America Go West!

Die in der Vergangenheit oft belächelte US-Küche erlebt in den vergangenen Jahren einen deutlichen Popularitätsschub.

Freitag, 16. Mai 2014 - Länderreports
Daniel Klages
Artikelbild Go West!
Bildquelle: Shutterstock

Die Regale im deutschen Lebensmittel-Einzelhandel spiegeln den Geschmack und die Bedürfnisse der Verbraucher wider. Und dieser Geschmack beschränkt sich längst nicht mehr nur auf die einheimische Küche, sondern ist stark geprägt von internationalen Spezialitäten, im Fachjargon gerne Ethno-Food genannt. Neben der unverzichtbaren italienischen, französischen oder asiatischen Küche üben auch Lebensmittel aus den USA eine große Faszination auf die deutschen Verbraucher aus. Diese Entwicklung zeigte sich beispielsweise auf der letztjährigen Anuga. Im Vergleich zu 2011 stieg die Zahl der US-Aussteller von 146 auf 170. Die Mehrzahl kam aus den Bereichen Fine Food, Fleisch, Bio-Produkte und Tiefkühlkost. Besonders der Bereich der Bio-Produkte war 2013 deutlich stärker vertreten als in den Jahren zuvor.

Seien es Agrargüter wie Cranberries, oder Trockenpflaumen, sei es Wein aus dem Napa Valley, Bourbon aus Tennessee oder die beliebten Spareribs mit der passenden Barbecue-Sauce: Wir Deutschen lieben Produkte aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Und das Angebot ist reichlich und vielfältig. „Rein geschichtlich haben die USA einen klaren kulinarischen Vorteil, den kaum ein anderes Land zu bieten hat: Die Immigranten, die halfen, Amerika zu errichten, haben auch ihre verschiedenen Arten, Essen zuzubereiten, mitgebracht und damit eine vielfältige Esskultur geformt“, erklärt Claudia Beckord, Geschäftsführende Alleingesellschafterin der C.M.C. The Food Company GmbH, einem Importeur amerikanischer Lebensmitteln. Neben englischen und besonders puritanischen Siedlern zählen auch französische, spanische, deutsche und italienische Neubürger zu denjenigen, die das Land mit ihren Essenstraditionen bereicherten. „So prägten die Spanier beispielsweise die mexikanische Küche. Aus Italien stammt eine Menge von Gerichten, die fast jeder Amerikaner heute als ursprünglich amerikanisch bezeichnen würde“, sagt Beckord. Selbst die ehemaligen Sklaven, die ihre Art zu kochen aus Afrika mit sich führten, trugen ihren Teil zur heute bestehenden Vielfalt der amerikanischen Küche bei. Beispielsweise geht der häufige Gebrauch von Erdnüssen in den USA auf ihren Einfluss zurück.

Die Nachfrage nach Saucen, Gewürzmischungen und Dips, genauso wie nach Süßwaren, Getränken und US-Klassikern wie Erdnussbutter oder Ahornsirup ist hoch wie nie. Supermärkte, Kaufhäuser und Discounter führen typisch amerikanische Produkte in ihrem Standardsortiment, und jedes Jahr kommen Neuheiten hinzu. Insbesondere die amerikanische Barbecue-Kultur erfreut sich auch in Deutschland wachsender Beliebtheit. Auch regional bieten die USA einen nicht zu unterschätzenden Reichtum: So ist die Nouvelle Cuisine mit ihrem Ursprung in Kalifornien kaum vergleichbar mit der Cajun-Küche der Südstaaten.

Neben dieser Vielfalt waren die USA außerdem schon immer die Ersten, wenn es darum ging, gut schmeckende Produkte mit Convenience zu verbinden. „Seit ein paar Jahren wird dieser Trend noch mit dem Gesundheitstrend und dem Qualitätstrend kombiniert, woraus tolle Innovationen wie beispielsweise Smoothies entstanden sind. Diese Vereinbarung verschiedenster Trends macht viele USA-Produkte zu Kassenschlagern“, erklärt Beckord.


Das Potenzial, das sich hieraus ergibt, ist enorm und kann vom deutschen Lebensmittel-Einzelhandel nicht ignoriert werden, denn deutsche Konsumenten kommen täglich mit Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten aus den USA in Kontakt. Hinzu kommt, dass jedes Jahr mehr als 2 Mio. Deutsche in die Vereinigten Staaten reisen. Das hat auch in Deutschland die Nachfrage nach Produkten aus den USA verstärkt. „Wenn Sie einen Deutschen fragen, wo er sein bestes Steak gegessen hat, kann es gut sein, dass er sagt: „in Chicago“. Ein Teil meines Jobs ist es, positive Nachrichten über die amerikanische Landwirtschaft einem größeren Publikum bekannt zu machen – und das ist etwas, was ich sehr gerne mache“, sagt Paul Spencer, Agricultural Counselor an der US-Botschaft in Berlin. Für einige US-Lebensmittel habe das Interesse besonders stark zugenommen. So haben sich zum Beispiel die US-Weinexporte nach Deutschland in den vergangenen fünf Jahren wertmäßig mehr als verdoppelt und 2013 erstmals die Marke von 100 Mio. US-Dollar durchbrochen.

Aber auch die Einfuhr von anderen amerikanischen Lebensmitteln nach Deutschland war im Jahre 2013 so hoch wie noch nie. Im Bereich der Agrarprodukte liegt das Importvolumen insgesamt sogar leicht über dem deutschen Export. So wurden 2013 Agrargüter im Wert von 2,3 Mrd. US-Dollar von den USA nach Deutschland importiert. Mit einem Gesamtvolumen von 10,1 Mrd. US-Dollar ist die EU der fünftgrößte Exportmarkt für US-Agrarprodukte. Produkte wie die US-Cranberries, Süßkartoffeln, Trockenpflaumen oder Walnüsse haben sich fest auf dem Markt etabliert. Hauptabsatzkanal ist dabei immer noch der reguläre Einzel- und Großhandel. Die amerikanischen Produkte sind bei uns erhältlich als Monoprodukt oder als Zutat in verarbeiteten Lebensmitteln (zum Beispiel Müslis, Schokolade, Gebäck, Jogurt oder Eis).

Für die klassisch amerikanischen Produkte wie Beef Jerky, Marshmallows, Erdnussbutter oder Barbecue-Saucen liegt der Reiz neben dem Geschmack auch an der Konnotation. „Diese typischen US-Produkte symbolisieren ein Lebensgefühl, mit dem viele Verbraucher positive Eigenschaften wie Freiheit und Abenteuer assoziieren“, erklärt Maria G. Kraus, Managing Director der Mk2 Marketing & Kommunikation GmbH, welche die Food Export Association repräsentiert und verantwortlich ist für die Vermarktung beispielsweise von Walnüssen, Cranberries und Sweet Potatoes. Das Lebensgefühl des „American way of life“ als kulinarischer Import.

Andrea Gosewisch, die für das Marketing von Genuport verantwortlich ist, erklärt, welche Auswirkung diese Philosophie auf den amerikanischen Lebensmittelmarkt hat: „Dieses Attribut liefern ausschließlich Original-Produkte – die Produkte, die der Verbraucher aus Filmen oder aus seinem letzten USA-Urlaub kennt. Me-too Produkte können sich dagegen nur schwer durchsetzen – der Flair des Echten mach einen großen Teil der Attraktivität US-amerikanischer Lebensmittel aus.“ Mit Marken wie Pepperidge Farm oder Snyder’s of Hanover will Genuport genau diesen Ansatz verfolgen. Als Bindeglied zwischen Herstellern und Handel verfolgt der Importeur individuelle Distributionsstrategien, um ein Stück Amerika im Alltag der deutschen Konsumenten zu etablieren. „Gerade diese Zusatzleistungen sind in der heutigen globalisierten Welt von enormer Bedeutung – denn Produkte aus der ganzen Welt sind für den Verbraucher leicht zugänglich geworden“, sagt Gosewisch. Mit der entsprechenden Platzierung im Handel und unterstützenden Aktionen würde jedoch der perfekte Rahmen für die jeweiligen Produktansprüche geschaffen. Auch der führende Produzent für Beef Jerky, Jack Links, hat sich ganz offen dem Vertrieb dieses Lebensgefühls verpflichtet. Mit Slogans wie „Feed Your Wild Side“ appelliert die Firma ganz bewusst an das Bedürfnis der Konsumenten nach Produkten mit Mehrwert. „Die Mission von Jack Link’s ist es, weltweit führender Anbieter von Fleischsnack-Markenartikeln zu sein“, sagt Marketing Director Harald Schnalke selbstbewusst zur Unternehmensstrategie.


Das zu dieser Jahreszeit große Thema ist natürlich Grillen beziehungsweise Barbecue. Dieser Verkaufsanlass ist längst nicht nur im Sommer und zu Großereignissen wie der Fußball-Weltmeisterschaft interessant: „Grillen entwickelt sich mehr und mehr zum kulturellen Ereignis und wird zum Ganzjahrestrend. Dabei beeinflussen sich die Trends Outdoor-Living und Grillen gegenseitig positiv“, erklärt Beckord von C.M.C. Verbraucher wollen draußen Spaß haben und sind bereit, für ein qualitativ hochwertiges oder individuelles Grillvergnügen auch mehr Geld auszugeben. Sogar Adventsgrillen sei bei heutigen Konsumenten ein Thema. Grill-Saucen wie die von C.M.C. vertriebenen Produkte von Stock-yard kommen diesem Trend entgegen und bieten für das Unternehmen ein großes Potenzial. Die Saucen, die die Geschmacksgeschichte des uramerikanischen Barbecue widerspiegeln, seien laut Beckord ein gutes Beispiel für die gewandelten Anforderungen an Produkte made in USA.

Trotz aller Faszination und Euphorie für Produkte aus den Vereinigten Staaten gibt es auch Vorbehalte, insbesondere im Bezug auf die Produktionsmethoden und der Verwendung von gentechnisch veränderten Organismen.

Aber: „Trotz immer wieder auftretender Bedenken bezüglich genetisch verändertem Obst und Gemüse stehen Produkte aus den USA bei den Konsumenten hoch im Kurs. Denn das Gros der US Produzenten setzt auf ökologischen Anbau und nachhaltige Produktion“, sagt Kraus. Was viele Verbraucher nicht wüssten ist, dass der US-Biomarkt alleine größer ist, als der gesamte europäische Markt für Bioprodukte zusammen.

Genau hierin sieht auch Spencer die große Chance für amerikanische Importeure: „Für den deutschen Konsumenten zählt, dass die Landwirtschaft in den Vereinigten Staaten nachhaltig ist. Es gibt eine enorme Vielzahl an Produktionsmethoden, aus denen man wählen kann.“ Daneben bieten sich dem Importeur aber auch andere Vorteile. „Wir können Ihnen Lebensmittel in großen einheitlichen Partien verkaufen, zum Beispiel 100 t Mandeln. Wir können Ihnen aber auch Feinkost in kleinen Mengen von spezialisierten Erzeugern anbieten“, sagt Spencer.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen
Bild öffnen
Bild öffnen
Bild öffnen
Bild öffnen
Bild öffnen „Für den deutschen Konsumenten zählt, dass die Landwirtschaft in den Vereinigten Staaten nachhaltig ist.“ 
Paul Spencer, Agricultural Counselor an der US-Botschaft in Berlin.