Eataly München Schlemmen auf Italienisch

Seit 2007 pilgern Händler nach Italien, um sich das Food- und Gastrokonzept Eataly anzusehen. Nun haben sie es nicht mehr so weit. In München hat die erste deutsche Filiale der Feinkostkette eröffnet. Sie funktioniert auf besondere Art.

Freitag, 11. Dezember 2015 - Ladenreportagen
Sonja Plachetta
Artikelbild Schlemmen auf Italienisch
Der Sauerteig für das Brot wird mit Mehl aus biologischem Anbau hergestellt.
Bildquelle: Plachetta, Eataly

Drei Jahre lang hat die Feinkostkette Eataly den Markteintritt in Deutschland vorbereitet und 15 Mio. Euro in den Umbau der Schrannenhalle am Viktualienmarkt in München investiert. Nun sind die Italiener da, und ihre Mission ist klar: Sie wollen den Deutschen den Genuss guten italienischen Essens schmackhaft machen. „Mangi meglio, vivi meglio“ („Iss besser, lebe besser“) steht auf den Lageplänen, die an die Kunden verteilt werden. Damit sollen sie sich in dem 4.600 qm großen Markt, der sich über zwei Etagen und zwei Zwischengeschosse erstreckt, besser zurechtfinden. „Wir werden dann in München Erfolg haben, wenn wir bei den deutschen Kunden das Bewusstsein dafür schärfen können, welche Art von Nahrung sie zu sich nehmen und wie die Lebensmittel hergestellt werden“, sagt CEO Luca Baffigo (siehe Interview S. 29). Auch Marktleiter Alexander Baermann sieht seinen Auftrag darin, die Leute aufzuklären, z. B. darüber, was gutes Olivenöl ausmacht. Ideal laufe es, wenn der Kunde – getreu dem Firmen-Motto „Essen. Einkaufen. Lernen.“ – erst etwas über die Produkte lerne, dann im Markt esse und schließlich noch etwas kaufe. Und am besten tun das, wie von Baffigo anvisiert, täglich 2.000 Kunden, damit im ersten Jahr 20 Mio. Euro in die Kassen fließen.

Damit die Konsumenten ihr Wissen über die Qualität der Produkte erweitern können, geht Eataly in München mit der in weltweit 27 Filialen bewährten Mischung aus Markt, Restaurant und Kochschule an den Start. An neun Schauküchen können die Menschen zusehen, wie z. B. Brot, Pizza, Pasta oder Mozzarella hergestellt werden. Etwa die Hälfte der 220 Mitarbeiter sind Italiener. Sie leben bei Eataly ihre „Leidenschaft für Lebensmittel“ aus, sagt Baermann.

Wer mehr über italienisches Essen lernen will, kann einen der Kurse in der Kochschule besuchen, die im Keller neben Wein- und Schokoladenabteilung untergebracht ist. Wer sich lieber bekochen lässt, hat die Wahl zwischen 16 Gastronomie-Stationen – von der Cafeteria mit angeschlossener Gelateria und Pasticceria über ein Fleisch-, ein Gemüse- sowie ein Pizza- und Pasta-Restaurant bis hin zum gehobenen, von Spitzenkoch Lucio Pompilli geführten Fischrestaurant Adriatico in einem der Zwischengeschosse. Das andere Zwischengeschoss beherbergt eine Event-Arena für Veranstaltungen wie Lesungen und Ausstellungen. Erstmals überhaupt in einer Eataly-Filiale gibt es eine Insalateria mit frischen Salaten. Gut 400 Sitzplätze stehen zur Verfügung, und wenn es nach Baffigo und Baermann geht, kommen Menschen aus allen Einkommensschichten. „Qualitativ hochwertiges Essen muss nicht teuer sein“, betonen sie. Pizza und Pasta gibt es ab 7 Euro, man kann aber auch für 35 Euro Gnocchi mit weißem Trüffel bestellen.

Im Markt werden 10.000 Artikel angeboten. 90 Prozent davon stammen von italienischen Produzenten, 10 Prozent von zumeist regionalen Lieferanten. Auch hier ist der Anspruch, dass für jeden etwas dabei sein soll. So findet sich neben hausgemachten Nudelspezialitäten auch Industrieware von Barilla. Dennoch könnte viel Überzeugungsarbeit nötig sein, um preisbewusste Kunden davon zu überzeugen, dass sie z. B. für eine hochwertige 100-g-Tafel Venchi-Schokolade 5,70 Euro zahlen sollen.

Möglich, dass das hochwertige Ladendesign – u. a. mit weißen Regalen und viel massivem Holz – von Architekt Carlo Piglione eher eine wohlhabendere Klientel anzieht, die auch Interesse am edlen Nonfood-Angebot wie Küchenutensilien von Kitchen-Aid hat. Vielleicht locken der Nutella-Shop und die Illy-Cafeteria auch Menschen in den Markt, die die Schwelle ohne solch massenkompatiblen Angebote nicht übertreten hätten.

Es wird davon abhängen, wie viele Kunden sich dem Genusskauf hingeben, ob Eataly weitere Läden in Deutschland eröffnet. Für Baffigo sind Berlin, Hamburg und Frankfurt vorstellbare Standorte, ebenso Wien in Österreich und Zürich in der Schweiz. So oder so: Ziel ist, dass es bis 2018 rund 40 Eataly-Stores auf der Welt gibt. Die nächsten Eröffnungen sind in New York im neuen World Trade Center, in Boston, Kopenhagen und Moskau geplant.

Und was München angeht: Wer auch immer regelmäßig dort einkehrt, dem kann es nützen, dass Eataly den Store unter das Motto „Nachhaltige Mobilität“ gestellt hat. Die Kette ist eine Kooperation mit dem Fahrradhersteller Bianchi eingegangen, der angeschlossen an den Markt einen Shop betreibt. Wer bei Eataly schlemmt, dem schadet es sicher nicht, anschließend mit dem Fahrrad heimzufahren.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Gastro-Stationen und Theken sind klangvoll auf Italienisch benannt. So fühlen sich die Besucher, als wären sie wirklich in Italien. 5 Der Sauerteig für das Brot
Bild öffnen Der Sauerteig für das Brot wird mit Mehl aus biologischem Anbau hergestellt.
Bild öffnen Rund um einen Olivenbaum werden 100 Sorten Olivenöl präsentiert und deren Verwendung erläutert.
Bild öffnen Ausgezeichneten Geschmack versprechen die Pizzen von Rossopomodoro. Ein Schild zeigt dort an, wie lang der Pizzateig bereits gegangen ist. 2 Eataly inszeniert sich auch selbst als Marke, z. B. auf gelabelten Taschen oder Handyhüllen.
Bild öffnen In einer Hälfte der historischen Schrannenhalle befindet sich die Gastronomie, in der Mitte die Eigenproduktion, in der anderen der Handel. Der Teil wird um 20 Uhr abgetrennt und geschlossen. Die Kassen liegen zentral an der Piazza (im Bild vorn).
Bild öffnen Der regionale Großhändler Gerhard Gessler liefert das Obst und Gemüse.
Bild öffnen Die Kunden können u. a. bei der Mozzarella-Herstellung zusehen.
Bild öffnen Das Trockensortiment wird in weißen, 1,40 m hohen Regalen präsentiert. Deckenhänger und Schilder klären über die Produktherkunft auf.
Bild öffnen Die handgemachte Pasta kann im Restaurant verzehrt oder für zu Hause gekauft werden.
Bild öffnen Eataly inszeniert sich auch selbst als Marke, z. B. auf gelabelten Taschen oder Handyhüllen.
Bild öffnen Die edlen Venchi-Schokoladen werden von zwei Schokobrunnen eingerahmt.
Bild öffnen Es gibt allein 1.200 Weine. „Preislich ist da für jeden etwas dabei“, sagt CEO Luca Baffigo.
Bild öffnen Auch edle Trüffel lassen sich bei Eataly kosten.

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