Interview Peter J. Bachmann - Signum Forte Zukunftsfähig handeln

Nachhaltige Produkte sind Standard im LEH. Nachhaltiges Wirtschaften geht jedoch weiter. Markenexperte Peter J. Bachmann erklärt, worauf es ankommt.

Donnerstag, 05. Mai 2011 - Hersteller
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Bildquelle: Signum Forte

Fast jedes Handelsunternehmen erklärt, es lege Wert auf Nachhaltigkeit. Manche agieren glaubwürdig, viele nicht. Was ist zu beachten, wenn ein Händler wirklich nachhaltig wirtschaften will?

Peter J. Bachmann: Die Konsumenten erwarten ein verantwortungsvolles Vorgehen, wenn es um Produktion und Handel geht. Gerade der Handel hat die Möglichkeit, sich hier klar zu positionieren: Er entscheidet, welche Produkte aus nachhaltiger Herstellung in das Sortiment aufgenommen werden. Es reicht aber nicht, nur Waren aus nachhaltiger Produktion anzubieten. Der Handel muss natürlich auch selbst umweltschonend wirtschaften, sonst nimmt man ihm seine Nachhaltigkeitsbestrebungen nicht ab. Unter den deutschen Lebensmittel-Einzelhändlern gibt es bereits einige, die sich glaubwürdig mehr Wert auf nachhaltig hergestellte Produkte legen. Tegut ist ein gutes Beispiel; aber auch die Aktivitäten bei der Rewe gehen in die richtige Richtung.

Wie sollte ein Handelsunternehmen vorgehen, wenn es Nachhaltigkeitsstrategien implementieren will?
Der erste Schritt wäre, das Sortiment unter die Lupe zu nehmen und zu fragen: Wen listen wir eigentlich, und warum? Woher kommen meine Produkte? Sehen Sie, wozu brauchen wir Wasser aus den Pyrenäen? Es gibt in Deutschland einige Wassermarken von bester Qualität! Regionalität ist ein immer wichtiger werdendes Kriterium bei der Sortimentszusammenstellung. Ein weiterer Schritt wäre, ein Anforderungsprofil „Nachhaltigkeit" für alle Lieferanten und Dienstleister zu erstellen und deren Aktivitäten auch überprüfen zu lassen. Signum Forte hat hier den Brand-Index für nachhaltige Markenführung entwickelt, bei dem wir die Qualität und Intensität der Nachhaltigkeitsanstrengungen auf einer Skala von 1 bis 100 bewerten. In dem Teilbereich „ökologische Markenführung" werden wir dabei künftig mit dem WWF zusammenarbeiten.

Wäre es nicht eine Bevormundung des Kunden, wenn ein Händler nur noch regionale Produkte anbietet?
Durchaus. Der Konsument sollte die Wahl haben, aber der Händler auch zu seiner Verantwortung stehen. Er kann seine Kunden informieren, so dass die ihre Wahl bewusster treffen kann. Beispielsweise indem er Informationen über den CO2-Footprint eines Produktes neben der Preisauszeichnung aufführt. Er kann sie so beeinflussen, ohne sie zu manipulieren. Es ist eine Frage der Umsetzung der richtigen Kommunikation.

Getreu dem Motto „Tue Gutes und rede darüber"?
Ja, das ist ein weiterer notwendiger Schritt in der Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien im Handel. Sind Sortiment und unternehmerisches Handeln auf nachhaltige Aspekte ausgerichtet, sollte sich ein Händler dem Thema Kommunikation widmen: Wie informiere ich meine Kunden wirksam und verständlich über die umgesetzten Maßnahmen? Ein Unternehmen, das seine Nachhaltigkeitsstrategien glaubwürdig kommunizieren kann, profitiert durch einen Imagegewinn, und der ist Geld wert. Nachhaltig zu wirtschaften ist also ein Wettbewerbsvorteil.

Nachhaltig produzierte Lebensmittel haben oft höhere Preise als konventionell produzierte. Wie können die mit der ausgeprägten Preissensibilität der Konsumenten einhergehen?
Der Verbraucher schaut nicht mehr nur auf den kleinsten Preis. Er will ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, und das mit gutem Gewissen. Ein höherer Preis steht in der Regel für eine bessere Leistung. Der Verbraucher ist mündig und kann gut differenzieren.

Die Händler stehen unter Margendruck und kämpfen mit Umsatzrückgängen – Wie kann ein Handelsunternehmen unter solchen Bedingungen nachhaltig agieren?
Die Zukunft gehört nachhaltig hergestellten Produkten; ihre Akzeptanz ist jetzt schon hoch, wenn die Konsumenten richtig informiert werden. Margendruck und Umsatzrückgänge können also kaum angeführt werden, um nicht nachhaltig wirtschaften zu müssen.

Nachhaltigkeitsstrategien sind langfristig angelegt, der LEH muss aber in der Lage sein, schnell auf Markterfordernisse zu reagieren. Wie lässt sich beides miteinander vereinbaren?
Beides schließt sich nicht aus. Hofer in Österreich hat dies sehr gut bei seiner Marke „Zurück zum Ursprung" umgesetzt: Mit dem Chargencode ist jedes Produkt bis zum Ursprungsproduzenten rückverfolgbar. Trotzdem kann ein Hofer schnell und marktnah reagieren.

//// Peter J. Bachmann ist Veranstalter des 8. Internationalen Marken-Kolloquiums, das am 8. und 9. September im Kloster Seeon/Chiemgau stattfindet.

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Peter J. Bachmann, Inhaber der Unternehmensberatung Signum Forte