Interview Ulrich Ladurner - Dr. Schär Mit Kampfgeist voran

Dr. Schär bringt rund 30 Jahre Erfahrung im Segment glutenfreie Produkte mit. Unternehmenschef Ulrich Ladurner über aktuelle Herausforderungen .

Donnerstag, 08. September 2011 - Hersteller
Bettina Röttig
Artikelbild Mit Kampfgeist voran
Bildquelle: Dr. Schu00e4r

Herr Ladurner, die Getreide-Ernte in Deutschland wird in diesem Jahr schlecht ausfallen, die Rohstoffpreise steigen. Werden Sie Preiserhöhungen durchführen müssen? Können Sie diese in Ihrem hochpreisigen Segment durchsetzen?
Einfach ist es natürlich nie, Preiserhöhungen durchzusetzen. Aber es wird in diesem Jahr nicht anders gehen.

Wie stark ist Ihr Unternehmen von der Situation betroffen?
Die Situation ist für uns sehr viel komplizierter und schwerwiegender als für die ‚normale’ Lebensmittel-Industrie. Die Herstellung glutenfreier Produkte ist technologisch komplexer. Bei uns spielen die Rohstoffe eine ganz entscheidende Rolle. Wir arbeiten mit speziell definierten, sortenreinen, alternativen Getreidesorten und können eine Mehlsorte nicht einfach gegen eine andere, günstigere austauschen. Daher werden wir die Engpässe in diesem Jahr mit Sicherheit doppelt zu spüren bekommen.

Wie sichern Sie Ihre Rohwarenbeschaffung? Unterstützen Sie Anbauprojekte?
Eine Vorsorge ist eigentlich nicht möglich. Wir unterstützen Anbauprojekte beispielsweise für Mais und Reis. Hier haben wir spezielle Sorten definiert, die unsere Anforderungen z. B. hinsichtlich der sensorischen Qualität erfüllen und kontrollieren die Rohware vom Anbau über die Mühle, Verarbeitung bis zur Verpackung des Endprodukts.

Ein weiteres Problem: Wenn es nach der EU-Kommission geht, soll es künftig keine Produkte mehr mit der Bezeichnung „Diät“ geben. Dies betrifft auch Sie.
Ich halte es für absolut notwendig, dass der Status „Diät“-Produkte für glutenfreie Erzeugnisse beibehalten wird. Denn Zöliakie verlangt eine äußerst konsequente Diät. Wir werden dafür kämpfen, dass in Brüssel nicht voreilig falsche Beschlüsse gefasst werden und z. B. die Interessenvertretung für Zöliakie mitdiskutieren kann. Ein wichtiger Aspekt hierbei ist: Nur wenn wir den Status beibehalten, besteht in der Sortimentsgestaltung die Möglichkeit, wichtige Hürden zu nehmen.

Zum Beispiel?
Wir dürften beispielsweise den Begriff „Pasta“ nicht mehr für unser Nudelsortiment verwenden, da unsere Produkte ohne Hartweizen produziert werden.

Sie sind europäischer Marktführer im Segment glutenfreie Produkte. In welchen Märkten steckt noch das größte Potenzial?
Der Markt in UK ist meiner Einschätzung nach weitestgehend gesättigt, der italienische Markt wächst auch nicht mehr so dynamisch. In diesen Ländern ist die Diagnose weitestgehend vollzogen. Aktuell verzeichnen wir zwar die größten Wachstumsschübe in Spanien und Frankreich. Allerdings hat dies mit einem Diagnose-Schub zu tun. Für die nächsten Jahre sehe ich jedoch im deutschsprachigen Raum das größte Wachstumspotenzial.

Ist das ebenfalls auf den Stand der Diagnostik zurückzuführen?
Ja. Deutschland war relativ spät in der Zöliakie-Diagnostik. Aktuell sind rund 55.000 Bundesbürger diagnostiziert. Das ist jedoch erst die Spitze des Eisbergs. Wir gehen von 400.000 Zöliakie-Betroffenen aus.

Sind Sie mit der aktuellen Geschäftsentwicklung in Deutschland zufrieden, insbesondere im LEH?
Wir sind sehr zufrieden mit der aktuellen Entwicklung. Im deutschen LEH haben wir viel Aufmerksamkeit erhalten. Hier sind wir erst seit gut sechs Jahren vertreten. Mittlerweile generieren wir rund ein Drittel unseres Umsatzes in Deutschland über diese Vertriebslinie.

Mit welchen Maßnahmen wollen Sie hier in den nächsten Jahren Wachstum generieren? Gibt es in Bezug auf die Verkaufsstellen noch weiße Flecken auf der Landkarte?
Wir sind für den Bedarf der Konsumenten gut distribuiert. Entsprechend verfolgen wir aktuell nicht das Ziel, die Zahl der Outlets, die unsere Produkte führen, noch weiter zu erhöhen. Wir setzen weiterhin auf Service und Präzision in Bezug auf die Produktentwicklung für den deutschen Markt.

Das bedeutet konkret?
Wir versuchen stets, unsere Produkte noch genauer auf die Bedürfnisse der Verbraucher, in diesem Fall in Deutschland, abzustimmen. So werden wir z. B. im nächsten Jahr den Tiefkühl-Bereich überarbeiten. Das Sortiment wird zum einen leicht gestrafft. Zum anderen arbeiten wir natürlich auch an Produktneuheiten.