Edeka Dietrich Transkritisch: Im Winter muss hier keiner heizen

Die Selbstständigkeit war einer der Lebensträume von Uwe Dietrich. Den hat er schon mal verwirklicht – und muss sich gegen harte Konkurrenz behaupten. Und wie!

Freitag, 06. November 2015 - Ladenreportagen
Reiner Mihr
Artikelbild Transkritisch: Im Winter muss hier keiner heizen

Der Mann ist eigentlich „ Ökonom des sozialistischen Konsumgüterbinnenhandels mit Fachrichtung Ein- und Verkauf“. Uwe Dietrich muss heute selbst ein wenig darüber schmunzeln, in Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik war solch verschwurbelter Sprach-Duktus sehr beliebt. Dabei handelt es sich bei dieser Ausbildung zum Ökonom des Konsumgüterbinnenhandels um eine anspruchsvolle Ausbildung, die dem des im Westen geläufigeren Fachhochschul-Diplom-Betriebswirtes vergleichbar war. Dietrich hat diese Ausbildung just zur Wende 1989 beendet. Nachdem er zunächst bei der HO (Handelsorganisation) eingestiegen war, ging er 1991 zur Edeka Nordbayern , war Assistent und Marktleiter, bevor er in die Zentrale wechselte. Hier koordinierte er Einkauf und Vertrieb, vor allem vermittelte er den westdeutschen Handelsmanagern ein wenig „ostdeutsche Denke“. Schon damals spürte er regionale Produzenten auf und vermittelte sie an die Edeka.

Sein Wunsch war aber immer klar: der eigene Laden. Das hat er 2013 verwirklicht. Heute ist Uwe Dietrich stolzer selbstständige Edekaner in Chemnitz. Sein Geschäft am ehemaligen Chemnitzer Schlachthof hat 2.600 qm Verkaufsfläche, 198 qm Lager, 35.000 Artikel (fast 90 Prozent Food), der Frische-Umsatzanteil liegt bei 42 Prozent.

„Das ist ein Wochenendmarkt “, sagt Uwe Dietrich, „in der Woche ist es etwas ruhiger, aber am Wochenende wird eingekauft.“ Die Lage in der Dresdner Straße, in der Nähe der Sachsen-Allee, ist keine Wohngegend, in direkter Nachbarschaft findet sich ein Einkaufscenter mit Kaufland, Discounter und allem, was man sich an Wettbewerb wünschen kann. Und überhaupt: In Chemnitz gibt es alleine 17 Edeka-Geschäfte und 2 E-Center. Dietrich ist trotzdem „zufrieden“ – auch mit der eigenen Umsatzentwicklung.

Der Markt fällt – innen wie außen – durch klare Strukturen auf. Modernes Design, großzügige Gangbreiten, Raum- und Sortimentsanordnung sorgen für Übersicht beim Kunden. Profil sucht Dietrich in erster Linie durch Frische und Bedienung, aber er ergänzt das durch Eigenproduktion, viele regionale Artikel, ein großes Weinangebot und über 1.000 Bio- und vegane Produkte. „Von der Schillerlocke bis zum Steak Nr. 1 bekommt der Kunde hier alles frisch, was anderswo verpackt wird“, sagt Dietrich. Stolz ist er auch auf seinen Räucherofen . Hier werden Wurst und Wurstspezialitäten, Fisch, Schinken, Kassler, Lachsschinken und mehr veredelt und weiter zubereitet. „Die Angebote müssen standortbezogen sein“, sagt Dietrich und kann auf eine ganze Palette regionaler und lokaler Produkte im Sortiment verweisen. So gibt es Kaffee, frisch geröstet aus Augustusburg, Kräuterlikör vom Chemnitzer Produzenten Georg Bliedung („gibts eigentlich nur in der Gastronomie“), Viba-Eis und vieles mehr. Dafür wird ordentlich getrommelt: 30 000 Handzettel pro Woche, tägliche Neuigkeiten auf Facebook mit produktbezogenen Infos, dazu Anzeigen in der Tageszeitung.

Technisch ist das E-Center Dietrich gut aufgestellt: Mit LED-Beleuchtung und vor allem der transkritischen Kälteanlage mit Wärmerückgewinnung durch Wärmepumpe ist der Markt auf dem neuesten Stand. Letztere spart bei Kühlung und Tiefkühlung im Jahr 104 t Co2 ein, hat allerdings auch ein hübsches Sümmchen gekostet. Dafür braucht im Winter kaum geheizt zu werden. Die Anlage arbeitet mit Co2 als Kühlmittel, dessen thermodynamische Eigenschaften bei niedrigen Temperaturen eine Verkleinerung des Kältekreislaufes sowie weniger Antriebsenergieaufnahme erlauben. In einem luftgekühlten Kältesystem kann der Kreislauf auch über den kritischen Punkt der Verflüssigung (per Druck) arbeiten, man nennt diesen Zustand transkritisch.

Dietrichs Zukunftsvorstellungen? Selbst zur Marke werden: „Künftig gehen die Kunden nicht zu Edeka, sondern zu Uwe Dietrich.“

Edeka-Center Dietrich
  • Adresse: Dresdner Straße 45, 09130 Chemnitz
  • Sortiment: 35.000 Artikel
  • Umsatzanteil Frische: 42 Prozent
  • Durchschnittsbon: 20 Euro
  • Mitarbeiter: 36 fest, ein Azubi
  • Öffnungszeiten: 7 -22 Uhr
  • Eröffnung: 10.10. 2013
  • Verkaufsfläche: 2.597 qm
  • Parkplätze: 147

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Hingucker: Die ansprechende Präsentation von Fisch im Rondell ist ein Kundenmagnet. Mandy Schmidt bestückt es hier.
Bild öffnen „Hier bekommt der Kunde alles frisch, was anderswo verpackt wird.“

Uwe Dietrich
Bild öffnen Spaßfaktor: Breite Gänge lassen Platz für Sonderplatzierungen. Da darf dann auch mal geschmunzelt werden.
Bild öffnen Empfang: Freundlich wird jeder Kunde am Info-Center begrüßt. Hier begrüßt Jacqueline Mai den Kunden.
Bild öffnen Kasse: Charlotte Herwartz kassiert nicht nur, sondern verabschiedet die Kunden freundlich.
Bild öffnen Überblick: Obst- und Gemüseabteilung, gut für den ersten Eindruck.
Bild öffnen Eigenproduktion: Hier wird viel selbst gemacht. Heike Legler hilft mit ihrer eigenen Herstellung bei der Differenzierung vom Wettbewerb.
Bild öffnen Bio: Ein großes Bio-Angebot zieht sich quer durch alle Sortimente.
Bild öffnen Wursttheke: Breites Angebot an Spezialitäten und Regionalem.
Bild öffnen Präsentation: Viel Mühe bei der ansprechenden Wein-Präsentation.
Bild öffnen Service: Sollte selbstverständlich sein: Kunden können in der Obst und Gemüseabteilung ihre Hände waschen.
Bild öffnen Bedienung: Die Bedienungstheken sind das Aushängeschild des Marktes. Aurica Rauschenbach kann „ihren“ Markt so gegen harte Konkurrenz im Umfeld behaupten.
Bild öffnen Handwerk: Eigenproduktion zeigt die handwerkliche Fertigkeit des Personals und profiliert den Markt.
Bild öffnen Verbundplatzierung: Verkauf durch ungewöhnliche Platzierungen fördern – auch durch die gemeinsame Platzierung von unterschiedlichen Sortimenten.
Bild öffnen Frische: Der Umsatzanteil frischer Produkte liegt im Chemnitzer E-Center bei 42 Prozent.