Centralin Turnaround geschafft

Die Produkte der Möbel- und Schuhpflege-Marke Centralin gibt es in fast jedem Lebensmittelmarkt. Doch der Mittelständler hat mit Herausforderungen zu kämpfen.

Donnerstag, 08. September 2011 - Hersteller
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Bildquelle: Centralin

Centralin ist ein klassisches mittelständisches Familienunternehmen. Der absolut überwiegende Teil der Produktion vermarktet Centralin unter Marke, auf das Private-Label-Geschäft entfällt nur ein kleiner Teil. Dietmar Kircher, Mitglied der Centralin-Geschäftsleitung, über den geschafften Turnaround, Rohstoffkosten und Bürokratie.

Centralin produziert und handelt im Markenartikelbereich der Konsumgüterindustrie. Dieses Segment wird dominiert von großen, meist internationalen, Konzernen, den Global Playern. Wie können Sie da mithalten?
Wir sind gezwungen, die Produktpalette ständig den Erfordernissen des Marktes, den sich wandelnden Wünschen der Verbraucher, den neuesten Erkenntnissen der Ökologie, den erhöhten Anforderungen der Handelspartner anzupassen.

Was heißt das konkret?
Centralin hat, vor allem in den letzten Jahren, seine Produktpalette verbessert und erweitert sowie das Packungs-Design modernisiert. Die 500-ml-Blechkanister wurden z. B. aufgegeben und neue, modernere Produkt-Alternativen gesucht, die einen hohen CI-Wert und eine gute Wiedererkennung besitzen. Hierfür wurden neue Formen in mühevoller Kleinarbeit entwickelt und für die unterschiedlichen Größen teure Gussformen in dem typischen Centralin-Rot hergestellt. Sogar das Logo wurde zeitgemäßer gestaltet.

Wie weit sind Sie mit dem Relaunch?
Aktuell ist nahezu das gesamte Sortiment relauncht. Die Systempflege ist dabei verstärkt ausgebaut worden, besondern das Segment der Lederpflege und der Bereich der Insektizide. Unser Ziel ist es, den Verbraucher beim Impulskauf auf einen aufmerksamkeitsstarken Produktblock zu lenken und zum Kauf zu animieren. Dabei sind Preiswürdigkeit, Umweltfreundlichkeit und ansprechende Optik wichtig.

Haben Sie den Turnaround geschafft?
Ja, durch die ergriffenen Maßnahmen wurde der Turnaround geschafft und greift nun langsam, aber stetig. Schwierigkeiten bereiten uns jedoch die stark steigenden Kosten für Energie, Verpackung und Logistik.

Was ist Ihr stärkstes Produkt?
Das 100-ml-Gas-Feuerzeug zum Nachfüllen.

Ist Nachhaltigkeit für Centralin ein Thema?
Bei der Produktentwicklung haben umweltfreundliche Materialien Priorität. Auf problematische Substanzen wird darum verzichtet. Inhaltsstoffe, die biologisch abbaubar sind, stehen im Fokus. Das eigene Labor sichert dabei durch Forschung und Entwicklung, Produktüberwachung und moderne Anwendungstechnik diesen Anspruch. Wir haben als Erste lösungsmittelfreie Tubencrème hergestellt und wurden im November 2010 Testsieger bei Ökotest.

Schuh- und Bodenpflege-Produkte von Ihnen sind in vielen Outlets distribuiert, vor allem jedoch in der Großfläche. Was kaum einer weiß, Ihre Benzin- und Gas-Produkte haben inzwischen den Weg in nahezu jedes Geschäft in Deutschland gefunden.
Das stimmt. Insgesamt gibt es für Centralin kaum weiße Flecken im Handel. Wir sind zum Beispiel bei Dohle, der Edeka Rhein-Ruhr, Schlecker, Kaufland und der Coop e.G. breit gelistet. Insgesamt sind die Insektizid-Sprays der Dachmarke Gerzett als Preiseinstiegsprodukte auf der Überholspur. Ihre Marktanteile wachsen stark.

Was tun Sie, um wettbewerbsfähig zu bleiben?
Wir wollen stetig effizienter werden. So müssen konsequent die Kosten reduziert werden. Denn die Kostenstruktur eines Mittelständlers ist ungünstiger ist als die von Großunternehmen. Die Produktionslosgrößen sind kleiner, die Bestell- und Absatzmengen geringer. Bei niedrigeren Bestellmengen steigt jedoch die Abhängigkeit vom Lieferanten. In manchen Fällen werden die geforderten Mindestmengen gar nicht erfüllt. Die Konzentration auf einen oder wenige Lieferanten nimmt zu. Die Falle der künstlichen Verknappung schnappt zu.

Machen Ihnen gestiegene Rohstoffkosten zu schaffen?
Ja, durch die Globalisierung und Spekulationen an den Rohstoffmärkten steigen die Beschaffungskosten und sind nicht mehr voraussehbar. Der Preis für Weißblech, das wir für unsere Spraydosen benötigen, hat sich in den vergangenen drei Jahren um 42 Prozent erhöht. Die Preise für Füllmittel für Aerosole, wie Isobutan, stiegen in letzten drei Jahren sogar um 80 Prozent. Wegen der nur kleinen Mengen, die wir als Mittelständler abnehmen, sind wir von der Entwicklung in besonderer Weise betroffen. Die höheren Kosten können wir nur schwer und auch nur mit einer erheblichen zeitlichen Verzögerung an unsere Kunden weitergeben. Und so sinken unsere ohnehin schmalen Bruttomargen dramatisch weiter.

Was macht Ihnen noch zu schaffen?
Die im Mittelstand permanent knappe Personaldecke wird darüber hinaus durch eine Flut von behördlichen Auflagen und sich oft ändernde Vorschriften in Anspruch genommen. Viel Zeit und Geld wird gebunden durch Schulungen, Prüfungen und Abnahmen. So müssen wir beispielsweise ein so genanntes „Leiterbuch“ führen. Darin sind alle im Betrieb befindlichen Trittleitern erfasst.

Kommt Ihnen der Handel entgegen?
Die Anforderungen der Handelspartner an die Produzenten wachsen ständig – auch weil der Handel starken Veränderungen unterliegt. Die „balance of power“ zwischen Handel und Mittelständler ist bisweilen allerdings nicht mehr vorhanden.

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Die Familien Kircher und Schmachtenberg gründeten 1897 die Firma „Schmachtenberg & Kircher" für den Handel mit so genannten Schuhfunituren. 1906 entstand die Centralin Gesellschaft, die seitdem im Besitz der Familie Kircher ist und aktuell von Dietrich Kircher und seinen Söhnen Dietmar (Bild) und Rolf Kircher geleitet wird. Das mittelständische Unternehmen (ca. 45 Mitarbeiter) mit Sitz im nordrhein-westfälischen Mettmann produziert und vertreibt ca. 85 Produkte in den Nischenmärkten Schuh- und Lederpflege, Boden-, Möbel- und Metallpflege. Im Segment Feuerzeug-Benzin und Gas hat die Firma eine marktführende Stellung in Deutschland. Diese konnte 2003 durch die Integration des Aerosolwerks in Herne noch ausgebaut werden. Außerdem wurden so neue Sortimentsbereiche wie Insektenbekämpfung (Gerzett) sowie technische Aerosol-Produkte erschlossen. Ab- und Umsatzschwerpunkt von Centralin ist der klassische LEH (65 Prozent), gefolgt vom Discount (15 Prozent).

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Bild öffnen Eine von vielen Massnahmen: Rote Plastikflaschen mit hohem Wiedererkennungswert ersetzen die traditionellen Weißblech-Kanister.