EU-Richtlinie Rewe und Edeka in Gefahr?

Das EU-Parlament hat für eine umstrittene Richtlinie gestimmt, die das Geschäftsmodell genossenschaftlich organisierter Händler wie der selbstständigen Kaufleute bei Rewe und Edeka bedrohen könnte.

Freitag, 26. Oktober 2018 - Handel
Lebensmittel Praxis
European Union Flags in Strasbourg
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Mit den neuen Regeln sollen Landwirte gegen unfaire Behandlung durch Handelsunternehmen geschützt werden. Die Abgeordneten des EU-Parlaments stimmten dafür, dass ein Verhandlungsteam mit den EU-Mitgliedstaaten einen Kompromiss sucht. Die geplante EU-Richtlinie soll unter anderem Last-Minute-Stornierungen bei verderblichen Produkten untersagen. Auch deutlich verspätete Zahlungen sollen nicht mehr erlaubt sein.

Im Vorfeld hatten Handelsverbände die Position des EU-Parlaments scharf kritisiert. Der zuständige Landwirtschaftsausschuss hatte den ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission in entscheidenden Punkten verändert. Die genossenschaftlich organisierten Supermarktketten in Deutschland sehen durch die Pläne des Europaparlaments ihr Geschäftsmodell in Gefahr. Es drohten Verbote genossenschaftlich organisierter Einzelhändler wie beispielsweise der selbstständigen Kaufleute bei Rewe und Edeka, teilte der Handelsverband HDE mit. Hintergrund der Sorgen ist ein Änderungsantrag, nach dem künftig der „Zusammenschluss zu Einkaufsgemeinschaften von Einzel- und Großhandel“ verboten werden soll.

Der europäische Handelsverband Eurocommerce kritisiert, dass nach den Parlamentsplänen auch Agrarriesen und große Lebensmittelhersteller mehr Schutz genießen sollen. Diese könnten weiter ungerechtfertigte Preissteigerungen durchsetzen, indem sie mit Lieferstopps drohten.

Auch von Umweltschützern hagelt es Kritik. Die Pläne der Abgeordneten sehen vor, dass Händler von Lebensmittelherstellern künftig keine strengeren Umwelt- oder Tierschutzstandards verlangen dürfen als gesetzlich vorgeschrieben. Das verhindere jeden Fortschritt und „dient augenscheinlich nur rückwärtsgewandten Agrarinteressen“, teilte der NABU mit.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) begrüßte das Votum hingegen. „Die bestehende Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel führt immer wieder dazu, dass Lieferanten mit der Forderung nach zusätzlichen finanziellen Zugeständnissen konfrontiert werden, die unangemessen und unfair sind. Sie werden aber hingenommen, um weitergehende Nachteile, wie Auslistungen, zu vermeiden“, so Peter Feller, stellvertretender BVE-Hauptgeschäftsführer. Mit den neuen Regeln sorge das EU-Parlament für mehr Fairness in der Lebensmittellieferkette.

Ziel der Richtlinie ist eigentlich der Schutz kleiner Betriebe und Höfe. Sie werden aus Sicht der EU-Kommission bei Verhandlungen zu oft von großen Abnehmern, Händlern und Supermarktketten benachteiligt. So werden etwa Verträge nachträglich einseitig geändert oder Bestellungen kurzfristig storniert. Landwirten in Europa entstehen so Schätzungen zufolge Schäden von knapp elf Milliarden Euro pro Jahr.