Fipronil EU will schneller reagieren

Welche Lehren zieht die EU-Kommission aus dem Fipronil-Skandal im Sommer dieses Jahres? Bleibt dem europäischen Lebensmittelhandel ein vergleichbarer Millionenschaden in Zukunft erspart? Wie können Kommunikationspannen zwischen Mitgliedsstaaten, Lebensmittelprüflabors und Aufsichtsbehörden künftig vermieden werden? Von unserem Korrespondenten Thomas A. Friedrich, Brüssel

Donnerstag, 28. September 2017 - Hersteller
Thomas A. Friedrich
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Bildquelle: Fotalia

In Brüssel tagte diese Woche eine hochrangige Ministerkonferenz mit Vertretern aus 27 Mitgliedstaaten zur Aufarbeitung des Eier-Skandals vom Sommer diesen Jahres. Im Juli sahen sich deutsche Handelsketten und Discounter gezwungen, Millionen mit dem in der Nahrungsmittelkette verbotenen Desinfektionsmittel Fipronil verseuchten Eiern aus den Regalen zu nehmen.

Während der Handel nach Bekanntwerden illegaler Machenschaften niederländischer Panscher zur Reinigung von Geflügelställen in Belgien und den Niederlanden praktisch über Nacht zum Schutz der Verbraucher tätig wurde, schoben die Lebensmittelkontrolleure im Dreiländereck Deutschland, Belgien und den Niederlanden die Verantwortlichkeiten hin und her. Und auch die EU-Kommission reagierte mit dem eigens zur Abwehr von Lebensmittelskandalen und Gesundheitsgefahren eingerichteten Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Tierfutter (Rapid Alert System for Food und Feed, RASFF) alles andere als rasch.

Um künftig Kommunikationspannen bei der Weitergabe von Verdachtsfällen auszuschließen, haben sich die fünf am stärksten vom Lebensmittelskandal betroffenen Staaten Belgien, Frankreich, Niederlande, Österreich und Deutschland gemeinsam für die Ernennung nationaler Sicherheitsbeauftragter ausgesprochen.

„Jeder Mitgliedsstaat soll unter Berücksichtigung der nationalen Verantwortlichkeiten und Strukturen der Lebensmittelüberwachung einen effizienten und raschen Informationsaustausch in Zukunft gewährleisten“, sagte EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis vor der Presse. Informationen über Betrugsverdachtsfälle sollten aber auch in Zukunft vertraulich behandelt werden.

Um die Schlagkraft des EU-Schnellwarnsystems RASFF zu erhöhen und die Koordination mit dem für Betrugsbekämpfung geschaffene Adminstrative Cooperation System (AAC) zu verbessern, schlägt die EU-Kommission die Einrichtung eines Netzwerkes von Nationalen Kontaktpunkten und nationalen Sicherheitsbeauftragten vor. Diese sollen bei Verdachtsfällen der Beeinträchtigung der Lebensmittelsicherheit umgehend Alarm schlagen und RASFF und AAC gleichsam informieren. Über eine gemeinsame Plattform für die derzeit getrennt in der EU-Kommission operierenden Einheiten solle nachgedacht werden, so Andriukaitis.

An die Schaffung neuer Strukturen innerhalb der EU-Kommission als Ergebnis des Fipronil-Skandals wird derzeit nicht gedacht. Auf die Frage, ob die EU-Kommission künftig Störungen und Gefahren der Lebensmittel- und Verbrauchersicherheit mit Sanktionen oder Geldstrafen belegen wolle, sagte der EU-Gesundheitskommissar: „Nein, Sanktionen oder Geldbußen sind auf EU-Ebene nicht vorgesehen.“ Es obliege den Strafverfolgungsbehörden in den Mitgliedsstaaten, kriminelle Machenschaften mit dem Strafrecht zu verfolgen. Auf Kommissionsebene würden Europol und die Justizbehörde Eurojust mit RASFF-AAC auf Netzwerkebene kooperieren.

Eine Arbeitsgruppe von RASFF und AAC-Mitgliedern soll Verschläge zur effektiveren Kommunikation und Koordination unter den Mitgliedsstaaten erarbeiten. Unter estnischer EU-Ratspräsidentschaft sollen am 26. Oktober in Tallinn bei einer Expertentagung technische Möglichkeiten „Elektronischer Kontrollen in Lebensmittel- und Pflanzenprodukten“ diskutiert werden.