Brexit Große Ungewissheit und wenig Hoffnung

Das Ergebnis sahen Viele voraus, die Folgen noch nicht absehbar, für England und Europa aber gewiss negativ und das schlechteste aller Szenarien. Das britische Unterhaus lehnte gestern den von Theresa May ausgehandelten Austrittsvertrag mit 432 zu 202 Stimmen ab. 118 Nein-Stimmen aus Mays eigenen Reihen. Die deutsche Agrar- und Ernährungsbranche ist besorgt wegen weiterer Unsicherheit nach dem Scheitern des Brexit-Abkommens.

Mittwoch, 16. Januar 2019 - Hersteller
Lebensmittel Praxis
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„Ein offener Markt mit dem Vereinigten Königreich hat für uns immer noch höchste Priorität», sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied. Der Agrar-Exportüberschuss Deutschlands im Handel mit Großbritannien liege bei rund 3,5 Milliarden Euro und sei damit fast doppelt so groß wie der gesamte Exportwert in die USA. Die Fleisch- und Mopro-Branche sind besonders betroffen. Die Milchmärkte haben sich nach dem Jahreswechsel gerade stabilisiert, derweil drohen durch einen „harten Brexit“ und die daraus resultierenden Handelsverwerfungen kaum auszurechnende negative Folgen auf die europäische Milchwirtschaft“, analysiert Eckhard Heuser, Hauptgeschäftsführer des Milchindustrieverbandes.

Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) sagte, betroffen sei auch die Fischerei, die wichtige Fangmöglichkeiten in britischen Gewässern nutze. Die Bundesregierung werde sich in der EU um Antworten auf die jetzt entstehenden Probleme bemühen. Nach Angaben der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie sind die Exporte angesichts des anstehenden Brexits im vergangenen Jahr bereits leicht zurückgefahren worden. Um Wachstumschancen und Arbeitsplätze zu sichern, müsse das Modell der Europäischen Union gestärkt werden.

Bereits in den vergangenen Monaten zeigten sich die Verbraucher im HDE-Konsumbarometer immer wieder auch durch internationale Einflüsse verunsichert. Neben dem Handelskonflikt mit den USA spielte dabei vor allem ein möglicher Brexit eine Rolle. „Die Verbraucher können genauso wie viele Unternehmen die konkreten Folgen eines Brexit nicht abschätzen. Dies trägt zu einer Verunsicherung bei, die auf die Verbraucherstimmung durchschlagen könnte“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.

„Angesichts der steigenden Verunsicherung der Verbraucher ist es entscheidend, kleine und mittlere Einkommen deutlich zu entlasten“, so Genth weiter. Als Signal für die Verlässlichkeit der Politik sei es außerdem wichtig, den Solidaritätszuschlag noch in dieser Legislaturperiode abzuschaffen.

Mittelstandspräsident Mario Ohoven: „Politik und Mittelstand müssen sich jetzt auf einen harten Brexit vorbereiten.“ Es sei unverantwortlich, weiter zu hoffen, dass der Austritt Großbritanniens aus der EU noch vermieden werden könne. Er fordert die Bundesregierung auf, schnellstmöglich eine ressortübergreifende Brexit-Task Force bilden, um gemeinsam mit der Wirtschaft ein Notfallprogramm für die Zeit nach dem 29. März zu erarbeiten. „Zudem brauchen deutsche Betriebe und Bürger Rechtsschutz in Großbritannien und umgekehrt.“

Wenige Wochen vor dem Ausstiegsdatum können sich unsere Unternehmen nicht in der erforderlichen Weise vorbereiten. Ein ungeordnetes Ausscheiden des Vereinigten Königreichs riskiert ein bilaterales Außenhandelsvolumen Deutschlands von über 175 Milliarden Euro – an Ein- und Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen. Es droht eine unmittelbar durchschlagende Rezession in der britischen Wirtschaft, die auch an Deutschland nicht unbemerkt vorüberziehen würde, sagt Joachim Lang Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie.