Verbraucher-Informationsgesetz Nutzen fraglich

BDI-Hauptgeschäftsführer Dr. Markus Kerber (Foto) stellt den Nutzen der geplanten Reform des Verbraucher-Informationsgesetztes (VIG) in Frage, während die Bundesregierung das neue Gesetz als die „ambitionierteste Verbraucherschutz-Initiative seit Jahren" preist.

Dienstag, 19. Juli 2011 - Industrie-Archiv
Lebensmittel Praxis
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Morgen (Mittwoch, 20. Juli 2011) beschließt das Bundeskabinett die Reform des VIG. „Dieses Gesetz stärkt den Wettbewerb, erhöht die Markttransparenz und erleichtert den Verbrauchern den Zugang zu relevanten Informationen", erklärt Mechthild Heil, Verbraucherschutzbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Seit Inkrafttreten des VIG vor drei Jahren habe es rund 400 Anfragen von Konsumenten und Verbänden gegeben. Doch den Bürgern sei das Abfragen von Informationen häufig zu kompliziert, die Unsicherheit über mögliche Kosten zu hoch, und die Verfahrenswege seien zu lang. Dies solle durch die Gesetzesreform nun geändert werden. Das VIG werde jetzt praxisnäher und verbraucherfreundlicher.

Künftig sollen die meisten Anfragen mit einem Verwaltungsaufwand von bis zu 250 Euro vollständig kostenfrei sein. Bei Rechtsverstößen ist das Einholen von Auskünften sogar bis 1.000 Euro kostenfrei. Gleichzeitig wird auf einen förmlichen Antrag verzichtet, eine E-Mail oder ein Anruf reichen zukünftig für eine Anfrage aus. Einspruchsmöglichkeiten und -fristen für Unternehmen werden eingeschränkt. Bei „erheblichen Täuschungsfällen" gibt es zudem eine Veröffentlichungspflicht der Behörden.

Kritik am neuen VIG kommt von der Industrie: „Durch die geplante Änderung des VIG werden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gefährdet ohne tatsächlichen Nutzen für den Verbraucher", kommentierte Dr. Kerber den Gesetzesentwurf. Die sinkende Zahl von Anfragen beweise, dass einzelne Verbraucher kaum Interesse an diesen behördlichen Informationen hätten. Der überwiegende Teil der Anfragen werde nämlich nicht von einzelnen Verbrauchern, sondern von Verbraucherorganisationen gestellt. Zudem sei es falsch, das VIG „über den Lebensmittelbereich hinaus auf sämtliche Verbraucherprodukte auszudehnen und dabei um den Aspekt der Gefahrenabwehr zu erweitern", kritisierte BDI-Sprecher Kerber. Unbestritten sei, dass bei Gefahr für die Gesundheit schnell gehandelt und alles zum Schutz des Verbrauchers getan werden müsse. Dafür gebe es aber bereits die entsprechenden Gefahrenabwehrgesetze. Der jetzt geplante sofortige Vollzug führe dazu, dass trotz erhobenen Widerspruchs oder Klage schutzwürdige Informationen der Unternehmen an die Öffentlichkeit gelangen könnten.

Der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. (BLL) bedauert, dass die Bundesregierung die ausführlich erläuterten Bedenken sämtlicher Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft ignoriert habe. Gesetzliche Informationsregelungen müssten angesichts der möglichen drastischen Folgen für die betroffenen Unternehmen einen angemessenen Interessenausgleich gewährleisten. Die Lebensmittelwirtschaft erwarte, dass in den parlamentarischen Beratungen ihren berechtigten Bedenken Rechnung getragen werde.