Transport Mehr Stromer in der Innenstadt

Hemmschwellen gegenüber dem elektrischen Antrieb schwinden. Es könnte eine neue Ära der City-Logistik beginnen.

Dienstag, 19. Mai 2015 - Hersteller
Dieter Druck
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Canter Eco Hybrid
Bildquelle: Shutterstock, Peugeot, Renault, Fuso Canter

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Schritt für Schritt fahren die kleinen und großen Transporter mit besonders umweltfreundlichen Antrieben aus ihrer grünen Nische heraus. Selbst rein elektrische Fahrzeuge sind inzwischen fit für die harte Arbeit im Verteilerverkehr.

Nachdem bereits in Berlin und Hamburg zwei Elektro-Bikes und ein „VW e-Up“ für die Auslieferung unterwegs waren, hat Deutsche See im September 2014 in puncto Elektromobilität den nächsten Schritt gemacht: Mit dem neuen „ELCI Truck“ von Orten Fahrzeugbau wurde die Flotte an elektrischen Lieferfahrzeugen um einen echten Transporter erweitert. Eingesetzt wird der neue E-Truck in der Kölner Innenstadt. Seine knapp 400 Kilogramm Nutzlast und die Reichweite von rund 150 Kilometern im beladenen Zustand machen ihn zum brauchbaren Lieferfahrzeug in Stadtgebieten. „Damit kommt unser Fisch nicht nur gewohnt frisch, sondern gleichzeitig auch extrem umweltfreundlich beim Kunden an“, sagt Joachim Schaardt, Leiter der Fahrzeugflotte bei Deutsche See Fischmanufaktur in Bremerhaven.

Der E-Truck produziert weder CO2 noch Feinstaub, macht keinen Lärm und ist dank seiner Kompaktheit auch noch deutlich wendiger als seine großen Brüder. Mit einem 2-Kammer-Tiefkühlaufbau mit Thermo-King-Kühltechnik erfüllt der elektrische Lastesel alle Anforderungen an moderne Kühllogistik. Bei einem täglichen Einsatz von 100 km ergibt sich im Vergleich zu einem Diesel-Transporter eine Kraftstoffkosten-Ersparnis von 15 Euro, zudem entfällt die KFZ-Steuer. Nach der Auslieferung geht der ELCI an die Ladestation und ist nach sieben Stunden wieder startklar.

Auch der „e-load up!“ von VW hat seine Alltagstauglichkeit als kleines, emissionsfreies Nutzfahrzeug unter Beweis gestellt, zunächst im Flotteneinsatz bei Kommunen. Dr. Susanne Leifheit von VW Nutzfahrzeuge: „Der e-load up! eignet sich bestens für den Einsatz im städtischen Nahverkehr und nimmt zugleich eine Vorreiterrolle im Stadtverkehr der Zukunft ein.“ Der Elektrotransporter hat ein Laderaumvolumen von 990 Litern, eine Nutzlast von 285 Kilogramm und eine Reichweite von bis zu 160 Kilometern. Ein 60 kW (82 PS) starker Elektromotor beschleunigt ihn in nur 12,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 130 km/h.

Elektromobil im Betriebsalltag“ – so lautet die Initiative, die Peugeot Deutschland im April 2015 gemeinsam mit der Handwerkskammer Aachen gestartet hat. Betriebe aus Aachen und Umgebung erhalten dabei die Möglichkeit, einen Peugeot Partner Electric jeweils eine Woche lang unter den realistischen Bedingungen ihrer täglichen Arbeit kostenlos zu testen und hinterher in einem Fragebogen zu bewerten.Peugeot will damit einen echten Eindruck vom gewerblichen Einsatz vollelektrischer Transporter vermitteln. Rick Hermanns, Geschäftsführer von Peugeot Deutschland: „Wir wollen die Kenntnisse über den Umgang mit Elektrofahrzeugen vertiefen und Hemmschwellen abbauen.“

Damit baut Peugeot die Initiative „Elektromobil im Betriebsalltag“ weiter aus, die Ende 2014 in Köln mit dem Projekt „SmartCity Cologne“ ins Leben gerufen wurde. „In Köln hat sich bereits gezeigt, dass der Einsatz des E-Transporters im Betriebsalltag manche Unternehmen positiv überrascht“, sagt Carsten Schopf, Leiter Businesskunden von Peugeot Deutschland. „Für Betriebe, die vornehmlich im städtischen Bereich unterwegs sind, können Elektrotransporter eine echte Alternative darstellen.“ Mit einer Reichweite von bis zu 170 Kilometern zählt sich der Peugeot Partner in puncto Reichweite zur Spitze des Segments. Die unterflur positionierten Batterien erhalten den kompletten Laderaum, was den Kleintransporter für Lieferanten besonders geeignet macht.

Der Hildener Bäckermeister Roland M. Schüren hat nicht nur seine Bäckerei 2013 groß erweitert und in ein gewerbliches Plus-Energie-Gebäude verwandelt, bei dem sogar der komplette Strom mit Photovoltaik selbst erzeugt wird, sondern setzt auch im Fuhrpark konsequent auf Elektromobilität. Sogar den Auszubildenden stehen für die nächtlichen Anfahrten E-Bikes und E-Cars zur Verfügung. Die Auslieferung der täglich rund 10.000 Brötchen und 3.000 Brote erfolgt seit kurzem mit drei „e-NV200“ von Nissan. Der elektrische Kleintransporter verbindet die Ladeeigenschaften des Transporters NV200 mit dem Antriebsstrang des Nissan Leaf – dem laut Nissan meistverkauften Elektroauto der Welt. „Die drei e-NV200 fügen sich perfekt in unser nachhaltiges Konzept ein“, sagt Schüren. „Denn wir produzieren mehr Strom, als wir in der Backstube verbrauchen, und dieser kann dann für die Ladesäulen genutzt werden.“ Damit alle Kunden bis nach Düsseldorf hinein in kurzen Takten beliefert werden können, hat Nissan auf dem Gelände der Biobäckerei eine Schnellladestation für die drei Stromer installiert.


Werbewirksamer Nebeneffekt: Die Autos sorgen auch bei den Kunden für großes Aufsehen. Schüren: „Oft beobachte ich aus meinem Büro, wie Passanten extra die Straßenseite wechseln, um sich die Fahrzeuge und unsere Ladesäulen aus der Nähe anzusehen.“

Nach Zahlen des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) standen im letzten Jahr in Deutschland insgesamt 5.500 öffentlich zugängliche Ladestationen für Elektroautos zur Verfügung. Seit Mitte 2014 sind damit über 800 neue Ladepunkte hinzugekommen, das entspricht einer Steigerung von 18 Prozent. Nach Angaben des BDEW sind mittlerweile 839 Städte und Gemeinden mit mindestens einer öffentlichen Ladestation ausgestattet. Nordrhein-Westfalen ist das Bundesland mit den insgesamt meisten öffentlichen Ladepunkten (1.321), unmittelbar gefolgt von Baden-Württemberg (1.115) und Bayern (756). Unter den deutschen Städten sind Stuttgart (384), Berlin (247) und Hamburg (236) die Vorreiter. Auf den Straßen fuhren im Dezember 2014 insgesamt 26.006 Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb – fast doppelt so viele wie im Dezember 2013. Für die Akzeptanz der Autofahrer ist vor allem wichtig, dass sie ihr Fahrzeug ohne Probleme an jeder Säule unabhängig von ihrem Anbieter laden können, sagt der Verband. Dafür sind in erster Linie einheitliche Bezahl- und Zugangssysteme notwendig. Laut BDEW hat sich die Energiewirtschaft darauf verständigt, ab Mitte 2015 nur noch solche Ladesäulen aufzubauen, an denen jeder Kunde den Ladevorgang mit Hilfe eines Mobiltelefons spontan starten kann.

Auch die ersten Handelsunternehmen bieten Ladesäulen für ihre Kunden und versuchen dadurch Bindung und Image zu verbessern. Das jüngste Beispiel lieferte in diesen Tagen Aldi Süd . Die offizielle Inbetriebnahme der Schnellladestationen durch Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks in Düsseldorf (Filiale: An der Piwipp) ist der Auftakt für das Projekt „Sonne tanken“. Bis Mitte des Jahres folgen rund 50 weitere Ladestationen in Ballungsgebieten wie München, Stuttgart, Frankfurt am Main, Köln, Düsseldorf und Mülheim an der Ruhr. Kundinnen und Kunden können somit künftig während ihres Einkaufs bei Aldi Süd ihr Elektroauto oder E-Bike kostenfrei und ohne Registrierung aufladen. Das wird sicherlich Schule machen.

Transporter: Neuheiten

Fuso Canter
Weltweit als Hybrid bewährt
Mehr als 2.000 Exemplare des Canter Eco Hybrid der japanischen Daimler- Tochter Mitsubishi Fuso sind heute weltweit bei Transportunternehmen unterwegs. Der auch in Deutschland bewährte diesel-elektrische Hybrid-Lkw verbraucht gegenüber dem reinen Dieselantrieb bis zu 23 Prozent weniger Kraftstoff und kann sich in drei bis vier Jahren amortisieren. Mit dem gleichermaßen abgas- und geräuscharmen Antrieb eignet sich der Leicht-Lkw für Einsätze in Ballungsgebieten und anderen emissionsempfindlichen
Bereichen.

Peugeot
Partner für Frischdienste
Peugeot bietet seinen Transporter Partner auch als für spezielle Branchen aufgelegte Editionsmodelle an. So gibt es den Partner „Cool Edition“ mit Kühlausbau für Frischdiensttransporte. Der neue Peugeot Partner ist noch sparsamer als der Vorgänger. Wer gänzlich emissionsfrei ausliefern will, dem steht der Peugeot Partner Electric zur Verfügung, der mit einer Batterieladung bis zu 170 Kilometer weit fährt.

Renault
Frische City-Flitzer
In der Stadt ist besonders der Kangoo Rapid gefragt, heißt es bei Renault. Aber auch die Modelle Trafic und Master sind bei gewerblichen Kunden und für Umbauwünsche beliebt. Für all diese Modelle kann Renault mit seinen Auf- und Umbaupartnern sämtliche Kühl- und Thermo-Ausbauvarianten für gewerbliche Kunden anbieten. Zertifizierte Partner für Kühltransporter sind Winter, TBV, KLS, Hahlbrock, Kiesling, Kress und IS Hörner. Diese liefern Ausbauvarianten für jeden Bedarf: Kastenwagen mit Innenauskleidung und Isolierung, mit herausnehmbaren Kühlboxsystemen, mit Kofferaufbauten und auch als Mehrkammerfahrzeuge mit unterschiedlichen Temperaturzonen.

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