Interview mit Carl-Jürgen Brandt - Brandt Weicher Übergang

Bei Zwieback-Hersteller Brandt ist jetzt die Folge-Generation im Unternehmen. Damit verbunden sind zukunftsgerichtete strukturelle Veränderungen.

Donnerstag, 06. September 2012 - Hersteller
Dieter Druck
Artikelbild Weicher Übergang
Bildquelle: Mugrauer

Familienunternehmen gelten als besonderes Konstrukt mit eingebautem Konstruktionsfehler – der Familie. Die Übergänge von Generation zu Generation gelten als besonders kritisch. Bei Brandt steht ein „weicher“ Übergang an. Wie der aussieht, beschreibt Firmenchef Carl-Jürgen Brandt.

100 Jahrfeier für die Zwiebackmarke Brandt – angesichts der zum Jahresbeginn erfolgten strukturellen Umbauten ist 2012 auch ein Meilenstein für die Zukunft?
Dass sich das so ergeben hat, ist eher zufällig. Aber wir sind schon stolz auf die 100 Jahre – eine Marke, die nicht viele Familienunternehmen schaffen. Und das ist auch nicht das alleinige Verdienst der agierenden Unternehmer-Familie, sondern in erster Linie loyaler, engagierter Mitarbeiter.

Aber ist das Jubeljahr nicht doch ein markanter Punkt für den Fortbestand des Familienunternehmens?
Ja und nein. Es ist kein Big Bang, wie es so schön heute heißt, aber die Weichen für die Zukunft sind gestellt. Meine Söhne Carl-Heinz und Christoph sind ja schon seit Ende 2010 im Unternehmen aktiv. Wenn sie die Umschreibungen harter bzw. weicher Übergang heranziehen, würde ich das Ganze als weich bewerten. Aber es ist schon eine spannende Situation für uns.

Was bedeutet das für Ihre Person auf der Zeitachse?
Ich werde mich jetzt noch nicht auf irgendein Lebensjahr festlegen, an dem ich mich ganz aus dem operativen Geschäft abschiede, aber ich kann sagen, dass ich mit 70 nicht mehr geschäftsführende Aufgaben erfüllen werde. Allerdings würde ich mir bei Akquisitionen, Kooperationen etc. noch ein Entscheidungsrecht ausbedingen.

Glauben Sie demnach fest daran, abgeben zu können?
Ich bin mit meiner Frau, die ja im Unternehmen die Nr. 2 ist, konform, dass wir nicht bis in alle Ewigkeiten im Tagesgeschäft aktiv sein werden. Meine Eltern waren bis zum Tod tagtäglich vor Ort. Das habe ich hautnah mitbekommen und für mich daraus den Schluss gezogen, dass dies nicht erstrebenswert ist. Daher halte ich mich heute schon aus bestimmten Entscheidungsbereichen heraus. Und noch eins: Hat man zeitliche Vorgaben geschaffen, müssen sie eingehalten werden. Immer wieder zu verlängern, bringt nur Unruhe ins Unternehmen.

Hatten Ihre Söhne denn die Chance, sich anders zu entscheiden?
Sie hatten sowohl die freie Berufswahl als auch die freie Entscheidung für oder gegen den Unternehmenseintritt. Ihre Schwester hat sich beruflich ja ganz anders entwickelt und arbeitet heute im sozialen Bereich. Natürlich sind die Kinder mit dem Unternehmen aufgewachsen, und eigentlich fiel die erste Entscheidung für den Einstieg etwa im Alter von 15 Jahren. Dass es nun so passt, sehe ich aber nicht als Selbstverständlichkeit, wenn man sich die Geschichte anderer familiengeführter Unternehmen vor Augen führt.


Warum haben Sie bei der reformierten Unternehmensstruktur familienfremde Geschäftsführer eingesetzt?
Familienfremde Manager sind bei Brandt keine Novität. Rückblickend kann ich dazu sagen, bei dem einen hat es geklappt, beim anderen nicht, und in wenigen Fällen hätte ich früher die Reißleine ziehen müssen, weil das Unternehmen in der Entwicklung zurückgeworfen wurde. Das war ausgerechnet in der Phase der Produktionsverlagerung von Hagen nach Ohrdruf.

Aber welche Überlegungen stecken heute hinter diesem Konstrukt?
Da ist zum einen die Aufteilung in die Unternehmensbereiche Zwieback-Knäckebrot und Schokoladenwaren. Christopher Ferkinghoff verantwortet bei ersterem als Geschäftsführer die Bereiche Marketing und Vertrieb und Georg Delahaye die Werke. Der Schokoladenwarenbereich in Landshut wird seit Mai von Hartmut Lindner geführt. Ziel ist nun, meinen Söhne unter der Obhut der Geschäftsführer klare Aufgaben zu übertragen, an denen sie auch gemessen werden. Der jüngste, Christoph, wird im Marketing/Vertrieb agieren, Carl-Heinz im Bereich Produktion/Technik.

Sehen Sie auch den Aspekt möglicher Betriebsblindheit?
Klar werden auf diesem Weg auch Wissen aus Unternehmen anderer Branchen und natürlich neue Ideen eingebracht. Und ein weiterer wesentlicher Faktor ist die Absicherung des Unternehmens.

Was werden Sie Ihren Söhnen dann übergeben?
Ein kapitalgesundes Unternehmen mit einer starken Marke mit weiterer Perspektive. Außerdem werden jetzt große Investitionen in die Technik getätigt, insbesondere im Schokoladenwarengeschäft, um uns für die Zukunft aufzustellen.

Den Notfall nicht ausschließen!
Bei mehr als einem Viertel der Übernahmen liegen unvorhergesehene Gründe wie plötzliche Krankheit oder Tod des Unternehmers vor. Der Fortbestand der Firma steht hierbei oftmals auf dem Spiel.

Rund zwei Drittel aller Nachfolgen laufen laut Institut für Mittelstandsforschung geregelt bzw. geplant ab. Aber mehr als ein Viertel auch nicht. Denn es gibt den Fall X, bei dem durch Krankheit oder Unfall der Betrieb plötzlich ohne Führung dasteht. Ein ohnehin heikler Punkt, der durch nicht getroffene Vorsorgemaßnahmen verschärft wird.Um in solchen Akut-Situation eine Handlungsfähigkeit aufrechterhalten zu können, sollte frühzeitig geklärt sein:
  • Wer übernimmt kurzfristig die Geschäftsführung?
  • Welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein? (Vollmachten, Prokura etc.)
  • Sind bei Gesellschaften entsprechende Regelungen im Gesellschaftervertrag fixiert?
  • Was ist im Testament vermerkt?
  • Ist der Notfallkoffer gepackt und beinhaltet er Kopien der wichtigsten Dokumente wie: Notfallorganigramm / -fahrplan, Vollmachten für alle Konten, Unternehmenstestamentn Passwörter / Zugangsberechtigung, Liste der wichtigsten Geschäftspartnern, Aufbewahrungsorte der Originalen Zweitschlüssel
Diese Unterlagen nebst Schlüssel und Checkliste zur Vorgehensweise sollten beim Rechtsanwalt / Steuerberater hinterlegt werden und jährlich mindestens einmal, oder nach personellen Veränderungen, aktualisiert werden. Stellvertreter und Vertrauenspersonen sollten natürlich über Existenz und „Standort“ des Notfallkoffers informiert sein.
Bild: Carl-Jürgen Brandt, Inhaber Brandt