischen und haben ihren Ursprung im Bio-Fachhandel. Allerdings hat der klassische LEH längst ein Auge auf solche Produkte geworfen: „Die Listung ist im gesamten Bio-Fachhandel umgesetzt, darüber hinaus bei Edeka Minden, Reichelt Berlin, Famila, Tegut, Rewe West sowie Coop in Norddeutschland“, erklärt Winkels den Listungserfolg von „Deutsche Obstbauern“. Dass das Thema „Heimische Früchte“ in Zukunft auch in der Masse eine größere Rolle spielen könnte, zeigt ein Blick auf die Eigenmarken des Handels. So gibt es beispielsweise von Rewe seit vergangenem Jahr einen Heidelbeer-Sahnejoghurt „Heimische Früchte“. Selbst Lidl besetzt das Thema mit der Eigenmarke „Ein gutes Stück Heimat“.

„Das Thema steht bei den Händlern ganz oben auf der Liste“, sagt Christian Oppitz, Marketingleiter von der Molkerei Gropper, einem Spezialist für Eigenmarken des Handels und Hersteller von „Ein gutes Stück Heimat“. Die Lidl-Marke gibt es seit Januar 2010 und ist bisher in 500 Märkten in Bayern erhältlich. Die Beurteilung von Oppitz ist durchwachsen. Es gebe einen gewissen Trend sowie eine hohe und nachhaltige Akzeptanz. Allerdings sei das Thema schwierig, auch in Richtung der Verbraucher. „Würde man eine Umfrage machen, wäre ein Großteil der Verbraucher für mehr regionale Produkte. Kosten diese aber mehr, ist die Begeisterung schnell zu Ende“, sagt Oppitz. Ein weiteres Problem ist die begrenzte Verfügbarkeit von deutschen Früchten: So ist die Auswahl durch die klimatischen Bedingungen natürlich begrenzt. Hinzu kommen die begrenzten Mengen: „Es ist in dieser Warengruppe nicht gelernt, dass die Lebensmittel saisonal nur begrenzt verfügbar si nd und irgendwann ausverkauft sein könnten“, sagt Oppitz. Auch Winkels erklärt, die größte Herausforderung liege darin, „die entsprechende Menge Obst für den Absatz zu finden, die dann auch für ein Jahr bis zur nächsten Ernte ausreicht.“ Sollte die Verfügbarkeit nicht gewährleistet sein, muss der Hersteller, auch um die Authentizität zu waren, konsequent sein: „Bis zur Lieferung der neuen Ernte würden wir mit der Produktion der Sorte, deren Früchte nicht mehr heimisch zu beschaffen sind, aussetzen“, sagt Winkels zu diesem Szenario.