Veredeln von Käse Affinieren heißt Ausprobieren

Welche Begriffe in Zusammenhang mit affiniertem Käse stehen? Beschwipst, Geschmacksexplosion, kleine Kostbarkeiten. Wissenswertes zur Affinage.

Donnerstag, 25. April 2019 - Molkereiprodukte
Heidrun Mittler
Artikelbild Affinieren heißt Ausprobieren
Bildquelle: Julia Kneuse

In der Tat: Anke Heymach hat einen ungewöhnlichen Beruf: Sie ist Affineurin. Man könnte auch sagen, dass die junge Unternehmerin aus dem Rheingau den ganzen Tag Käse pflegt. Verständlich wird ihr Tun, wenn man aufs Resultat schaut: Käse, die auf den Punkt gereift sind und vorher mit verschiedenen Zutaten behandelt worden sind. Anke Heymach verkauft mit ihrem kleinen Team von sechs Personen hochwertige Käse mit klangvollem Namen: „Äppelwoi und Blüte“ heißt ein kleiner Laib, der sein säuerliches Aroma durch den hessischen Apfelwein erhält, außerdem verfeinern Kornblumen und Rosenblüten seinen Geschmack. „Blauer Schoko-Lakritz“ so hat sie einen kräftigen Blauschimmelkäse getauft, der in Kakao und Süßholzpulver gereift ist und mit rohen Kakaobohnen belegt ist. Zu ihren Verkaufsschlagern gehört „der Rheingauer Runde“, ein 100 Gramm leichter Munstertyp, mit reifem Riesling behandelt und im Käsekeller gereift.

Mithilfe des kleinen Rheingauers kann die Affineurin schön erzählen, wie sie zum Käse gekommen ist. Wobei sie – streng genommen – schon immer mit Käse zu tun hatte. Ihr Vater Reiner Wechs ist vom Fach, als gelernter Käser hat er zusammen mit der Familie auf dem Gelände einer Molkerei im Schwäbischen gewohnt. Heute ist er in Rente, arbeitet aber immer noch als Berater: Wenn eine Käserei Schwierigkeiten bei der Herstellung hat, ruft sie an, er kommt als Problemlöser vorbei.

Anfangs nur drei Sorten
Und eben dieser Reiner Wechs suchte, als er noch voll im Berufsleben stand, einen Raum, in dem er im Ruhestand seinem Hobby nachgehen wollte: Käse reifen. Fündig wurde er in einem alten Keller in Eltville, in dem zuvor Wein ausgebaut wurde. Dieser kühle, dunkle Keller hatte nicht nur die perfekte Temperatur und Luftfeuchtigkeit für den Käse, sondern auch die richtige Bakterienflora. „Und dann hatten wir die perfekte Kombination von Wein und Käse“, erinnert sich Tochter Anke. Im nächsten Schritt veredelten die Zwei den Käse mit Riesling oder Spätburgunder und probierten Trester als Zutat. In den ersten Jahren verkaufte die Tochter die Käse „nebenher“ auf dem Wochenmarkt. Dann gab sie ihren eigenen Beruf als Friseurin auf und baute das Unternehmen „Rheingau Affineur“ aus.

„Mein Handwerk besteht hauptsächlich aus Erfahrungen.“
Anke Heymach, Affineurin

Heute hat sie rund 30 Sorten Käse im Programm. Sie kauft den Basiskäse in kleinen Käsereien, alle arbeiten nach Bio-Richtlinien. Der frische Käse kommt ins Rheingau und wird in mittlerweile drei Kellern behandelt und gereift.
Anke Heymach beschreibt ihren Beruf so: „Mein Handwerk besteht hauptsächlich aus Erfahrungen, Umgang mit dem Käse und Entwicklungen.“ Sie probiert immer wieder neue Zutaten aus, schmiert und bürstet den Käse mit Mainzer Kirschwein oder Frankfurter Äppelwoi. Dabei nutzt sie bevorzugt Lebensmittel aus der Region, wie den Honig vom ortsansässigen Imker. Wenn der Käse den Heymachs schmeckt, produzieren sie ihn weiter. „Das Zusammenspiel von verschiedenen Geschmäckern verlangt viel Geduld. Ohne Testläufe und Proben würde ich nicht weiter kommen“, erklärt die Affineurin.

Der Verkauf auf den Wochenmärkten hat die Heymachs bei einigen guten Gastronomen in der Umgebung bekannt gemacht. Diese beziehen weiter den Käse vom Rheingau Affineur. Doch mittlerweile sind einige ausgesuchte Lebensmittelhändler zu den wichtigsten Distributeuren geworden. Aber, so betont Anke Heymach: „Wir sind ein keines Unternehmen, und werden auch klein bleiben.“ Die Käsemenge reicht derzeit gerade einmal aus, um etwa 20 Händler zu beliefern, darüber hinaus sind einige Kreationen beim Großhändler Heiderbeck gelistet. Bei der Zusammenarbeit mit den Händlern setzen die Rheingauer auf intensive Schulung des Thekenpersonals. Hier kommt wieder Vater Wechs ins Spiel: Er erklärt vor Ort, wie man den Käse an der Theke behandeln sollte und wie man ihn im Verkaufsgespräch am besten beschreibt.Was hält Anke Heymach davon, wenn Händler vor Ort selbst Käse affinieren? „Das hat seine Berechtigung“, findet sie. Ihr gefällt es, wenn die Mitarbeiter etwas ausprobieren. Sie weiß ja am besten: „Man kann so viel mit Käse machen“!