Gastkommentar Kein Monopol auf Warenformen

Markenrechtliches Neuland betraten die Richter am Bundesgerichtshof nach eigener Aussage mit der Entscheidung zugunsten von Lindt und seinem Goldteddy im von Haribo angestrengten Verfahren. Welche Folgen das Urteil hat, das beleuchtet im Gastkommentar Rechtsanwältin Margret Knitter, Kanzlei SKW Schwarz Rechtsanwälte.

Freitag, 30. Oktober 2015 - Hersteller
Margret Knitter
Bildquelle: Kanzlei SKW Schwarz Rechtsanwälte

Seit 2011 verkauft der Schweizer Schokoladenhersteller Lindt & Sprüngli in der Weihnachtszeit den „Lindt Teddy“. Der Bonner Fruchtgummihersteller Haribo, seit den 1960er-Jahren äußerst erfolgreich mit den „Goldbären“, sah dadurch seine Rechte verletzt und klagte gegen Lindt durch mehrere Instanzen. Am 23. September 2015 verkündete der Bundesgerichtshof (BGH) seine Entscheidung: Die Richter verneinten eine Verwechslungsgefahr – Lindt darf also seinen „Lindt Teddy“ ganz offiziell im Sortiment behalten.

Dem Urteil ( Az. I ZR 105/14 ) kommt insofern grundsätzliche Bedeutung zu, als es die erste höchstrichterliche Entscheidung zu einer sogenannten Überkreuzkollision eines Wortzeichens mit einem Formzeichen ist. Der Vorsitzende Richter Wolfgang Büscher erklärte, mit dem Verfahren habe man „markenrechtliches Neuland“ betreten. Es galt zu beurteilen, ob der Geschäftsverkehr eine Wortmarke und eine dreidimensionale Produktgestaltung, sprich eine Form, im Zweifel miteinander verwechselt. Bei dem Zeichenvergleich kam es also nicht darauf an, ob die Form der Haribo „Goldbären“ dem „Lindt Teddy“ ähnlich ist.

Der BGH stellte klar, dass bei einem Vergleich einer Wortmarke mit einer Produktgestaltung eine Ähnlichkeit nur dann vorliegen könne, wenn beide dieselbe Bedeutung bzw. denselben Sinngehalt aufweisen. Der Sinngehalt ist nach Ansicht des Gerichts dann derselbe, wenn – aus Sicht der angesprochenen Verbraucher – die Wortmarke die „naheliegende, ungezwungene, erschöpfende“ Betitelung und damit die am nächsten liegende Bezeichnung der dreidimensionalen Gestaltung ist. Genau dies sah der BGH im Fall des goldenen Bären nicht als erfüllt an: Nicht jeder Verbraucher würde den „Lindt Teddy“ automatisch „Goldbär“ nennen. Die Richter vertraten vielmehr die Auffassung, dass Verbraucher den „Lindt Teddy“ auch mit „Teddy“, „Schokoladen-Bär“ oder „Schokoladen-Teddy“ betiteln könnten.