Interview mit Dr. Andreas Daxenberger „Risiken können minimiert werden“

Gegessen wird immer. Nicht nur deshalb stehen Lebensmittel unter besonderer Beobachtung: Gesundheit, Fitness und Wohlbefinden sind Themen, die Verbraucher unmittelbar mit Essen und Trinken verbinden. Für den Lebensmittelhändler kann das nur heißen: Hier ist höchste Sorgfalt geboten. Eine Einschätzung der Lage von Dr. Andreas Daxenberger, Abteilungsleiter Lebensmittel/Futtermittel bei der TÜV SÜD Management Service GmbH.

Freitag, 27. Juni 2014 - Management
Reiner Mihr

Wie sicher sind Lebensmittel im deutschen Handel?
Dr. Andreas Daxenberger: Wir haben in Deutschland einen sehr hohen Sicherheitsstandard bei Lebensmitteln, der durch EU-Recht geregelt ist. Die neue Lebensmittelkennzeichnungsverordnung z. B. bringt ab Dezember 2014 zusätzliche Transparenz für den Verbraucher. Zudem bieten Prüfdienstleister wie wir Herstellern weltweit an, Produkte von der Herstellung bis ins Supermarktregal zu begleiten und dabei Risiken zu minimieren.

Wo sehen Sie die größten Risiken für die Sicherheit von Lebensmitteln?
Vor allem die immer komplexeren Lieferketten von der Produktion bis zur Ladentheke sind eine Herausforderung. Für sichere Lebensmittel sind Kontrollen über Landesgrenzen hinweg daher enorm wichtig. Die größten Risiken gehen von mikrobiellen Krankheitserregern aus. Umso wichtiger ist die Lebensmittelhygiene sowohl im Privathaushalt als auch bei den kommerziellen Lebensmittelherstellern. Dazu gehören, dass die Kühlkette bei verderblichen Waren eingehalten wird, Reinigung, Personalhygiene und getrennte Handhabung von Lebensmitteln, die natürlicherweise Krankheitserreger enthalten können wie z. B. Geflügel.

Jetzt denkt man bei kritischen Lebensmitteln vor allem an die Frische-Sortimente – sind auch andere Warengruppen besonders aufmerksam zu betrachten? Tiefkühlkost ist wahrscheinlich eine solche...
Bei Tiefkühlkost ist es wichtig, dass eine Mindesttemperatur von –18 °C Grad Celsius eingehalten wird. Das gilt für den Transport genauso, wie für die Lagerung in den Verkaufsräumen. Die kontinuierliche Temperaturprüfung ist ein zwingender Bestandteil zur Einhaltung der Kühlkette. In der Zubereitung von Tiefkühlkosten gelten dieselben Prinzipien wie für frische Ware. Denn durch die Tiefkühlung werden Bakterien nicht abgetötet – nur an der Vermehrung gehindert. Bei normalen Temperaturen können die Krankheitserreger sich wieder vermehren.

Was sind die wichtigsten Tipps rund um Lebensmittelsicherheit, die jeder Verkäufer verinnerlichen muss?
Neben der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben ist es wichtig, dass ein entsprechendes Managementsystem etabliert ist. Das heißt, dass die Maßnahmen zur Lebensmittelsicherheit sachgerecht geplant und bei der Durchführung aufgezeichnet werden. Das sichert Qualität und Hygiene.

Bei welchen Vertriebsformen im Handel ist die Einhaltung von Standards und Hygienevorschriften schwierig?
Besondere Anforderungen an die Lebensmittelhygiene bestehen im Handel in den Bedientheken und den zugehörigen Vorbereitungs- und Lagerräumen. Hier können sich Krankheitserreger bei falschen Abläufen und Bedingungen rasch ausbreiten.

Der Tüv Süd bietet eine ganze Reihe von Dienstleistungen an – auch ein Filial-Qualitäts-Audit. Was ist das genau?
Unsere Experten führen in den jeweiligen Supermarktfilialen regelmäßige und unangekündigte Audits vor Ort durch. Dabei prüfen sie unter anderem die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zum Umgang mit Lebensmitteln, aber darüber hinaus auch die Maßnahmen zur besten Hygienepraxis. Zudem nehmen unserer Mitarbeiter Laborproben von Arbeitsflächen und von selbst hergestellten Lebensmitteln in den Bedienbereichen wie etwa Hackfleisch.