Mobile Payment Mobiles Bezahlen ist für Kunden noch zu unübersichtlich

Der Handel will den Verbrauchern mit Smartphone-Bezahlsystemen vor allem einen Mehrwert bieten. Doch bisher fehlt eine flächendeckende Lösung, die für den Durchbruch sorgen könnte.

Donnerstag, 12. Februar 2015 - Hersteller
Sonja Plachetta
Artikelbild Mobiles Bezahlen ist für   Kunden noch zu unübersichtlich
Yapital-App: Die Kunde registriert sich einmalig und kann
die Anwendung dann über eine PIN aufrufen.
Bildquelle: Geisler, Netto

Inhaltsübersicht

Dass das mobile Bezahlen sich im Handel in Deutschland etablieren wird, davon gehen die meisten Experten aus. Doch nicht jeder glaubt an eine radikale Revolution wie Arnaud Dubreuil vom Mobile-Payment-Anbieter Netsize, der prophezeit, dass das mobile Bezahlen 2020 die „Nummer eins unter den Bezahlmethoden“ sein werde und Bargeld sowie Kreditkarten bis dahin „fast vollständig aus Industriestaaten verschwunden“ seien. Martin Zander vom Cross-Channel-Payment-Anbieter Yapital ist zumindest davon überzeugt, dass mobiles Bezahlen schon vor 2020 eine relevante Standardzahlungsmethode sein wird und Bargeld„ auf Dauer nicht mehr sinnvoll ist“ .

Wird es wirklich so schnell gehen? Derzeit zahlen laut einer Studie des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) noch immer 62 Prozent der Deutschen am liebsten mit Bargeld. Das Drittel, das lieber bargeldlos seine Rechnungen begleicht, nutzt vor allem Girocard (26 Prozent) und Kreditkarte (5 Prozent). Auf mobile Zahldienste entfallen nur 3 Prozen . Und die Analyse „Mobile Payment in Deutschland 2020“ von Pricewaterhouse-Coopers, für die Anbieter mobiler Bezahlsysteme gecheckt wurden, sagt für 2020 eine Kundenbasis für mobile Bezahlsysteme von mehr als 11 Mio. Endverbrauchern in Deutschland voraus. Das sind deutlich mehr als die im vergangenen Jahr erfassten 176.000 Kunden  aber eben bei Weitem noch nicht die Mehrheit der deutschen Verbraucher.

Dass sich das mobile Bezahlen noch nicht durchgesetzt hat, hat mehrere Gründe. Ein wichtiger ist die gefühlte Unsicherheit. Laut dem Branchenreport „Zahlungssysteme 2014“ von BBE-Media können sich fast die Hälfte der Befragten (48,3 Prozent) nicht vorstellen, mit dem Smartphone Zahlungen zu tätigen. Vor allem die Skepsis gegenüber der Sicherheit der persönlichen Daten (52,1 Prozent) und der Datenverbindung (51,2 Prozent) sprechen gegen das mobile Bezahlen. Die Vorbehalte sind umso höher, je jünger die Befragten sind. Bei den 16- bis 29-Jährigen lehnen mehr als 60 Prozent die Handy-Zahlung aus diesen Gründen ab.

Auch für Zander ist es eine große Herausforderung, Vertrauen bei den Kunden zu schaffen: „Wir müssen den Konsumenten dazu bringen, Yapital auszuprobieren, und ihm beibringen, dass wir sicherer sind als Bargeld.“ Bargeld könne man verlieren, die Yapital-App sei durch einen PIN-Code geschützt. Zudem schließe sich die App bei ruckartigen Bewegungen automatisch. Wenn das Smartphone gestohlen wird, können Nutzer das Yapital-Konto über die Hotline oder online sperren lassen. Und das geht im Zweifel schnell. „Der Deutsche merkt im Schnitt nach 2 Minuten, wenn er sein Handy verloren hat, beim Portemonnaie sind es rund 25 Minuten“, sagt Zander.

Was den Umgang mit Daten angeht, ist Zander zufolge noch Aufklärungsarbeit notwendig: „Bei der Transaktion mit Yapital werden – ähnlich wie bei Zahlungen per Giro- oder Kreditkarte – nur eine Transaktions- und User-ID sowie Betrag, Uhrzeit und Ort der Zahlung übermittelt.“ Auch Händler, die Yapital nutzen, beruhigt er: „Sie behalten die Hoheit über ihre eigenen Kundendaten.“

Bisher nutzen Smartphone-Besitzer im „signifikant fünfstelligen Bereich“ die Yapital-App. Die QR-Code-basierte Zahlung funktioniert auf allen Vertriebskanälen, im LEH kann man bei Rewe, Wasgau und bald auch bei der Coop in Kiel mittels Yapital-App bezahlen.

In anderen Läden geht das nicht. Dort braucht man eine andere Anwendung, um mit dem Smartphone bezahlen zu können. Die Edeka bietet z. B. Mobile Payment seit Mai 2013 in Berlin und in einigen Märkten in Hamburg, Chemnitz, Dresden, Fürth, Nürnberg und Erlangen an. Weitere Städte sollen folgen. „Die positive Resonanz der Kunden sowie die Download-Raten der Edeka-App zeigen, dass es einen Bedarf für solche Services gibt, insbesondere bei Kunden, die regelmäßig bei Edeka einkaufen“, heißt es aus Hamburg.


In den 4.150 Netto-Filialen ist das Bezahlen mit dem Smartphone über die Netto-App – in Kooperation mit dem Payment-Anbieter Valuephone – ebenfalls seit Mai 2013 möglich. Die Resonanz seisehr positiv“. IPhone-Besitzer (ab dem Modell 5S) können zudem seit Oktober 2014 per Fingerabdruck mobil bei Netto ihre Rechnungen begleichen.

Die vielen verschiedenen Lösungen sind für den Verbraucher jedoch eher verwirrend. „Maßgeblich für den Erfolg des mobilen Zahlens ist aus Kundensicht eine möglichst einfache, sichere und flächendeckende bzw. übergreifende Möglichkeit, mit dem Smartphone zu bezahlen“, sagt Jens Siebenhaar, Vorsitzender der Geschäftsführung der Rewe Systems. „Aus Sicht des Handels muss ein praktikables Gebührensystem gefunden werden.“

Zwar stellt die Implementierung verschiedener Verfahren die Händler vor Herausforderungen. Doch so lange noch kein einheitliches System gefunden ist, testet auch die Rewe Group weiter. Mittlerweile hat sie, begleitend zum Yapital-Angebot, ihre Kassensysteme und -terminals auch auf eine grundsätzliche NFC-Fähigkeit (Near Field Communication) umgestellt. Auch andere Händler investieren in diesem Bereich. Nach einer aktuellen EHI-Studie haben 23 Prozent der großen Handelsunternehmen bereits NFC-Technologie eingeführt, weitere 47 Prozent planen deren Einführung. Da eine NFC-Zahlung online oder bei Zahlung auf Rechnung nicht möglich ist, glaubt Zander, dass sich diese Technologie, wenn überhaupt, im stationären Handel durchsetzt: „Auf Dauer wird nur ein Bezahlsystem Erfolg haben, mit dem der Kunde auf allen Vertriebskanälen bezahlen kann.“ Ein QR-Code-basiertes System wie Yapital sei im Vorteil, weil es es überall eingesetzt werden könne. Doch er sagt auch: „Für den Verbraucher ist es angesichts der unübersichtlichen Bandbreite von verschiedenen Anbietern schwer zu durchschauen, welche Lösung die beste ist.“ Er rechnet fest mit einer starken Konsolidierung noch in diesem Jahr. „Mittelfristig werden drei bis vier Anbieter europaweit übrig bleiben.“

Einer davon könnte Apple Pay sein, das in den USA gut angenommen wird (siehe S. 24) und bald in Europa eingeführt werden soll. „Apple Pay wird dazu führen, dass das Smartphone beim Einkaufen eine größere Relevanz haben wird“, prophezeit Norbert Eder von Value-phone. Auch die Apple Watch soll mittels einer Valuephone-Lösung zum Bezahlen genutzt werden können. Ob sich Apple Pay in Deutschland durchsetzt, ist jedoch fraglich, da die Marktabdeckung mit Apple-Geräten in der Breite fehlt und derzeit nur das iPhone 6 für Apple Pay genutzt werden kann. Zudem herrscht Unklarheit über das Gebührenmodell von Apple Pay.

Einen echten Mehrwert gegenüber etablierten Payment-Methoden könne bisher keine verfügbare Lösung vorweisen, sagt Mirko Hüllemann von Heidelberger Payment. Den brauche es aber, neben komfortabler Prozesse und Sicherheit, für den Erfolg. Das sieht Eder genauso so: „Dem Anwender muss klar sein, welche Vorteile eine Lösung mit sich bringt und wie das Smartphone dabei helfen kann, den Einkaufsprozess am PoS zu optimieren. Der Bezahlvorgang ist nur ein Teil davon.“ Maßgeblich sei die mobile Kundenbindung . Das war z. B. auch der Edeka wichtig. Man habe nicht einfach ein weiteres Bezahlsystem anbieten, sondern den Kunden einen exklusiven Mehrwert bieten wollen, etwa die Möglichkeit, mobile Coupons und Gutscheine einzulösen. Auch in dem Bereich ist laut Eder viel Bewegung: „Es herrscht Goldgräberstimmung. Jeden Tag kommen neue Lösungsansätze auf den Markt, die alle ein Stück vom Kuchen haben wollen.“ 

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Ein erfolgreiches mobiles Bezahlsystem muss
schnell und bequem zu bedienen sein und
möglichst auf allen Kanälen einsetzbar sein. Dann
kann es vielleicht eines Tages das Portemonnaie
ablösen.
Bild öffnen Yapital-App: Die Kunde registriert sich einmalig und kann
die Anwendung dann über eine PIN aufrufen.
Bild öffnen Mit der Yapital-App scannt er den auf dem
Kassenterminal angezeigten QR-Code, der den
Kaufbetrag enthält.
Bild öffnen Zuletzt erhält er eine Zahlungsbestätigung. Die
Transaktion geschieht in Echtzeit.