Zurheide Fein Kost Düsseldorf Die Genuss-Trendsetter

Zurheides wagen auf einer Großfläche in der Düsseldorfer Innenstadt ein Experiment, für das selbst den Inhabern noch der richtige Begriff fehlt. Auf zwei Etagen kombinieren sie Lebensmittelgeschäft, Eigenproduktion und Gastronomie – ein Erlebnis nicht nur für Gourmets.

Montag, 09. April 2018 - Ladenreportagen
Sonja Plachetta
Artikelbild Die Genuss-Trendsetter
Gesundes ganz nah am Kunden: An der Saft- und Smoothiebar in der Mall gibt es 30 verschiedene, frisch gemachte Varianten.
Bildquelle: Peter Eilers, Daniel Horn/Interstore, Sonja Plachetta

„Wir wollen keine Trends mitgehen, sondern neue anstoßen“, sagt Rüdiger Zurheide. Ein Satz, der gut zusammenfasst, welchen Anspruch der 38-Jährige, sein Bruder Marco (39) und Vater Heinz Zurheide (65) stets bei ihren Projekten haben. Wie die Drei die Zukunft des Lebensmittelhandels sehen, zeigen sie in ihrem neuen Markt im „Crown“-Komplex an der Berliner Allee in der Düsseldorfer Innenstadt. Wobei Rüdiger Zurheide selbst einräumt, dass „der Begriff Supermarkt definitiv nicht mehr ausdrückt“, was die Händlerfamilie an dem von der Bausubstanz und der logistischen Anbindung her schwierigen Standort auf 10.000 Quadratmetern auf zwei Etagen geschaffen hat. „Den richtigen Begriff dafür zu finden, ist schwierig“, sagt er und entscheidet sich für „Lebensmittelmarkt mit angeschlossener Gastronomie“. Eine ziemlich sachliche Beschreibung für ein Geschäft, das vor allem die Emotionen der Kunden ansprechen und an jeder Ecke zum Kauf verführen will.

Fakten im Fokus
  • Verkaufsfläche: 10.000 qm
  • Mitarbeiter: 200 davon 25 Köche
  • Artikel: 65.000
  • Investition: 20 Mio. Euro
  • Umsatzziel für das erste Jahr: 50 Mio. Euro

Sollte tatsächlich jemand wirklich nur zu Zurheides kommen, um stur den Einkaufszettel abzuarbeiten, muss er schon in der Mall stark sein. Dort setzt die Familie erste Trends, zum Beispiel mit dem vegetarischen Restaurant Pythagoras oder mit der Patisserie. 14 Konditoren kreieren allein dafür 220 eigene Produkte, darunter Schokolade und sechs Sorten Eis. Diese können auch an der benachbarten Kaffee-Lounge verzehrt werden. Der Kaffee stammt aus der Kaffeerösterei in Zurheides bisherigem Referenzmarkt in Düsseldorf-Reisholz. Gesundes gibt‘s an der Saft- und Smoothiebar: Dort kredenzen die Mitarbeiter 30 Varianten. Bei den Konzessionären stehen Sushi und Snacks (Natsu) sowie Italienisches (Bäckerei Büsch) zur Auswahl.

Wer alldem widerstehen will, dem hilft vielleicht ein Blick nach oben, wie Luca Viglianti, Art Director bei Zurheides Design-Partner Interstore, empfiehlt: Dort gibt es eine besondere Lichtinstallation, die die Lichtplaner des Beleuchtungsspezialisten Ansorg entworfen haben. Dieses Lichtband leitet die Kunden, normalerweise unbewusst, von den drei Eingängen zur 700 Quadratmeter umfassenden Obst- und Gemüseabteilung und „explodiert“ dort in einem Lichtblitz – direkt über der Auslassung im Boden, die den Blick auf das Warenangebot im Untergeschoss freigibt. Solche Überraschungsmomente finden sich an vielen Stellen im Markt. „Es gehört zu unserem Gesamtkonzept, den Kunden an jeder Ecke neue Highlights zu bieten“, sagt Rüdiger Zurheide. Deshalb hätten sie auf einen festen Kundenlauf verzichtet – auch auf die Gefahr hin, dass die Kunden das Konzept nicht beim ersten Mal verstünden.


Die Biowelt im Erdgeschoss ist eine solche Ecke, die die Kunden zum Staunen bringen soll. Sie umfasst 800 Quadratmeter – und ist damit so groß wie Zurheides kleinster Markt insgesamt. Allein 200 Bio-Weine gehören dort zum Sortiment. „Es war unser Anspruch, dass sie wirkt wie ein eigener Laden“, sagt Marco Zurheide. Sie hätten überall versucht, die große Fläche in verschiedene Welten zu unterteilen, damit der Markt nicht zu mächtig wirke. So dienten etwa höhere Regale, Glasscheiben oder abgesetzte Fußböden der Trennung. Gut zu sehen ist das im Erdgeschoss zum Beispiel bei den Süßwaren, die zusammen mit Knabberwaren mit 1.200 Quadratmetern viel Raum einnehmen. Dort bieten Lindt, Ferrero und Haribo – nach Vorgabe von Zurheides – auch ladenbaulich besondere Akzente. Dezent durch die Welten leitet zudem eine neu entwickelte Grafiksprache mit Schwarz-Weiß-Fotos, umrahmt von einem Zurheide-Schriftzug in orangefarbener Klammer.

Die „Welt des Genusses“, wie die Inhaber sie selbst nennen, erwartet die Kunden jedoch im Untergeschoss. Die Pastamanufaktur direkt neben der Rolltreppe, über die die Kunden ins Souterrain gelangen, stimmt darauf ein. Dort werden 50 Sorten Pasta tagesfrisch vor den Augen der Kunden hergestellt.

Auf der Etage verführen viele Stationen zum Direktverzehr: Wer nicht ins Gourmet-Restaurant „Setzkasten“ möchte, findet an der Premium- Beef-Bar, der Schinken-Bar, der Mozzarella-Bar oder der Champagner-Bar reichlich Alternativen. Insgesamt gibt es in Markt und Mall gut 350 Sitzplätze. Perspektivisch soll die Gastronomie einen Umsatzanteil von 20 Prozent erreichen.

Schnell gelesen
  • Zurheide Fein Kost, Berliner Allee 52 40212 Düsseldorf
  • Zurheides verbinden in der Düsseldorfer Innenstadt auf 10.000 Quadratmetern, verteilt auf zwei Etagen, ein edles Edeka-Frischecenter mit Erlebnis- Gastronomie.
  • Der Lebensmittelmarkt ist in verschiedene Welten unterteilt.
  • Eigenproduktion vor den Augen der Kunden ist ein Schwerpunkt. Die Mitarbeiter stellen insgesamt 2.500 Produkte im Markt frisch her.
  • Mit den Restaurants und Gastro-Stationen in Markt und Mall will die Händlerfamilie einen Umsatzanteil von 20 Prozent erreichen.

Die Gastronomien sind so angeordnet, dass die Kunden, die nur einkaufen wollen, sie nicht durchlaufen müssen. Für diese Konsumenten bieten die gut 40 Meter langen Theken viel Auswahl. Auch SB-Ware, Trockensortiment, Drogerieartikel, Getränke, Wein und eine Olivenöl-Presse finden sich im Untergeschoss. Bei insgesamt 65.000 Artikeln sollte für jeden etwas dabei sein. Darunter sind die rund 2.500 im Markt frisch hergestellten Produkte genauso wie 1.800 der Edeka-Eigenmarke „Gut und günstig“. Prominenter platziert als letztere sind jedoch die rund 1.000 Produkte der Eigenmarke „Zurheide Feine Kost“.

„Wir probieren hier High-end-Produkte wie ein Trüffelglas für 90 Euro, aber wir bieten auch Normalität“, betont Marco Zurheide. „Wir wollen alle Kunden, und wir brauchen sie auch.“ Schließlich hofft die Händlerfamilie im ersten Geschäftsjahr auf einen Umsatz von 50 Millionen Euro. Den benötigen sie auch, damit sich das Konzept bei einem Mietpreis von 20 Euro pro Quadratmeter und den Kosten für die gut 200 Mitarbeiter (geplanter Personalkostenanteil: 17 Prozent) trägt. 40.000 bis 50.000 Kunden wollen sie pro Woche in den Laden locken, nach der Anlaufphase auch mithilfe von Kundenabenden und einem Gourmetfestival.

Ob das klappt? Am Markt fahren täglich 60.000 Autos vorbei, das haben Zurheides messen lassen. Die Prachtmeile Königsallee ist nur 200 Meter entfernt. Trotzdem: „Einen Innenstadt-Markt haben wir noch nie gemacht. Wir wissen nicht, was passiert“, sagt Rüdiger Zurheide. Die Unsicherheit, ob die Kunden ihr Konzept annehmen und sich die Investition von 20 Millionen Euro amortisiert, habe ihnen allen mehrere schlaflose Nächte bereitet. Doch im Großen und Ganzen sind Vater und Söhne davon überzeugt, mit dem Markt den richtigen Trend zu setzen.

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Bild öffnen Ein „Lichtblitz“ am Eingang lenkt die Aufmerksamkeit darauf, dass es auch im Souterrain Lebensmittel gibt.
Bild öffnen Gesundes ganz nah am Kunden: An der Saft- und Smoothiebar in der Mall gibt es 30 verschiedene, frisch gemachte Varianten.
Bild öffnen Eigenproduktion spielt eine große Rolle. 2.500 Produkte werden im Markt frisch hergestellt, darunter rund 50 Nudelsorten in der Pastamanufaktur.
Bild öffnen „Positiv verrückt“: Die Mitinhaber Rüdiger (r.) und Marco Zurheide haben Mut zu Neuem.
Bild öffnen Angebunden an die Käsetheke ist die Mozzarella-Bar mit zwölf Plätzen zum Direktverzehr.
Bild öffnen Lindt setzt in der Süßwarenwelt einen besonderen Akzent.
Bild öffnen „Spacig“: Die Tiefkühlabteilung wirkt wie aus einer anderen Welt.
Bild öffnen In der Kaffee-Bar gibt‘s Kaffee aus der Zurheide- Rösterei in Reisholz.
Bild öffnen Die Biowelt soll wie ein eigener Laden wirken. Es gibt dort allein 200 Bio-Weine.
Bild öffnen Wer mag, kriegt an der Premium Beef Bar ein Kobe-Filet für 129 Euro.
Bild öffnen An der Schinken-Bar schneidet ein Mitarbeiter hauchfeine Ibérico-Scheiben.
Bild öffnen In der Fischtheke liegt schon mal ein ganzer Seeteufel oder Thunfisch. Als Kunden sind auch die vielen in Düsseldorf lebenden Japaner im Visier.
Bild öffnen Eine von Rüdiger Zurheides Lieblingsecken ist die Patisserie. Dort zaubern 14 Konditoren 220 Leckereien.
Bild öffnen Nahe der Düsseldorfer Kö ist Champagner ein Muss. 200 Sorten führen Zurheides hier.
Bild öffnen Der Chef‘s Table im Gourmet Restaurant „Setzkasten“ steht direkt in der Küche.
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