Management Das Amazon-Prinzip

Die Differenzierung der Verkaufsförderungsmaßnahmen nimmt zu, angetrieben durch bessere Kundendaten und vielfältige Formen der digitalen Werbemedien.

Donnerstag, 29. Juli 2010 - Management
Prof. Hendrik Schröder
Artikelbild Das Amazon-Prinzip

Eine klassische Frage im Marketing lautet: Standardisierung oder Differenzierung? Je effizienter Industrie und Handel ihre Produktions-, Preissetzungs-, Kommunikations- und Distributionsprozesse gestalten können, desto mehr können sie auf die individuellen Wünsche der Endkunden eingehen. Das hat zu einem Paradigmenwechsel geführt: vom Massenmarketing zum maßgeschneiderten Marketing. Statt One-to-many heißt es nun One-to-few oder One-to-one. Mit anderen Worten, die Beziehungen innerhalb der Wertschöpfungskette sind individueller und persönlicher geworden.

Das Ergebnis sind maßgeschneiderte Produkte, die in größeren Auflagen effizient hergestellt werden können (Mass Customizing), die persönliche Ansprache der Kunden (Direct Mailing) und die individuelle Gestaltung von Vertriebskanälen (MyShop). Die Grundvoraussetzung für die effiziente Abwicklung dieser Prozesse ist die Kundenkenntnis. Die entsprechenden Techniken der Erhebung und Analyse von Daten versetzen die Anwender in die Lage, sich ein umfassendes Bild von den Wünschen und Bedürfnissen der Kunden zu verschaffen. Soziodemographische, mikrogeographische und psychographische Daten beschreiben den persönlichen Hintergrund der Kunden. Die Verkaufsdaten zeigen die Reaktion der Kunden auf die Maßnahmen der Anbieter. Die Daten können in anonymer oder in personalisierter Form vorliegen. Im stationären Einzelhandel ist es in der Regel die Nutzung einer Kundenkarte, die den Zugang zu persönlichen Daten ermöglicht. Im Online-Shop ist jeder Verkauf mit der Abgabe persönlicher Daten des Kunden verbunden. Bleiben wir einen Moment in einem Online-Shop. Aus der Einkaufshistorie und dem persönlichen Hintergrund ergibt sich ein Profil, das die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden nachzeichnet. Ebenso lassen sich Informationen über das Verhalten anderer Kunden zum Profilvergleich heranziehen. Auf dieser Basis lassen sich Empfehlungen aussprechen, nach dem Motto: „Dieses Produkt könnte Sie interessieren, weil Sie sich in der Vergangenheit dafür interessiert haben oder weil es andere Kunden interessiert hat, die ähnlich wie Sie sind.“ Diese Art der Analyse von Kundendaten, vor allem das so genannte Collaborative Filtering, findet sich z.B. bei Amazon.

Stellen wir uns nun die Frage, wie man das Amazon-Prinzip auf den stationären Einzelhandel übertragen kann. Die ersten Schritte der Digitalisierung von Kommunikationsprozessen sind dort bereits gemacht worden. Gehen wir dazu gemeinsam durch einen Markt. Bevor wir ihn betreten, kommen wir an einem digitalen Plakat vorbei. Der Händler kann hier aktuelle Angebote anzeigen. Ist das Plakat zusätzlich mit einer Kamera und einer Personenerkennungs-Software ausgestattet, lassen sich die Angebote nach der Art der Personen vor dem Plakat anpassen. Steht eine Bluetooth-Schnittstelle zur Verfügung und lässt es der Kunde zu, dass seine Daten eingelesen werden, können ihm – ähnlich wie in einem Online-Shop – persönliche Angebote unterbreitet werden, die seinem Profil entsprechen. Auf digitale Poster trifft der Kunde auch im Markt.