Lava Preise unter Druck

In Europa wird immer mehr Gemüse angebaut, gleichzeitig wächst die Konkurrenz im Handel – keine einfache Situation für die belgische Lava.

Montag, 06. September 2010 - Hersteller
Heidrun Mittler

Jeden Donnerstag ist in Gent, einer Stadt in Belgien, „Veggie-Day“: Dann essen die Bürger dort fleischlos und setzen voll auf Gemüse. Unterstützt vom Bürgermeister der Stadt und einer Vegetarier-Organisation sind seit mehr als einem Jahr in Kantinen, Schulküchen, der Uni-Mensa und Restaurants donnerstags Gemüsebratlinge statt Frikadellen im Angebot. Die Genter sind stolz, dass sie als erste Stadt weltweit eine solche Initiative ins Leben gerufen haben, und freuen sich über die Resonanz.
Vegetarische Tage im gesamten bundesdeutschen Gebiet – das wäre ein Wunschtraum für die belgische Vermarktungsorganisation Lava! Schließlich ist der deutsche Markt mit seinen 82 Mio. Verbrauchern der wichtigste Absatzmarkt für unsere Nachbarn im Westen. Aber die Realität sieht anders aus, leider: „2009 war ein schlechtes Jahr für unsere Erzeuger“, sagt Bert Bas, zuständig für die Lava-Marketingaktivitäten in Deutschland. Der Preisdruck war enorm, übrigens „viel schlimmer als in Belgien“, meint er. Die Durchschnittspreise liegen bei uns etwa 10 Prozent niedriger als dort, wo das Gemüse – meist unter Glas – produziert wird.

Lava ist eine Kooperation von sechs großen Versteigerungen in Flandern. Schon 1995 führte sie ein eigenes Prüfsiegel („Flandria“) für Obst und Gemüse ein, verbunden mit strengen Qualitätsauflagen. Angefangen hat man mit Tomaten und Chicorée, mittlerweile tragen 55 Produkte, überwiegend Gemüse, das Siegel. Heute läuft ein Volumen von 500.000 t unter diesem Label, der Umsatz beträgt rund 500 Mio. Euro. Noch immer erfolgt der Verkauf über die „Uhr“, das heißt: Im Versteigerungssaal werden einheitliche Partien beispielsweise von Salatgurken angeboten, der angegebene Preis sinkt kontinuierlich. Bei den Simultanversteigerungen befinden sich die Exporteure oder Großhändler entweder live im Saal, oder aber sie steigern online mit. Bert Bas findet diese Art der Preisfindung gut: „Das ist die fairste Methode“, ein typischer Fall von Angebot und Nachfrage. Nur etwa 15 Prozent der belgischen Produkte werden zu einem vorher vereinbarten Festpreis gehandelt – ein Unterschied zur Vermarktung etwa in den Niederlanden oder in Deutschland.

Wer ist schuld am Preisniveau in Deutschland – Preise, zu denen der Erzeuger sein Gemüse oft nicht anbauen kann, ohne Geld dazuzugeben? Zum einen die Handelslandschaft in Deutschland, allen voran die Discounter, die ihre Käufer mit Tiefstpreisen an ihre Einkaufsstätte binden wollen. Zum anderen das Überangebot im Markt: In Deutschland wird immer mehr Gemüse angebaut, weiß Bas. Das trifft beispielsweise für Chicorée zu. Für dieses Produkt hat Bas eine mehrjährige Kampagne (kofinanziert von der Europäischen Union) organisiert. „Ein tolles Gemüse“, weiß er, „nicht nur als Salat, damit kann man auch gut kochen.“ Doch die Verbraucher in Deutschland sind davon nur schwer zu überzeugen. Während die Belgier pro Kopf 8 kg der weißen Sprossen verzehren, essen die heimischen Konsumenten nur einen Beutel pro Jahr – gerade einmal 400 g. Dabei beträgt die Entfernung zwischen der belgischen Grenze und Köln noch nicht einmal 150 km.