Elektro-LKW Der Brummi brummt nicht mehr

Lautlos, effizient: Elektrisch angetriebene Lkw punkten in vielen Bereichen. Das zeigte ein einjähriger Praxistest von Feldschlösschen mit einem Truck von E-Force One in der Schweiz. Dort testet auch die Coop im Großraum Zürich den E-Lkw. Hierzulande ist Rewe einer der Vorreiter.

Montag, 03. November 2014 - Hersteller
Susanne Klopsch
Artikelbild Der Brummi brummt nicht mehr

Inhaltsübersicht

Etwa 2,6 Mio. Lkw werden in diesem Jahr auf Deutschlands Straßen unterwegs sein. 2013 beförderten Brummis Güter mit einem Gesamtgewicht von etwa 2,9 Mrd. t – ein Plus gegenüber dem Vorjahr von 2,9 Prozent. Nach den Erhebungen des Online-Statistik-Portals Statista werden jährlich 70 Prozent der in Deutschland transportieren Güter per Lkw bewegt. Immer mehr Ware wird also auf der Straße befördert – laut Umweltbundesamt führte dies aber dazu, dass die durch technische Verbesserungen erzielten geringeren Emissionen der Lkw pro Tonnenkilometer die Gesamtemissionen des Straßengüterverkehrs zum Teil wieder ausgeglichen haben. Bei CO2-Emissionen wurde die Einsparung sogar überkompensiert: Die absoluten CO2-Emissionen des Straßengüterverkehrs erhöhten sich zwischen 1995 und 2010 trotz technischer Verbesserungen um 11 Prozent.

Schon seit Jahren wird in der Branche über das Für und Wider elektrisch-betriebener Lkw diskutiert. Deren Einsatz würde signifikant CO2 sparen, die technisch bedingte geringere Reichweite setzt aber Grenzen. Doch was ist mit der Zustellung in Stadtbereichen bzw. im städtischen Umland? Die Schweizer Feldschlösschen Brauerei und die Coop Schweiz wollten es genau wissen. Bei ihnen ist seit mehr als einem Jahr bzw. seit zehn Monaten jeweils ein Elektro-Truck (18 t) des Unternehmens E-Force One im Einsatz. E-Force One entwickelte den Antrieb, der in Iveco-Fahrgestelle der Modellreihe Stralis eingebaut wurden. Unterstützt wird das Pilotprojekt vom Schweizer Bundesamt für Energie (BFE). Im September präsentierte Feldschlösschen – nach eigenen Angaben die größte Brauerei sowie der größte Getränkehändler der Alpenrepublik – die Ergebnisse einer ein Jahr laufenden Vergleichsstudie, die die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH) begleitete. Diese verglich die Belieferung von einem 18-Tonner mit Elektro-Antrieb und einem mit Diesel-Motor. Dabei zeigte sich, dass der Elektro-Lkw insbesondere im dichten Stadtverkehr und bei geringer Fahrtgeschwindigkeit besonders effizient ist: Er verbrauchte fünf Mal weniger Energie als der Diesel-Lkw. Auf der Autobahn ist die Elektro-Variante immerhin noch 2,2 Mal energieeffizienter. „Über alle Teststrecken gesehen beträgt der durchschnittliche Verbrauch des Elektro-Lkw 83 kWh pro 100 km. Das entspricht einer Dieseläquivalenz von 8,4 l pro 100 km und ist nur rund ein Drittel des Verbrauchs des Diesellastkraftwagens“, sagte Thomas Meierhans, Leiter Flottenmanagement Feldschlösschen, Mitte September bei der Präsentation der Studie.

Der Elektro-Lkw ist von der Schweizer Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) befreit. Bezogen auf die Betriebskosten für die Energie (Treibstoff bzw. Strom) und den LSVA-Ersparnissen, ist der Elektro-Lkw pro Kilometer 70 Rappen (58 Cent) günstiger als der mit Diesel betriebene. Auch ökologisch schneidet nach der Studie die Elektro-Variante besser ab: Mit zertifiziertem Strom aus Wasserkraft stoße er nur 7,7 g CO2 pro km aus. „Die Resultate bestätigen, dass der Einsatz von Elektro-Lastwagen für die Feinverteilung von Waren insbesondere im Stadtverkehr äußerst attraktiv ist“, sagte Meierhans. Im Unternehmen werde bereits über die Anschaffung weiterer Elektro-Lkw nachgedacht.


Der mit Strom aus Wasserkraft betriebene E-Lkw von Feldschlösschen legte in einem Jahr 6.000 km zurück. Die Batterie funktioniere bislang reibungslos, so Meierhans. Die Ladezeit beträgt etwa 6 Stunden, der Lkw kommt mit einer Batterielandung bis zu 300 km weit.

Positiv sei auch das Feedback der Kunden: Ihnen gefalle, dass der Lkw keinen Lärm mache und keine Emissionen verursache. „Die Fahrer schätzen unter anderem das gute Beschleunigungsverhalten des Lkw“, sagt Meierhans.

Beim Schweizer Händler Coop werden diese Zahlen sicher mit besonderem Interesse aufgenommen worden sein: Seit Ende Januar ist ihr E-Truck (18 t) im Großraum Zürich unterwegs. Das Coop-Fahrzeug erhielt zusätzlich zur Ausstattung, die auch bei Feldschlösschen im Einsatz ist, eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach und ein Gerät zur Kühlung des Laderaums. Zudem wurde in die Sicherheit für Fußgänger- und Radfahrer investiert – die E-Lkw sind (ungewohnt) lautlos unterwegs, lediglich die Reifen verursachen beim Fahren Geräusche. Der Coop-Lkw verfügt nun über eine im Heck installierte Rückfahrkamera, die Bilder werden direkt ins Cockpit übertragen. Sensoren an der Vorderseite des Lkw registrieren zudem, wenn eine Person, für den Fahrer verdeckt, vor dem Truck steht, ein akustisches Signal warnt den Fahrer.

Im ersten Halbjahr hat der Coop-E-Truck 13.500 km zurückgelegt. Laut BFE verbrauchte der Coop-Lkw bei den gekühlten Belieferungstouren im Stadtverkehr von Zürich und Umgebung 126 bis 136 kWh pro 100 km. Berücksichtigt man die sogenannte Rekuperation (die Fahrer können einen Teil des Stroms beim Bremsen zurückgewinnen), sind es 99 bis 104 kWh pro 100 km. „Für 1 km Fahrt braucht ein Elektro-Lkw ungefähr genausoviel Strom wie ein Geschirrspüler für einen Spülgang“, heißt es in einer Mitteilung des BFE. Für die Umweltbilanz des Fahrzeugs sei es aber letztlich entscheidend, wie der Strom erzeugt werde, den die Fahrzeuge tankten. Und: Je mehr Kilometer ein E-Laster fahre, desto wirtschaftlicher sei er, da die höheren Investitionskosten durch niedrigere Betriebskosten wettgemacht würden. Georg Weinhofer, Nachhaltigkeitsexperte der Coop: „Wenn Sie mit dem Elektro-Laster 50.000 km im Jahr fahren, dann ist er auf eine Einsatzdauer von sechs Jahren gerechnet wirtschaftlicher als ein Diesel-Lkw.“

Auf einen Lkw von E-Force One setzt hierzulande seit Mitte September auch die Rewe gemeinsam mit ihrem Partner Meyer Logistik. Vom Logistikzentrum Oranienburg aus beliefert der E-Truck Rewe-Märkte in Berlin und im Umland mit Frischeprodukten. Dank des verbauten Kühlaggregats können die Waren bis auf minus 18 Grad Celsius heruntergekühlt werden, „vorgesehen ist der Einsatz im Frischebereich zwischen 2 und 6 Grad Celsius“, heißt es bei der Rewe-Region Ost. Der Rewe-Lkw erhielt zudem eine weitere Modifikation. „Dank eines speziellen Batteriewagens können die Batterien in nur 5 Minuten ausgetauscht werden“, sagt Matthias Strehl, Geschäftsführer von Meyer Logistik. Die Ladezeit betrage je nach Anschluss 6 bis 12 Stunden. Pro Tour können 18 Europaletten oder 30 Rollcontainer befördert werden. Obwohl die Anschaffungskosten um das Zweieinhalb- bis Dreifache über denen für vergleichbare Diesel-Lkw lägen und keine Fördergelder flössen, hält es Matthias Strehl für möglich, die E-Force-Lkw wirtschaftlich zu betreiben. Ein Blick in die Schweiz jedenfalls zeigt, dass es genügend Vorteile gibt.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen
Bild öffnen
Bild öffnen Saubere Botschaft: Per QR-Code kann man sich bei der Feldschlösschen Brauerei über das Projekt E-Lkw informieren.
Bild öffnen Sonderausstattung: Der E-Truck der Coop Schweiz hat eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach.
Bild öffnen Test bestanden: Der E-Truck von Feldschlösschen
hängte in vielen Bereichen seine Diesel-Kollegen ab.
Bild öffnen Kraftpaket: Seit Mitte September stellt die
Rewe in Berlin und Umland Waren per E-Lkw zu.