Länderreport Mecklenburg-Vorpommern Bio ist Chefsache - Bio ist Chefsache: Teil 2

Mit dem Slogan „Mecklenburg-Vorpommern tut gut“ positioniert sich die Region als Gesundheitsland. Das spiegelt sich auch in der Ernährungsbranche wider, die verstärkt auf Ökokompetenz setzt.

Montag, 10. Oktober 2016 - Länderreports
Silke Bohrenfeld
Artikelbild Bio ist Chefsache - Bio ist Chefsache: Teil 2

Eine Frage der Ethik
Manche versuchen es wie der Fürstenhof mit anderen Hühner-Rassen, den sogenannten Zweinutzungshühnern. Das heißt, die Hühner sollen gute Legeleistungen bringen, die Hähne gute Mastergebnisse. Die Geflügelbauern vom Fürstenhof haben es mit der Rasse „Les Bleus“ probiert. Die Mastergebnisse bei den Hähnchen waren akzeptabel, die Legeleistung bei den Hennen allerdings betrug nur die Hälfte der üblichen fünf bis sechs Eier pro Woche. Und das rechnete sich nicht. Also doch die Mast der Gockel der Legehennen-Rasse? „Ein Hähnchen aus einer der üblichen Mast-Rassen ist in 35 Tagen schlachtreif, die Fürstenhof-Hähne brauchen rund 120 Tage. So würde ein 1,5 kg schwerer Sonntagsbraten im Bioladen rund 20 Euro kosten“, rechnet Annalina Behrens, Geschäftsführerin der Junghennenaufzucht, vor. „Da spielen heute die Verbraucher noch nicht mit.“

Also werden die Kosten gerecht umgelegt: Die 6.000 Legehennen im Stall von Volkenshagen bei Rostock finanzieren das längere Leben der 6.000 Hähne in Gräpkenteich mit. Schwesterliebe. Oder auch „Aufzucht von Hahn und Henne“, wie es auf dem Logo der Eierschachteln und der Tiefkühl-Hähnchen heißt. 3 bis 4 Cent mehr kostet somit das Bio-Ei der „Hähnlein“-Produkte, das Brathähnchen mit seinem langsam gewachsenen festen Fleisch rund 12 Euro. Der Verbraucher scheint es zu akzeptieren. Die Bio-Naturkostläden Dennree und Alnatura vertreiben das neue Hähnchenfleisch und die teureren Eier, und beides findet seine Käufer. „Der Fürstenhof-Erzeugerzusammenschluss überlegt derzeit, einen weiteren Stall für die Hähnchenaufzucht bereitzustellen, denn durch die viermonatige Mastzeit in einem einzigen Stall kann das Fleisch nicht kontinuierlich angeboten werden“, sagt Annalina Behrens. Bisher sind es rund 10 Prozent der Hähnchen, die in den Fürstenhof-Ställen aufwachsen dürfen. Vielleicht bekommen ja bald noch mehr eine Chance.

Neben den vielen nachhaltigen Vorbildern aus der Erzeugung, darf auch der Handel nicht fehlen. Beispiel: Edeka Nord. Die Handelskette und der WWF sind seit einem Jahr Partner für Nachhaltigkeit und haben ein gemeinsames Ziel: Umwelt und natürliche Lebensgrundlagen auch für künftige Generationen bewahren. Daher unterstützt die Edeka das europaweit einzige WWF-Modellprojekt „Landwirtschaft für Artenvielfalt“ im ökologischen Landbau in Zusammenarbeit mit dem ökologischen Anbauverband Biopark und seinem 53 angeschlossenen Betrieben. Ziel des Naturschutzstandards ist, die Vielfalt der wildlebenenden Tier- und Pflanzenarten in landwirtschaftlich geprägten Lebensräumen zu erhöhen und so dem Rückgang der heimischen Tier- und Pflanzenwelt entgegenzuwirken. Alle Produkte, die aus Betrieben des Modellprojektes stammen, sind mit dem Biosiegel und dem grünen Logo „Landwirtschaft für Artenvielfalt“ gekennzeichnet. Zu erkennen sind sie außerdem am Biopark- und WWF-Logo. Unter der Marke Natur pur gibt es exklusiv für Edeka Minutensteaks, Rinder-Rouladen, Kalbsrückensteak, Salami, Bierschinken, Kasslerbraten und mehr. Allein der SB-Wurstabsatz stieg bei der Edeka durch diese Produkte um 30 Prozent. Das Projekt soll auf Mitteldeutschland erweitert werden. Hier laufen bereits Gespräche.

Nachhaltige Absatzmärkte
Der Verein Agrarmarketing Mecklenburg-Vorpommern (AMV) unterstützt dieses Engagement. „Im Mittelpunkt der Tätigkeit stehen seit Gründung des AMV nachhaltige Absatzmärkte. Nicht ein kurzfristiges Erscheinen auf Wochenmärkten oder Verbrauchermessen, sondern professionelle Auftritte bei Fachmessen, Markterkundungsreisen mit Einkäuferkontakten in potenziellen Exportmärkten sowie die Zusammenarbeit mit dem LEH stehen im Fokus. Ebenso wichtig sind Schulungsangebote. Branchentage und gegenseitige Firmenbesuche dienen dem besseren Kennenlernen, schaffen Möglichkeiten zur besseren Vernetzung. Und „nachhaltig sind auch die Kontakte, die zur Landespolitik geknüpft werden, um bestmöglich dazu beitragen zu können, für die Ernährungswirtschaft die Bedingungen in vielfacher Ausrichtung zu optimieren“, unterstreicht Geschäftsführerin Jarste Weuffen. Der AMV geht bei der Umsetzung immer wieder neue Wege. So entstanden zwei Projektideen im Rahmen der Gesundheitswirtschaft, die das Ziel haben, die Ernährungswirtschaft und die Gesundheitswirtschaft im Land stärker miteinander zu vernetzen.