WEZ-Markt Minden Am Puls der Menschen

Der Standort für seinen WEZ-Markt an einer Hauptverkehrsader Mindens ist für Karl Stefan Preuß ein Glücksfall. Dank modernem Design, individuellem Sortiment und herzlichen Mitarbeitern zieht der neue Laden viele ehemalige Kunden von Wettbewerbern an.

Donnerstag, 21. April 2016 - Ladenreportagen
Sonja Plachetta
Artikelbild Am Puls der Menschen
Bildquelle: Jörn Strojny

Ein Kunde steht unentschlossen vor dem schicken, beleuchteten Holzregal in der Weinabteilung im neuen WEZ an der Mindener Ringstraße. Er kann sich nicht entscheiden zwischen zwei Merlot-Varianten. Karl Stefan Preuß zögert nicht lange: „Kann ich Ihnen helfen?“ Der Edeka-Kaufmann erklärt dem Mann wortgewandt den Unterschied zwischen den beiden zur Wahl stehenden Weinen. Der Kunde ist zufrieden und nimmt am Ende beide Flaschen. Doch Preuß sagt fast entschuldigend: „Ich bin hier nur zu Gast und nicht der Fachberater.“

Die Episode zeigt nicht nur die Bescheidenheit des Mannes, der mit seinen 22 WEZ-Märkten und 215 Mio. Euro Jahresumsatz bundesweit die Liste der größten selbstständigen Edeka-Händler anführt und zudem dienstältestes Mitglied in den Aufsichtsräten der Edeka-Zentrale sowie der Edeka Minden-Hannover ist. Sie lässt vor allem erkennen, wie Preuß seine Rolle im Unternehmen sieht: als Vorbild für seine Mitarbeiter. Er lebt die ganzheitliche Verantwortung vor, die er sich von ihnen wünscht. Dazu zählen nicht nur Herzlichkeit und Kundenorientierung. Sie sollen z. B. auch, wie er selbst, zum „notorischen Papieraufheber“ werden, falls etwas auf dem Marktboden liegt. Herzliche, kompetente Mitarbeiter mit Blick für das Ganze sind für Preuß entscheidender Grund für die Kundenbindung.

Filetstück an Ausfallstrasse
Es liegt aber nicht nur an der Leistung der 75 Mitarbeiter um Marktleiterin Sabine Barner, dass das im Dezember 2015 eröffnete neue Flaggschiff des Unternehmens richtig brummt. Tageweise lag der Laden, dessen Wochenerlöse die 200.000-‧Euro-Marke bereits übersteigen, in der Eröffnungsphase umsatzmäßig schon auf Platz 1 aller WEZ-Märkte und wird im ersten Jahr laut Preuß „deutlich mehr machen“ als die anvisierten 10 Mio. Euro. Im dritten Jahr soll er dann 15 Mio. Euro einfahren.

Auch der Standort auf dem Gelände des ehemaligen Mindener Klinikums ist für den Edeka-Kaufmann ein Glücksfall: innenstadtnah, an einer Hauptverkehrsader gelegen und mit Aussicht auf weitere zahlungskräftige Kunden nach Fertigstellung eines hochwertigen Wohngebiets nebenan. Preuß hatte damit gerechnet, dass er durch dieses Geschäft in vier anderen WEZ-Märkten jeweils 5 bis 15 Prozent weniger einnehmen würde, tatsächlich seien die Rückgänge dort nur halb so hoch. Viele der wöchentlich 15.000 Kunden in der Ringstraße, inklusive der 3.000 Besucher des selbstbetriebenen Backshops Café Novecento, sind vom Wettbewerb gekommen.

Modern und Provinziell
Wenn sie die Tür passieren, betreten sie „einen modernen Markt mit Loftcharakter im Industriedesign“, wie ihn Preuß beschreibt. Er hat sich von Vorbildern wie Whole Foods oder Eataly inspirieren lassen und mit seiner aus Umbrien stammenden Frau, der Architektin Nadia Galletti, einen Laden konzipiert, der Preuß zufolge in London oder New York stehen könnte, aber auch nach Ostwestfalen passt: „Wir haben den Einzelhandel so weit gedacht, wie wir es uns für einen provinziellen Standort vorstellen können.“ Dazu zählen die erstmalig bei WEZ eingesetzte elektronische Preisauszeichnung oder mobiles Selfscanning (s. S. 29) ebenso wie futuristisch anmutende TK-Schränke oder die warenfreie Kassenzone. Allein in die Einrichtung hat Preuß 2,5 Mio. Euro investiert.

Doch die Kunden kommen nicht nur wegen des modernen, vorwiegend in Schwarz- und Grautönen gehaltenen Ladendesigns. Sie schätzen es, dass sie unter den 30.000 Artikeln auch Produkte finden, die andere Händler nicht führen. Außer der Edeka selbst fahren das WEZ in der Ringstraße 250 Direktlieferanten an. Preuß möchte in den Abteilungen Fachgeschäftsniveau erreichen. Besonders gut gelingt das bei Fleisch. „Wir sind für die Kunden die Fleischfachgeschäfte in der Region“, sagt der Händler. Die Fleisch- und Wursttheke (Umsatzanteil: 10 Prozent) ist schon zu klein und wird erweitert. Erstmals in einem WEZ-Markt laufe auch Dry-aged-Beef, aus deutschem Rindfleisch, gut.


 

Fakten im Fokus
  • Verkaufsfläche: 2.650 qm
  • Mitarbeiter: 75
  • Artikel: 30.000
  • Umsatzziel 2016: 10 Mio. Euro
  • Kunden pro Woche: 15.000
  • Öffnungszeiten: Mo - Sa, 7 bis 22 Uhr

Mehr geschichten Erzählen
Ein anderes Beispiel ist die Weinabteilung mit mehr als 750 Weinen. Einige vom italienischen Feinhändler Massimo Catalano importierte Sorten werden in einem edlen, illuminierten Holzregal präsentiert. Auch wenn Weine für 15,99 Euro darunter sind, ist Preuß’ Ansatz, „gute Weine zwischen 5 und 10 Euro zu verkaufen“. Testweise gibt es Schnelldreher auch kartonweise. Forciert werden ferner neben Convenience die Themen Bio und Regionalität, u. a. mit einer rund 50 Artikel umfassenden regionalen WEZ-Eigenmarke. An einer 30 m langen Bio-Wand inklusive Kühlregal finden sich gebündelt mehr als 2.500 Bio-Produkte. Darüber hinaus sind einige Artikel im Preiseinstieg den Sortimenten zugeordnet, um Unentschlossene zum Bio-Kauf zu animieren. „Aktuell liegt unser Bio-Anteil unter 5 Prozent, wir streben aber 10 Prozent an“, sagt Preuß.

Das will er unter anderem mit mehr Story-Telling erreichen. „Wir können noch viel mehr Geschichten erzählen, etwa über unsere regionalen Produzenten.“ Diese Instore-Kommunikation soll im Zuge des WEZ-Markenrelaunchs, der für Ende 2016 geplant ist, ausgebaut werden. Auch die besondere Affinität zu Italien wird dann noch deutlicher hervorgehoben werden. Warum nicht eine Geschichte erzählen über Luca Pottini, den Konditor aus Perugia, der im Café Novecento Törtchen und Pizza backt?

Im Café Novecento, das in Anlehnung an das Firmengründungsjahr 1900 so heißt, ist der Neuauftritt nach der Übernahme der Schäfer’s-Backfilialen schon gelungen. Dort ist die Herausforderung jetzt eher, das gastronomische Konzept gut aufzustellen. Das italienische Sortiment um Pizza, Panini und Tramezzini soll um Pasta erweitert, das Imbissangebot reduziert werden. Preuß tastet sich behutsam, aber zuversichtlich vor: „Ich bin davon überzeugt, dass man mit Gastronomie Geld verdienen kann, aber es wird noch dauern.“

„Mr. Emma“ assistier
Karl Stefan Preuß ist überzeugt: „Mobiles Scanning und Mobile Payment werden sich im Handel etablieren.“ Deshalb testet er im WEZ in der Ringstraße das Shoppingassistenzsystem„Mr.Emma“. RegistrierteKunden erhalten am Eingangein Tablet, das sie an den Einkaufswagen klemmen. Sie werden so nicht nur durch den Markt zu den gewünschten Artikeln geführt, sondern erhalten u. a. auch Rezeptvorschläge. Mit der Kamera des Tablets scannen sie darüber hinaus ihre Einkäufe selbst ein. An einer der drei Schnellkassen wird dann nur noch der vorbereitete Bon vom Tablet überspielt, und derKunde kann zügig bezahlen. Laut Michael Pietz vom Hamburger Start-up Die Regale sind wie in fast allen WEZMärkten längs gestellt. So lasse sich mehr Ware unterbringen, erklärt Preuß. „DIE LÄNGSSTELLUNG BRINGT MEHR REGALMETER.“ Karl Stefan Preuß United Emma, das „Mr. Emma“ betreibt, nutzen den Service imSchnitt täglich 4,3 Prozent aller Kunden, die in dem Markt durch die Kasse gehen.