Klieburg-Scheune Wassenach

Der Welt beweisen, dass man auch in einem Dorf mit 1.200 Einwohnern eine ordentliche Grundversorgung aufbauen kann, dass will Manfred Sattler mit seiner Klieburg-Scheune.

Freitag, 06. Juni 2014 - Ladenreportagen
Dieter Druck
Artikelbild Wassenach
Süße Verführung: Früh entscheidet sich die Wahl der bevorzugten Einkaufsstätte.
Bildquelle: Hoppen

Mit der Klieburg-Scheune haben Manfred Sattler und seine Frau Sigrid in der 1.200-Seelengemeinde Wassenach, Kreis Ahrweiler, einen Einkaufsmarkt mit breitem Servicespektrum für den ländlichen Raum konzipiert. Kein Format von der Stange und auch kein typischer Dorfladen, wie er hervorhebt. Der geschäftsführende Gesellschafter des IT-Unternehmens SHD Holding (380 Mitarbeiter) ist auch kein klassischer Kaufmann. Aber er ist Unternehmer im wahrsten Sinne des Wortes und eng verbunden mit seinem Geburtsort, dem er seit 2009 auch als Ortsbürgermeister vorsteht. Sein Ziel: junge Familien mit Angeboten wie Bauplatz, Kindergarten, Grundschule etc. nach Wassenach zu holen. Und dazu zählt für ihn ebenso der Faktor Einkaufen im Ort.

Angefangen hat die kaufmännische Laufbahn der Sattlers 2005 mit einem 55 qm großen Edeka-Dorfladen, der damals letzten Verkaufsstelle des Dorfes. Allerdings brachen nach fünf Jahren die Umsätze weg, die Preise waren nicht wettbewerbsfähig, die Kosten zu hoch, folglich die Marge zu gering sowie das Sortiment zu schmal.

Abschließen und den Rückzug antreten kam für Sattler nicht in Frage. „Ich wollte ja der Welt beweisen, dass in einer Gemeinde mit 1.200 Einwohnern eine Grundversorgung funktionieren kann“, fügt er an. Ein ambitioniertes Ziel, in das er allein 800.000 Euro (netto) für den Bau investierte. Der Fördermittelanteil für die Schaffung neuer Arbeitsplätze betrug gerade mal 30.000 Euro.

Der Neubau mit 20 Parkplätzen entstand mitten im Ort am Dorfplatz. Auf 400 qm Verkaufsfläche finden die Wassenacher rund 3.500 Food-Artikel, darunter auch etwa 300 Produkte unter dem Edeka-Labelgut & günstig“. Dieses Angebot sei unverzichtbar, „um preisorientierte Käufer in den Laden zu bekommen“, erläutert Sattler. Allerdings genüge das nicht. An der Preisoptik der Klieburg-Scheune müsse noch etwas gemacht werden. Ihm fehlen vor allem Aktionskracher vergleichbar den Wochenendangeboten der Discounter, die zusätzliche Frequenz durch Bestands- und Neukunden bringen könnten. Daher wird darüber nachgedacht, die Handzettelwerbung zu intensiveren und zu individualisieren. Das gleiche Ziel verfolgt eine geplante Kundenbefragung, die Sortimente mit Potenzial aufzeigen soll, die bislang noch fehlen. Freiverkäufliche Arzneimittel könnten sich beispielsweise als neues Warensegment und Kundenbringer auftun. „Ich denke, dass vielleicht 50 Prozent der Haushalte noch nicht hier einkaufen waren.“ Das Neukundenpotenzial ist entsprechend. Vor allem Ältere sowie die jungen Familien bilden die Kundschaft. Die mittlere, meist berufstätige Generation ist unterpräsentiert. Sie muss aber aktiviert werden, will man die Marktabschöpfung von derzeit weniger als 25 Prozent auf 30 bis 40 Prozent steigern. Ein möglicher Ansatz ist der „lange Donnerstag“, um die Pendler zu erreichen. In den Anfängen hatte die „Scheune“ bis 19 Uhr auf. Aber das brachte nicht den erhofften Mehrumsatz. Daher wurden die Öffnungszeiten unter der Woche um 1 Stunde verkürzt.

Serviceleistungen wie Toto-Lotto, Paketdienst, Internet-PC, Frühstücksbuffet und Bringdienst sind weitere Bestandteile, die den Markt zum Treffpunkt des Ortes und Kommunikationspunkt machen. „Das ist generationenübergreifend gelungen. Viele unserer Kunden sehen wir täglich im Markt.“ Dabei liegt der Durchschnittsbon bei rund 9,50 Euro. Außerdem hat sich im Café schon ein Stammtisch angesiedelt.

Parallel zur Sortimentsarbeit versucht der Unternehmer, durch Schilder und Hinweise die Wahrnehmung der Einkaufsstätte zu verbessern. Zudem denkt er über Möglichkeiten nach, in den Sommermonaten Kunden vom nahen Campingplatz am Laacher See in die Klieburg-Scheune zu bringen oder von dort aus zu versorgen.

Geliefert wird u. a. von der Neusser Großhandlung Peter Cames (Markant-Mitglied) und ca. zehn weiteren Lieferanten. Rewe und Edeka hätten damals, als es um die Belieferung ging, nur milde gelächelt bzw. wollten ein reines SB-Konzept durchsetzen, berichtet Sattler.

Der Frischeanteil (Obst und Gemüse, Fleisch-/Wurstwaren) am Umsatz liegt bei 45 Prozent. Fleisch inklusive Heißer Theke, Käse sowie Brot- und Backwaren gibt es in Bedienung – ein weiterer Kommunikationspunkt im Markt. Fleisch- und Wurstwaren stammen von einem Metzger aus der Region, die Backwarenabteilung bestückt täglich der Bäckerei-Filialist Lohner. Brötchen werden vor Ort gebacken. Regionalen Produkten wird künftig mehr Platz eingeräumt. Daraus könnte sich eine weitere Differenzierung zum Wettbewerb ergeben.

Sattler hat erfahren, wie schwierig es ist, Einkaufverhalten nachhaltig zu ändern. Die schwarze Null steht noch nicht unter dem Strich. Aber er glaubt und arbeitet daran.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Frischebetont: Die Bedienungstheken
bringen zusammen mit der Obst- und Gemüseabteilung
45 Prozent des Umsatzes.
Bild öffnen Süße Verführung: Früh entscheidet sich die Wahl der bevorzugten Einkaufsstätte.
Bild öffnen Angebotsfindung: Der passende Sortimentszuschnitt ist essenziell.
Bild öffnen Multifunktional: Die Backwarenabteilung mit vorgelagertem Café bietet Raum für Frühstücksbuffets, Familienfeiern und Stammtische.
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Bild öffnen Keine Durststrecke: Getränkeabteilung.
Bild öffnen Durchgängig: Scheunen-Check-Out.
Bild öffnen Wenn nicht hier, wo dann? Regionale Verwurzelung.
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Bild öffnen Mittelpunkt: Point of Sales und Treffpunkt
in der Dorfmitte.
Bild öffnen Kontaktfläche: Viele Kunden kommen täglich, um auch zu kommunizieren.
Bild öffnen Scheunenflair: Dachkonstruktion und Dinge aus dem bäuerlichem Leben sorgen für die passende Atmosphäre.
Bild öffnen Unternehmer-Paar: Sigrid und Manfred Sattler.