Reduktionsstrategie für Salz, Fett, Zucker Fortschritt oder Farce?

Die Grünen haben die Pläne von Ernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) für weniger Zucker, Fett und Salz in Fertigprodukten kritisiert. Die mit der Lebensmittelwirtschaft dazu geschlossene Grundsatzvereinbarung sei „eine Farce“, sagte die Grünen-Ernährungsexpertin im Bundestag, Renate Künast (Foto), der Deutschen Presse-Agentur. Ministerin Klöckner spricht hingegen von einem Fortschritt, da mit der Branche erstmals über konkrete Zielvereinbarungen gesprochen werde.

Mittwoch, 17. Oktober 2018 - Hersteller
Lebensmittel Praxis
Bildquelle: Santiago Engelhardt

Für eine gesündere Ernährung sollen Fertiggerichte wie Tiefkühlpizza künftig schrittweise mit weniger Fett, Salz und Zucker auskommen. Auch Portionsgrößen von Produkten sollen kleiner werden, um Übergewicht gerade bei Kindern zu vermeiden. Das sieht eine Grundsatzvereinbarung vor, die Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) mit mehreren Branchenverbänden geschlossen hat. Bis Jahresende sollen Details erarbeitet werden und dann als Beitrag der Wirtschaft in eine generelle Strategie der Regierung einfließen.

Klöckner begrüßte die Bereitschaft der Verbände. „Die Wirtschaft erkennt erstmals an, Teil der Lösung des Problems Übergewicht zu sein“, sagte sie. In den nächsten Wochen müssten nun konkrete Zielvereinbarungen folgen. Der Grundsatzvereinbarung zufolge geht es darum, „auf freiwilliger Basis eine möglichst breite Mitwirkung der Wirtschaftsunternehmen zu erreichen“. Belange von Handwerksbetrieben sollen im Blick behalten werden.

Nach den gestern vorgestellten Plänen von Ministerin Julia Klöckner verpflichtet sich die Ernährungsindustrie, ab 2019 den Gehalt an Zucker, Fetten und Salz in Fertiggerichten schrittweise zu senken – bis 2025 sollen die gesetzten Ziele dann erreicht sein.

Das Echo darauf ist, wie zu erwarten, geteilt. „So billig darf sich die Wirtschaft nicht aus der Verantwortung stehlen“, sagte Renate Künast, Ernährungsexpertin der Grünen im Bundestag. Die Industrie müsse endlich ernsthaft in die Pflicht genommen werden. Dass auch die Portionsgrößen von Produkten kleiner werden sollen, nannte Künast eine Lachnummer. „Wem hilft es, wenn zwar Packungsgrößen verändert werden, die Lebensmittel darin aber immer noch überzuckert sind?“ Nötig sei ein „ganzheitlicher Ansatz für eine Ernährungswende, damit gutes Essen im Alltag für alle einfach wird“. Dabei plädierte sie unter anderem für eine Nährwert-Kennzeichnung in den Ampelfarben auf Packungen.

Der Spitzenverband der Lebensmittelwirtschaft, BLL, betonte, es gelte, die Verbraucher bei der Änderung von Rezepturen mitzunehmen. Eine Reduktion von Nährstoffen, die nicht nur Geschmacksträger sind, sondern auch technologische Funktionen bei der Herstellung hätten, gehe nicht von heute auf morgen, sondern müsse schrittweise erfolgen.

Die Verbraucherorganisation Foodwatch kritisierte die Pläne und hielt Klöckner einen „Kuschelkurs“ gegenüber der Branche vor. Die Vereinbarung überlasse es den Unternehmen selbst, welche Zielvorgaben sie sich setzten, und lasse ihnen dafür auch noch bis 2025 Zeit.

Das Deutsche Tiefkühlinstitut (dti) sieht in der Grundsatzvereinbarung einen „konstruktiven Ansatz, einen freiwilligen Beitrag zur Bekämpfung von Übergewicht“ zu leisten, wie die Geschäftsführerin Sabine Eichner betonte. Am Beispiel Tiefkühlpizza lasse sich aufzeigen, dass in den vergangenen zehn Jahren der Salzgehalt durchschnittlich um mehr als 15 Prozent reduziert werden konnte. Die Branche werde sich mit dem Branchenbeitrag „Salzreduktion in TK-Pizza“ an der Strategie der Bundesregierung beteiligen.

Laut Ministerin Klöckner gelte es, die Häufigkeit krankmachenden Übergewichts und ernährungsmitbedingter Krankheiten zu senken. In Deutschland seien 43 Prozent der Frauen, 62 Prozent der Männer und 15 Prozent der Kinder übergewichtig. Zu viel Zucker, Fett und Salz erhöhten auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes.