Sauermilchkäse Verjüngungskur

Ob zum Bier oder Wein: Sauermilchkäse haben Tradition auf deutschen Tellern. Noch. Markenhersteller arbeiten mit Innovationen und Kommunikations-Maßnahmen, um diese Tradition auch in Zukunft zu sichern und neue Verwender zu gewinnen.

Donnerstag, 30. August 2018 - Molkereiprodukte
Bettina Röttig
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Bildquelle: Getty Images

Hessischer Handkäs‘ mit Musik oder Harzer mit Kümmel – Sauermilchkäse ist ein deutsches Kulturgut und aus den Kühlregalen im Handel nicht wegzudenken. Zumindest für ältere Kunden. Doch Kultur muss gepflegt, an aktuelle Zeitströme angepasst und auch jungen Generationen schmackhaft gemacht werden – eine große Herausforderung für das Segment: „74 Prozent der Konsumenten von Sauermilchkäse sind 50 Jahre und älter“, weiß Monika Schmidhofer, Marketingleiterin bei der Käserei Loose (Quäse, Hausmacher und Harzbube).

Überspitzt gesagt: Die traditionelle Käsegattung ist vom Aussterben bedroht. Eine weitere Herausforderung: „Wir müssen weg von der Preisspirale“, betont Kai Poelmeyer, Geschäftsführer der Poelmeyer-Gruppe (Marke Harzinger). So arbeiten Markenhersteller mit Hochdruck daran, jüngere Konsumenten zu gewinnen und das Segment durch Innovationen in den Fokus der Verbraucher zu rücken.

Für innovative Produkte sei der Käufer von Sauermilchkäse gewillt, mehr Geld auszugeben, so Poelmeyer. Das belegten auch die aktuellen Zahlen: Der gesamte Marktbereich des Sauermilchkäses entwickele sich nach Jahren der Stagnation in den letzten beiden Jahren wieder positiv. Die Produktinnovationen unter der Marke Harzinger, zum Beispiel die Gourmet Genuss Minis als Snackvariante, seien ein wichtiger Treiber, so der Geschäftsführer.

„Das Wachstum wird in erster Linie durch die Marken getrieben, während die Handelsmarken rückläufig sind“, bestätigt Kerstin Stach, Senior Analytic Consultant bei Nielsen. Insgesamt legte der Umsatz mit Sauermilchkäse im Lebensmittel-Einzelhandel (LEH) in den vergangenen 12 Monaten (bis KW 26/2018) um 2,2 Prozent auf knapp 150 Millionen Euro zu, der Absatz wuchs im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 0,3 Prozent.

Um die Produktgruppe moderner und lifestyliger zu positionieren und jüngere Generationen zu erreichen, müssten sich alle Harzer-Käse-Produzenten in der Kommunikation neu aufstellen, so Poelmeyer. „Der Sauermilchkäse – obwohl schon über 100 Jahre alt – hat jetzt die große Chance aufgrund seiner Besonderheit, wenig Fett, viel Eiweiß, besonderer Geschmack‘ in Verbindung mit der natürlichen Herstellung ein Trendprodukt im Käseregal zu werden“, ist er sich sicher.

Zielgruppe erweitern
Ganz neue Käufer für das Segment Sauermilchkäse hat der Käse-Spezialist nach eigenen Angaben mit dem „Proteinkäse powered by Harzinger“ gewonnen. Vor allem die Fitness-Community honoriere das Produkt. Das Attribut „ohne Gentechnik“ spreche zudem jüngere Käufer an.

Auch die Käserei Loose arbeitet daran, verstärkt jüngere Konsumenten für Sauermilchkäse zu gewinnen. Sie will vor allem mit ihrem Flaggschiff, der Marke Quäse, Wachstum generieren und sieht sich mit ihr bestens aufgestellt, um aktuelle Trends zu bedienen und jüngere Zielgruppen zu erreichen: „Unsere Quäse-Produkte kommen auf 30 Prozent Eiweiß bei gerade einmal 0,5 Prozent Fett, sie sind von Natur aus laktosefrei und eignen sich damit für unterschiedlichste Ernährungskonzepte von veggie über low carb, low fat, laktosefrei bis zu proteinreicher Sportlernahrung“, so Schmidhofer.

Mit neuen, trendigen Produkten und der Auslobung des hohen Eiweißgehalts will Loose seine Zielgruppe für Quäse erweitern und neue Vertriebswege erschließen. Ein neues Snack-Format, die Salat-Sticks, sowie eine zusätzliche Range für „leistungsorientierte Sportler“, der „Quäse Protein“, kamen in den vergangenen Jahren hinzu. Neben TV- und Social-Media-Kampagnen sorgt das Marketing-Team auch auf Sport-Events für Aufmerksamkeit, zúm Beispiel auf der FIBO, der weltgrößten Fitnessmesse in Köln, auf dem Barmer Women’s Run in mehreren Städten sowie dem World Fitness Day in Frankfurt.

Schon jetzt zeigt sich, die Maßnahmen zahlen sich aus, die Kundschaft verjüngt sich. „Während im Schnitt nur 26 Prozent der Konsumenten von Sauermilchkäse jünger als 50 Jahre sind, haben wir es in den vergangenen Jahren geschafft, den Anteil der jüngeren Quäse-Kunden (U-50) auf 37 Prozent zu steigern“, erklärt Schmidhofer.

Damit verbunden sind jedoch auch Herausforderungen. Die Zielgruppen-Ansprache muss für die Produktsegmente jeweils unterschiedlich erfolgen. „Den Begriff Protein verstehe ich, meine Mutter jedoch nicht“, sagt Schmidhofer. So setzt das Unternehmen für die klassischen 220-Gramm-Quäse sowie die Quäse-Salatsticks heute auf den Claim „Viel Eiweiß, wenig Fett“. Sie richten sich an ernährungs- und körperbewusste sowie sportinteressierte Menschen. Für die neue Protein-Range, die für leistungsorientierte Sportler positioniert wurde, wirbt Loose mit dem Protein-Gehalt pro Packung. Mit 35 Gramm Eiweiß pro Pack (115 Gramm) Quäse Protein in den Sorten mild und würzig soll eine Packung den Eiweißbedarf nach dem Training decken.

In den nächsten Monaten will das Unternehmen vor allem am PoS punkten. Im Herbst soll eine Sammelpromotion in Kooperation mit der Designmarke Koziol die Aufmerksamkeit von Käse-Fans auf die Marken Quäse und Hausmacher lenken. Für 2019 plant die Käserei eine Erweiterung der Quäse-Snackingrange um innovative Produkte, die sich ideal als Zwischenmahlzeit eignen, verrät die Marketingleiterin.